Illustration einer Hand, welche einen Unternehmer in eine Schlinge schubst
23.12.2021    Inga Höltmann
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New Work wird in vielen Organisationen als ein Change-Projekt verstanden, das vornehmlich auf einer technologischen Ebene angegangen wird – nicht umsonst sind viele New-Work-Projekte in den IT-Abteilungen angedockt. Oftmals geht es um eine bessere Zusammenarbeit , die meistens mit der Einführung von Tools und Messangern geschehen soll.

Kolumne von Inga Höltmann

Und auch wenn es bei Neuer Arbeit um Kollaboration geht, zu der auch eine entsprechende Ausstattung und zeitgemäße Software gehören, so macht doch ein Tool allein noch keine Kollaboration. Es ist wichtig zu verstehen, dass wir mit Tools keine bessere Kommunikation erzwingen können. Vielmehr stellen die Tools, die Ausstattung und die IT lediglich die Grundlage dar, auf der die Menschen in den Unternehmen an ihrer Zusammenarbeit arbeiten.

Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, an dem unsere Haltung oder unsere Vorstellungen uns daran hindern, Neue Arbeit nachhaltig zu verankern.

Doch es gibt noch weitere Stolpersteine:

1. Gleich konkrete „new-workige“ Projekte in Angriff nehmen

Ziele definieren, Zuständigkeiten festlegen und Termine setzen – so läuft Projektmanagement doch meistens. Im Bereich Neuer Arbeit kann das fatal sein, wenn direkt konkrete Projekte angegangen werden, ohne dass wir uns die Zeit nehmen, uns mit dem Warum auseinanderzusetzen: Was genau wollen wir verändern? Und aus welchem Grund? Denn nur, wenn wir uns die Mühe machen, diese Fragen miteinander zu beantworten, wird es möglich sein, die richtigen Maßnahmen aus der Vielfalt der Instrumente der Neuen Arbeit auszuwählen.

Illustration von Inga Höltmann

Inga Höltmann ist Expertin für die Themen Kulturwandel in Unternehmen, New Work und Digital Leadership. Sie ist Gründerin der Accelerate Academy, Macherin des New Work Briefings, tritt als Keynote-Speakerin auf und arbeitet im Rahmen von Workshops in Unternehmen zu Themen rund um Neue Arbeit. Zudem ist sie ausgebildete Wirtschaftsjournalistin, bekannt unter anderem für ihre beiden Podcasts zur Zukunft der Arbeit

Ich erlebe immer wieder, dass ich für konkrete Themen in Organisationen eingekauft werde und wir dann in der Zusammenarbeit feststellen, dass durchaus eine Menge zu tun ist – nur in ganz anderen Bereichen. Erspart Euch diese Umwege, denn die kosten Zeit und Geld. Die Lösung? Die Kolleginnen und Kollegen fragen – und zu Beginn des Prozesses zusammen einen Fahrplan entwickeln.

2. New Work wie jedes andere Change-Projekt „kommunikativ begleiten“

New Work wird oft als ein Change-Projekt wie jedes andere verstanden und das bedeutet leider auch, dass kommunikativ ähnlich damit umgegangen wird. Soll heißen: Dieses neuerliche Change-Projekt wird „kommunikativ begleitet“, sprich es wird eine Kommunikationsstrategie entwickelt, die parallel zu den diversen Projekten läuft, um zu erklären, was da geschieht und warum.

Der Irrtum hier ist: Kommunikation ist keine Begleiterscheinung von Neuer Arbeit, sondern integraler Bestandteil von ihr. Kommunikation, Austausch, Reflexion sind wesentliche Werkzeuge Neuer Arbeit. Da sind nicht die einen, die kommunizieren und die anderen, die aufnehmen, sondern Neue Arbeit ist vernetzte und konstante Kommunikation in der gesamten Organisation. Neue Arbeit ist ein gemeinsamer Lernprozess und wir lernen weniger dadurch, etwas erzählt zu bekommen, sondern eher dadurch, uns damit auseinanderzusetzen und auszuprobieren.

3. „Mit New Work wird alles gut“ denken

Im Kern von Neuer Arbeit stehen klare Werte wie Transparenz oder Augenhöhe. Doch das heißt nicht, dass es nicht trotzdem Konflikte oder Probleme geben kann. Neue Arbeit ist ein tiefgreifender Veränderungsprozess, der schmerzhaft sein kann, der auch alte Konflikte wieder an die Oberfläche holen kann. Und es ist ein Prozess, in dessen Verlauf vielleicht Menschen das Unternehmen verlassen.

New Work ist keine Garantie für „Friede-Freude-Eierkuchen“ und bringt auch nicht das Versprechen mit sich, dass die Umsetzung auf jeden Fall gelingt, nur weil wir sie mit dem Etikett „New Work“ adeln. New Work ist eine Kurskorrektur in schwerer See – da kann man auch mal nass werden.

4. Mit New Work brauchen wir keine Regeln und keine Prozesse mehr

Bald arbeiten wir alle eigenverantwortlich und dann verabschieden wir uns von all den einengenden Prozessen – denn Prozesse sind voll „Old Work“: Das ist eine Haltung, die mir oft begegnet. Nur leider ist das Gegenteil der Fall.

Eigenverantwortung und hybride Arbeit brauchen klare Strukturen, Absprachen und transparente Kommunikation. Und transparente Kommunikation heißt nicht, ständig und permanent zu meeten, zu messagen oder zu mailen, sondern konsequent zu dokumentieren. Transparenz braucht Dokumentation, damit zugänglich ist, was relevant ist. Und Dokumentation wiederum braucht klare Absprachen, was auf welche Art zu dokumentieren ist. Neue Arbeit ist also mitnichten die Büro-Anarchie, sondern eine fortentwickelte Schriftlichkeit, die es ganz neu zu entdecken gilt.

Kolumnen, Kommentare und Gastbeiträge auf DUP-magazin.de geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.
23.12.2021    Inga Höltmann
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