Illustration von Thomas Schalke vom Flughafen Düsseldorf.
01.06.2022    Olivia Schlumm
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Zur Person

Thomas Schnalke

ist seit über zehn Jahren beim Flughafen Düsseldorf, 2019 wurde er zum Vorsitzenden der Geschäftsführung ernannt

Wie hat sich Ihr Unternehmen in den vergangenen drei Jahren entwickelt?

Thomas Schnalke: Langsam, aber stetig geht es wieder aufwärts. Wie nahezu jeder Flughafen war auch der Airport Düsseldorf durch die Coronapandemie wirtschaftlich stark getroffen. Nach einem Rekordergebnis im Jahr 2019 mit rund 25,5 Millionen Passagieren und einem positiven Jahresergebnis von über 57 Millionen Euro gab es 2020 einen drastischen Einbruch auf nur noch 6,6 Millionen Fluggäste und 78.805 Flugbewegungen. Das blieb nicht ohne Folgen für das Geschäftsergebnis, das mit einem Jahresfehlbetrag von 182,4 Millionen erstmals seit 1997 negativ ausfiel. Die Auswirkungen der Pandemie haben in der Bilanz des Düsseldorfer Airports auch im Jahr 2021 deutliche Spuren hinterlassen. Trotz umfangreicher Kostensenkungen, deutlicher Investitionskürzungen, weitreichender Kurzarbeit, der Erschließung neuer Ertragsquellen und erster Effekte unserer erfolgreichen Restrukturierung war eine Kompensation der ganzjährigen Entgelt- und Umsatzeinbrüche nur sehr bedingt möglich. Insgesamt fiel das Geschäftsergebnis mit einem Jahresfehlbetrag von 40 Millionen Euro aber deutlich besser aus als im Vorjahr.

Was ist Ihr größtes Learning aus der Corona-Krise für Ihr Unternehmen?

Schnalke: Wir werden uns künftig noch mehr auf wesentliche, wertschöpfende Tätigkeitsfelder konzentrieren. Damit gewinnen wir zugleich die nötige Flexibilität, um auch in Zukunft auf veränderte Rahmenbedingungen angemessen reagieren zu können. Auf dieser Basis werden wir uns im Verbund mit Partnern zum Mobilitätsdienstleister auch über die Grenzen hinaus entwickeln. Flugreisen bleiben unser Kerngeschäft, zugleich nehmen wir die Start- und Endpunkte der Reisenden in den Blick, bieten gezielt den Umstieg auf andere Verkehrsträger an: Der Weg zum Ziel führt über DUS. Damit bieten sich auch Chancen für den Ausbau unseres Geschäftsmodells – mit Park-and-Ride-Angeboten für die Stadt, mit einem Sharing-Hub für die individuelle Mobilität, perspektivisch mit Flugtaxen, die die Region anbinden. Unseren Fernbahnhof wollen wir intensiver betreiben und die Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn aktiv mitgestalten.

Was ist ausschlaggebend für Ihren Erfolg?

Schnalke: Die größte Chance sehe ich in unserer Expertise für moderne Mobilität, in unserer Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit. Wir haben unseren Flughafen in kürzester Zeit erfolgreich den durch die Coronapandemie veränderten Bedingungen angepasst und das Vertrauen unserer Partner und Passagiere in die Leistungsfähigkeit unseres Airports ausgebaut. Als zentraler Knotenpunkt in einer der weltweit größten Metropolregionen haben wir den Anspruch, die Erprobung neuer Ideen für die intermodale Vernetzung voranzutreiben. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft untersuchen wir etwa das Potenzial von Flugtaxis, Drohnen und Innovationen, die Flug-, Bahn- und Individualverkehr bestmöglich aufeinander abstimmen. Immer das Ziel vor Augen, herkömmliche und innovative Verkehrsmittel so miteinander zu verknüpfen, dass echte Alternativen zum aktuellen Status quo entstehen und moderne Mobilität für alle zugänglich wird – unabhängig vom Wohnort.

