Arbeiten im Fondsmanagement ist offenbar wenig attraktiv, zumindest für Frauen. Der jährlich erscheinende Alpha Female Report belegt eine extrem niedrige Frauenquote bei Asset Managern. Gründe könnte es mehrere geben.
Erschreckend: Der Frauenanteil im deutschen Fondsmanagement beträgt mickrige sechs Prozent. Das ist ein Ergebnis des Alpha Female Reports 2020 der Plattform Citywire. Seit 2016 führt Citywire regelmäßig die Studie zu Diversity im Fondsmanagement durch.
Deutschland ist zwar nicht Schlusslicht im Ländervergleich – in Indien, Brasilien, Mexiko und Norwegen liegt dem Frauenanteil sogar bei nur fünf Prozent – doch im Europavergleich steht die wirtschaftlich stärkste Nation schlecht da: So sind in Frankreich beispielsweise 18 Prozent aller Fondsmanagementpositionen mit Frauen besetzt, in Italien 19 Prozent und in Spanien sogar 22 Prozent. Weltweit liegt die Frauenquote im Fondsmanagement elf Prozent.
Nisha Long, Mitautorin der Studie seit 2016, sagt:
Trotz neuer Initiativen, um mehr weibliche Talente ins Asset Management zu bringen, bleibt der Frauenanteil auch fünf Jahre nach dem ersten Report erbärmlich klein. Wir beobachten, dass Firmen mehr Frauen einstellen und mehr Anreize schaffen. Aber es geht nicht nur darum, dass mehr Frauen in der Branche arbeiten – es geht auch darum, wie man dafür sorgt, dass sie der Branche treu bleiben.
So ist die Fluktuation bei Frauen im Fondsmanagement weltweit mit 42 Prozent deutlich höher als bei Männern, bei denen sie 27 Prozent beträgt. Heißt: Frauen verlassen das Unternehmen schneller wieder. Auch die Größe der gemangten Portfolios unterscheidet sich: Fondsmanagerinnen verwalten Portfolien von durchschnittlich 407 Millionen Euro, Fondsmanager verantworten im Schnitt 565 Millionen Euro.
Subtiler Sexismus schreckt Frauen ab
Einen Grund für dieses für Frauen besonders ungünstige Verhältnis nennt Anne Connelly, Gründerin der Fondsfrauen, einem deutschen Karrierenetzwerk für Frauen in der Finanzbranche. Sie sagt: „Es gibt ein Nachwuchsproblem. Viele Frauen wollen gar nicht in die Finanzbranche, weil sie deren Aktivitäten für moralisch verwerflich halten. Das hatte sich bereits in unserer Studie „Fearless Girls? Gründe für den geringen Anteil von Frauen in der Finanzindustrie“ gezeigt. Außerdem scheuen Frauen sich, in einer Branche mit einer so starken Männerpräsenz zu arbeiten.“ Das sei besonders in Deutschland zu beobachten, wo der von Connelly beobachtete „subtile Sexismus“ sehr stark sei. Connelly: „Das äußert sich beispielsweise darin, dass Frauen hierzulande extrem oft nicht gefördert werden, im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen. Dann entscheiden sie sich dazu, den Bereich zu wechseln und sind eben wieder weg.“
Es gibt auch Positivbeispiele für gelungenes Diversity Management – wenn auch nicht so sehr in Deutschland. Beim italienischen Fondsmanager Eurizon ist beispielsweise jede dritte Position im Fondsmanagement mit einer Frau besetzt. Und der britische Asset Manager Schroders hat sich zum Ziel gesetzt, 30 Prozent aller Stellen im Senior Management mit Frauen zu besetzen – und dies auch erreicht. Bei Schroders liegt zudem die Fluktuation von Fondsmanagerinnen mit 39 Prozent unter der ihrer männlichen Kollegen mit 43 Prozent, genau wie bei Pictet. Am niedrigsten ist sie bei Nordea mit 27 Prozent (Männer: 43 Prozent). Es gibt also offenbar auch für Frauen angenehme Arbeitsplätze im Fondsmanagement, wenn auch nicht so sehr in Deutschland.