Transformation

Verbrenner-Aus im Rennsport? Diese Agentur findet Lösungen

Ein Aus für Verbrennungsmotoren bedeutet auch ein Aus für den Rennsport, wie wir ihn heute kennen. Wie gehen die vielen Unternehmen rund um die Branche mit dieser Gefahr um? Ein Besuch bei Eila an der Rennstrecke.

Veranstaltungsagentur Eila unterwegs: Die Boxengasse kurz vor dem Rennen mit regem Treiben.

20.06.2024

Es ist ein DTM-Renntag wie aus der Werbung. Die Sonne scheint, die Ränge sind voll, und der Wagen rollt. Noch vier Minuten, dann gewinnt Marco Wittmann. Die letzten vier von sechzig Minuten Wettkampf. Aber plötzlich wird der metallicgrüne BMW langsamer, rollt aus. Tank leer. Kurz vor Ende. Bei klarer Führung. Alle 19 Mitstreiter ziehen vorbei. Auf den Rängen, vor den Bildschirmen im VIP-Bereich, in den Fahrerlagern – die Augen sind auf die Szene gerichtet. „Bitter“, sagt einer.

Das „Sprit-Drama“– wie ein Medium es später nennt – von Oschersleben könnte auch als böse Prophezeiung für den Motorsport gesehen werden. Denn mit dem anvisierten Aus für Verbrennungsmotoren droht die ganze Branche auszurollen. Für die vielen Unternehmen im Hintergrund bedeutet das: an der Tradition festhalten und gleichzeitig neu denken. Die Veranstaltungsagentur Eila macht das ziemlich gut vor.

Vom Festzelt zur VIP-Lounge

Mit einem Festzelt und einem Grill fing es vor knapp elf Jahren an. Der Caterer für den Suzuki Rally Cup war ausgefallen, und die in Bayreuth ansässige Eila Consulting GmbH & Co. KG sprang kurzfristig ein. „Grills haben wir noch immer“, sagt CEO Sebastian Eiselt. „Aber bessere, größere. Und: Die Geschäftsführung dreht heute nicht mehr die Steaks um.“ Heute ist Ende April 2024. Die populäre Rennsportserie DTM eröffnet die Jubiläumssaison (40 Jahre) in Oschersleben. Mit gut 90 Mitarbeitenden, 30 Vierzig-Tonnen-Sattelaufliegern und zwölf mobilen Einheiten – sogenannten Units – ist Eila auf dem ganzen Gelände präsent. Die mobilen Eventlocations dienen als VIP- und Teambereiche, als Basis der Rennteams oder als Profi-Küche. Dazu kommen zehn Container, vom Merch-Shop bis zum Mini-Museum. Und: fünf mobile Ersatzteillager.

Für Jeden die passende Lösung

„Im Zentrum steht das Produkt“, sagt Eiselt. „Wir waren davor eine klassische Veranstaltungsagentur, kochten wie alle nur mit Wasser. Dann heißt es, wir sind kreativer, besser, emotionaler und, und, und. Aber letztendlich haben wir das richtige Produkt kreiert und es zum Kunden gebracht.“ Fünf Säulen umfasst das Geschäftsmodell von Eila. Wobei der Bereich „Mobile Eventlocations“ wohl der tragendste ist. Der hauseigene Mitepark besteht aus mehr als 100 Units – vom schlichten Pagoden-Pavillon für 290 Euro bis zum voll ausgestatteten Premium-Tourer inklusive Küche, Separee und Terrasse. Die Komponenten lassen sich kombinieren, mehrgeschossig und auf bis zu 500 Quadratmeter.

Rund um diese Units formieren sich die weiteren vier Säulen, die als Komplettpaket, aber auch einzeln funktionieren. Den Start machten die beiden Bereiche Catering und Interieurdesign. Durch die Bindung zum Motorsport und die Logistik-Erfahrung kam die Säule „Automotive Service“ hinzu. An der Rennstrecke in Oschersleben stehen für die Marken BMW, Audi und McLaren Rennauflieger mit Ersatzteilen: im unteren Teil Scheibenwischer, Bremsscheiben, Lenkräder und unzählige Schrauben, Muttern und sonstige Kleinteile; im oberen Räder, Motorhauben und Türen. 16.000 Teile jeweils.