Wie treiben Sie die Digitalisierung in Ihrem Unternehmen an?

Schnalke: Die größte Chance sehe ich in unserer Expertise für moderne Mobilität und in unserer umfassenden Vernetzung, der reibungslosen Steuerung von Logistik und Verkehrsflüssen sowie in Kundenerlebnissen mit individuellem Mehrwert: Im Zentrum unserer Digitalisierungsstrategie steht das Management der Daten, die täglich rund um das Reisen und den internationalen Warenverkehr anfallen. Wir treiben die Entwicklung unserer Business Intelligence Plattform weiter voran, um den Passagieren eine optimierte Customer Journey zu ermöglichen und gleichzeitig die operativen Abläufe am Airport weiter zu verbessern. Gleichzeitig verknüpfen wir insbesondere bei den Dienstleistungen und für die Shops unserer Partner digitale und analoge Welten. Ein Beispiel: Fluggäste können mit dem Click & Collect-System in unseren Gastronomien Essen bestellen, das gleich nach dem Passieren der Sicherheitskontrollen oder dem Kofferabholen in Empfang genommen werden kann. Das spart Wartezeiten.

Was tun Sie, um die Kundinnen und Kunden ein optimales Erlebnis zu bieten?

Schnalke: Data Science und Analytics ermöglichen es, eine Vielzahl von digitalen Innovationen und neuen Geschäftsmodellen zu entwickeln. Was wünschen Verbraucher sich von Zentren der globalen Mobilität wie Flughäfen, wie wollen sie dort konsumieren, Services in Anspruch nehmen oder Sicherheit erleben? Wie lassen sich Daten so verknüpfen, dass alle Prozesse im Hintergrund optimal ineinandergreifen und Seamless Travel Wirklichkeit wird? Intelligentes Datenmanagement legt die Basis dafür, die richtigen Antworten auf solche Fragen zu finden.

Welche Rolle spielt Service in Ihrem Business?

Schnalke: Kundenzufriedenheit ist eines unserer wichtigsten Güter. Zusammen mit unseren Partnern gestalten wir Prozesse und Services so, dass ein echter Mehrwert für unsere Besucher und Gäste entsteht. Wir wollen unseren Gästen den Aufenthalt an unserem Flughafen so angenehm wie möglich gestalten und Business- wie Privatreisenden immer wieder Anreize bieten, hier zu starten, zu landen oder umzusteigen.

Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um den Service zu verbessern?

Schnalke: Unser Service fußt auf Wissen: Schon heute laufen bei uns Daten zu allen wesentlichen Prozessen und Aktivitäten in einer übergreifenden Analytics- und Business-Intelligence-Plattform zusammen, von der Auslastung der Parkhäuser bis hin zur Situation an der Gepäckförderanlage. Zentrale Dashboards eröffnen den Echtzeit-Einblick ins Geschehen, spezifische Reportings ermöglichen eine gezielte Analyse. So haben wir die Grundlage, unsere Prozesse immer weiter zu verbessern. Im eigens eingerichteten Competence Center für Corporate Data & Analytics denken Spezialisten schon jetzt die Lösungen voraus, die morgen das Kundenerlebnis am Airport prägen.

Wir sind immer nah an den Bedürfnissen unserer Passagiere und Besucher. Dies beginnt bereits mit Blick auf die Anreise und die Wahl des Verkehrsmittels. Wir haben die zunehmende Nachfrage unserer Gäste an elektrischen Ladeplätzen im Blick und bauen daher zum Beispiel unser Angebot an Stromtankstellen für Parkkunden kontinuierlich aus. Besucher und Passagiere können ihr Elektroauto ganz bequem aufladen – ob für die Dauer eines Geschäftstermins am Airport, bereits vor Abflug in den Urlaub oder während des Wartens als Abholer. Mit zukünftigen Sharing-Diensten aller Art und dem Ausbau von Park & Ride-Angeboten bieten wir gezielte Möglichkeiten zur Vernetzung verschiedenster Verkehrsmittel und erleichtern unseren Gästen die An-, Ab- oder Weiterreise.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung beim Service?

