Illustration von einer Frau die neben einem riesigen Mann steht
04.02.2021    Miriam Rönnau
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„Heute ist ein frauenpolitischer Meilenstein verabschiedet worden“, sagte Bundesfrauenministerin Franziska Giffey am 6. Januar zum Beschluss des Gesetzentwurfs zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Damit scheinen die Aufrufe für mehr Diversität vieler Wirtschaftsvertreterinnen wie der Unternehmerin Tijen Onaran oder Jasmin Arbabian-Vogel, Präsidentin des Verbands deutscher Unternehmerinnen, auf politischer Ebene Gehör gefunden zu haben. Bisher tat sich Deutschland mit der Frauenquote noch schwer.

Frauenquote nur für Vorstände

Die Regelungen beziehen sich jedoch lediglich auf Vorstände von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen. Bei ihnen sollen künftig ab vier Vorstandsmitgliedern mindestens eine Frau im Vorstand sitzen. Schon vor dem offiziellen Beschluss soll der Gesetzentwurf laut „Handelsblatt“ und einer Auswertung der Personalberatung Russell Reynolds Früchte getragen haben: Bereits zum 1. Januar 2021 erreichte der Frauenanteil der Vorstände in den 30 Dax-Unternehmen mit 15,3 Prozent einen Rekordwert. Zum Vergleich: Im Juli waren es noch 13,3 Prozent. Unter Berücksichtigung der für dieses Jahr bereits bekanntgegebenen Neubesetzungen von weiblichen Vorstandsposten beträgt der Frauenanteil im Dax demnächst 16,9 Prozent – die schnellste Steigerung der vergangenen zehn Jahre.

Doch wie steht es insgesamt um den Frauenanteil hierzulande? Der Wirtschaftsinformationsanbieter databyte hat das Handelsregister ausgewertet und analysierte den Markt hinsichtlich Führung und Gründung durch Frauen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Auch 2020 gelang es der deutschen Wirtschaft nicht, Frauen voranzubringen.

Im Osten am meisten Gründerinnen

Laut databyte erfolgten von allen Neugründungen aus dem Handelsregister des vergangenen Jahres lediglich 17,46 Prozent durch Gründerinnen. Doch das Bild in Sachen Neugründungen variiert je Bundesland: Mecklenburg-Vorpommern erreicht mit 21,47 Prozent von Frauen gegründeten Unternehmen den ersten Platz. In Sachsen-Anhalt und Sachsen folgen auf Platz zwei und drei. Am schlechtesten schneidet Bremen mit 11,67 Prozent ab.

Branchen und weibliche Führungskräfte

Frauen in Führungspositionen arbeiteten am häufigsten in Frisör- und Kosmetiksalons – und sind dort mit 69,7 Prozent überrepräsentiert. Auf Platz zwei rangieren Praxen von Psychotherapeutinnen und –therapeuten mit 67,1 Prozent. Sekretariats- und Schreibdienste folgen auf Platz drei mit 61,2 Prozent.

Insgesamt fällt auf: Die Stereotypisierung von Berufen hält weiter an – und wird in der Praxis bestätigt. Denn unter den Top-Ten gibt es keine Branche, die gesellschaftlich eher mit männlicher statt mit weiblicher Arbeitskraft in Verbindung gebracht wird. Im Bank- und Finanzwesen etwa gelangen nur 14,4 Prozent der Frauen auf die obersten Etagen.

Bei den Neugründungen ist das nicht anders: Am ehesten gründen Frauen in Branchen wie Sozialwesen (46 Prozent), Interessenvertretungen sowie kirchliche und sonstige religiöse Vereinigungen (37 Prozent) sowie Veterinärwesen (35 Prozent).

Weibliche Anteilseigner

Frauen mit Aktienpaketen oder Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sind unter den Anteilseignern unterrepräsentiert: Gerade einmal 32 Prozent der Unternehmen liegen zum Teil in Frauenhand. Einen marginalen Vorsprung verbuchen Anteilseignerinnen allerdings im Bezug auf die Lebensjahre: Die Gesellschafterin ist im Schnitt 56,96 Jahre jung, Anteilseigner weisen 56,62 Lebensjahre auf.

„Kaum eine Branche wird nicht von Männern dominiert, resümiert Alexander Hiller, Geschäftsführer von databyte. „Die Gesellschaft diskutiert die Vor- und Nachteile einer gesetzlichen Frauenquote weiterhin heftig. Ein Blick auf die Zahlen zeigt jedoch, dass ohne eine klare Herangehensweise ein Umbruch hin zur Parität auf dem deutschen Markt schwerlich gelingt.“

Es bleibt abzuwarten, welchen Einfluss die Vorgaben zur Frauenquote in den Vorständen auch auf andere Bereiche – etwa Neugründungen und Anteilsbesitz – haben wird. Die Zahlen sprechen bisher dafür, dass sich etwas tun muss.

04.02.2021    Miriam Rönnau
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