Manchmal sind es Lippenstifte statt PS die Eila Roadshows

Die fünfte Säule sind Roadshows. Spätestens seit Corona ein wachsender Markt. „Die Pandemie war natürlich auch für uns ein krasser Einschnitt, aber im Nachhinein hat sie uns da zumindest viel geholfen“, sagt Eiselt. „Die Unternehmen waren gezwungen, neue Wege auszuprobieren. Weg von den immergleichen Messen, hin zu flexibleren mobilen Lösungen. Dabei haben sie gemerkt, dass sie mit dieser Livekommunikation viel näher und persönlicher an ihre Kunden und Kundinnen rankommen und zeitgleich Kosten sparen. Also sind viele geblieben.“ Ein weiterer Vorteil: Es entstanden zahlreiche neue Aufträge außerhalb des Motorsports. So präsentierte Eila die neue Lippenstift-Kollektion von Kylie Jenner direkt in deutschen Fußgängerzonen oder begleitet den Energydrink-Hersteller Rockstar durch die Festivalsaison.

"Kein Mensch weiß, wie es mit dem Verbrenner weitergeht"

Diversifikation also. „Wir minimieren die Risiken der gegebenen Saisonalität innerhalb der Veranstaltungsbranche, aber auch innerhalb der Motorsportbranche. Deswegen setzen wir auf verschiedenste Wege und langfristige Geschäfte“, sagt Jonas Woelk, der nach dem enormen Wachstum des Unternehmens 2021 als CFO in die Geschäftsführung gekommen ist. Und dann sei da noch ein anderer Punkt: „Kein Mensch weiß, wie es mit dem Verbrenner weitergeht.“ Und damit auch dem Rennsport in seiner heutigen Form.

Eila zwischen Unabhängigkeit und Verbundenheit

Nach eigenen Angaben ist Eilas Portfolio breit gefächert. Der größte Kunde mache keine zehn Prozent des Umsatzes aus, die ersten 50 Top-Kunden weniger als die Hälfte. Dennoch sind viele von ihnen mit dem Motorsport beziehungsweise der Autobranche verbunden: ADAC, Schaeffler, Rennteams von den GT World Championships über die DTM bis Le Mans, Marken wie Porsche, Toyota und General Motors.

„Wir sind in dieser Automotive-Welt gewachsen und sehen uns inzwischen als Partner, als fester Teil davon“, sagt Eiselt. Und genau diese Welt steckt mitten im Wandel. „Leider hat es bis jetzt noch keiner geschafft, elektrische Fahrzeuge im Motorsport so emotional einzusetzen, wie wir es kennen. Da fehlt was. Die Geräusche, der Duft, die Hitze. Ich hoffe, dass der Rennsport dank synthetischer Kraftstoffe irgendwie weiterbetrieben wird. Aber ich habe natürlich auch Bauchschmerzen mit der Entwicklung.“

Immer (mindestens) einen Schritt voraus

Deshalb auch der zusätzliche Fokus auf Road­shows, denn die lassen sich auf alle Branchen übertragen. „Wir bauen und entwickeln gerade mehr denn je“, so Eiselt. „Das meiste Geld stecken wir zurzeit in Innovationen. 50 Mitarbeitende gehören zum festen Team, hinzu kommt ein Pool von etwa 250 Freien. Der Altersdurchschnitt liegt bei 31 Jahren. Laut Woelk einer der großen Vorteile in Sachen Change. „Das ist ein ganz besonderer Spirit, die brennen alle für die Sache.“

Eiselt ergänzt: „Und wir sind trotzdem noch ein familiengeführtes Unternehmen, in fester privater Hand. Somit können wir schnell neue, mutige Wege einschlagen. Ich weiß nicht, wie es mit dem Motorsport weitergehen wird. Aber ich weiß, wir sollten auf jeden Fall vorsichtig sein und uns nicht auf unserem Erfolg ausruhen.“ Am Ende dieses Rennwochenendes wird Eiselt gut 37.500 Schritte auf seinem Tacho haben,Woelk 32.454. Stehen bleiben kommt nicht infrage.

Jonas Woelk

ist  seit 2021 als CFO für die Zahlen verantwortlich

Sebastian Eiselt

ist CEO, Gründer und zu 50 Prozent Namensgeber von Eila

Daniel Kurfürst

ist COO und seit Anfang an für das ganze operative Geschäft verantwortlich, von der Fuhrparkplanung bis zur Kirsche auf der Schoko-Mousse. Auf den Events ist er entsprechend in Dauer-Action und hat danach mehr als 60.000 Schritte auf dem Tacho