Schnalke: Die Digitalisierung ist beim Service allgegenwärtig und wir haben ein ganz bestimmtes Bild vor Augen, wo wir hinwollen und was wir unseren Passagieren bieten möchten: Wer eine Reise beginnt, kommt dank smarter Technologie exakt um die Uhrzeit am Flughafen an, die einen entspannten Aufenthalt garantiert. Mithilfe digitaler Lotsen erfährt der Fahrgast in Echtzeit vom Airport, wann und wie er das Terminal am besten erreicht. Präzise Datenanalysen erlauben einer Airline, den Personaleinsatz optimal zu steuern und so einen Check-in mit kurzer Wartezeit zu bieten. Die Sicherheitskontrolle ist, unterstützt von virtuellen Assistenzsystemen, binnen weniger Minuten durchlaufen, das Shopping-Angebot lückenlos, weil der Handel auf exakte Prognosen zur Nachfrage vertrauen kann. Geschäftsreisende, die am Morgen zum Business-Termin aufbrechen, bewegen sich in einer Service- und Warenwelt, die sich an ihren Bedürfnissen orientiert – genauso wie die Familie, die nachmittags zur Urlaubsdestination unterwegs ist.

Was tun Sie, um eine Service-Kultur zu etablieren?

Schnalke: Der Passagier erlebt den Flughafen trotz unterschiedlicher Dienstleister und Behörden vor Ort als Ganzes. Als Betreiberin setzt sich die Flughafen Düsseldorf GmbH kontinuierlich dafür ein, dass unsere Gäste den Aufenthalt als positiv empfinden. Wir vernetzen uns deshalb weiter, um im ständigen Dialog mit unseren Partnern zu bleiben. Immer unter der Maßgabe, dass echter Mehrwert für Passagiere und Besucher entsteht, aber natürlich auch für die Flughafenpartner und den Flughafen selbst.

Was zählt zu den Stärken und was zu den Schwächen Ihres Unternehmens?

Schnalke: Die größte Schwäche, wenn man es denn so nennen will, besteht für unseren Airport, wie für die gesamte Luftverkehrsbranche, in der besonderen Abhängigkeit von äußeren Rahmenbedingungen. Diese können sich, wie zum Beispiel die Coronapandemie, nachhaltig und in kürzester Zeit auf die Luftverkehrsnachfrage und damit auf den Erfolg unseres Unternehmens auswirken. Unsere größte Stärke ist aber eben auch unsere Innovationskraft und unsere Anpassungsfähigkeit. Unsere Mitarbeitenden haben uns durch ihr außergewöhnliches Engagement, ihre Kompetenz und ihre Bereitschaft, neue Herausforderungen anzunehmen, in der Krise widerstandsfähig gemacht und neue Perspektiven eröffnet. Unsere Geschäftspartner und unsere Fluggäste haben mit ihrem Vertrauen in unsere Arbeit ebenfalls eine wichtige Basis für die Weiterentwicklung des Airports zu einem modernen Mobilitätsdienstleister der Zukunft geschaffen.

Wie würden Sie die Zukunft der Arbeit beschreiben? Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um New Work in Ihrem Unternehmen zu leben?

Schnalke: Viele Tätigkeiten können in der heutigen Zeit von nahezu überall aus erfolgreich und effizient bewältigt werden. Gemeinsam mit unserem Betriebsrat ist es uns gelungen, durch den Ausbau alternierender Telearbeit entscheidend dazu beizutragen, dass wir in dieser schwierigen Phase arbeitsfähig geblieben sind und die Kollegen bestmöglich geschützt waren. Wir wollen hier weiter gehen und bestehende Zusammenarbeitsmodelle weiter modernisieren und flexibilisieren. Das Ziel ist es, die eigene Arbeit, wo möglich, flexibler und selbstbestimmter zu gestalten, auch mit Blick auf den Arbeitsort, der nicht mehr auf das Büro oder die eigenen vier Wände beschränkt sein muss.

01.06.2022    Olivia Schlumm
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