Ein gelber Papaierflieger fliegt von mehreren weißen Papierfliegern weg
14.06.2022
  • Drucken

Vor zwei Jahren war es für viele Unternehmen noch unvorstellbar, IT-Fachkräfte ohne entsprechende Qualifizierung einzustellen. Sie ließen offene Stellen teilweise über Monate unbesetzt, weil sie ganz bestimmte Vorstellungen von ihren Wunschkandidatinnen und Wunschkandidaten hatten. Sie sollten formelle Abschlüsse, ein umfangreiches Fachwissen, bestimmte Tool-Kenntnisse und bestenfalls schon viele Erfolge in der Branche im vorweisen. Ohne die entsprechenden Nachweise im Lebenslauf blieb Bewerberinnen und Bewerbern die Tür oftmals verschlossen – selbst dann, wenn sie eigentlich das Potenzial für die offene IT-Stelle gehabt hätten.

Weniger Angst vor falschen Entscheidungen

Wie oft habe ich versucht, die Fachbereiche, die händeringend Programmiererinnen und Programmierer oder IT-Projektmanagerinnen und -manager suchten, von talentierten und hochmotivierten Talenten zu überzeugen? Wie oft haben sie abgewunken?

Dabei hätten sie mit einer guten Einarbeitung oftmals geeignete Kandidatinnen und Kandidaten nach kurzer Zeit wie eine ausgebildete IT-Fachkraft einsetzen und ihr Geschäft ohne zeitliche Verzögerung vorantreiben können. Doch die Ängste vor falschen Entscheidungen waren bei vielen zu groß und wichtige IT-Stellen blieben weiterhin unbesetzt.

Das ärgerte mich in vielen Fällen, da häufig richtig gute Kandidatinnen und Kandidaten noch nicht mal zu einem Kennenlern-Gespräch eingeladen wurden. Der Grund: Es fehlten bestimmte Stationen im Lebenslauf; wichtige Kompetenzen und Potenziale wurden gar nicht beachtet.

Corona hat zum Umdenken angeregt

Doch dann kam Corona und die globale Krise hat unsere Arbeitswelt und die Art, wie Entscheiderinnen und Entscheider denken und die Fähigkeiten von Menschen bewerten, von Grund auf verändert. Muster, die unsere Vorstellung vom effizienten Arbeiten geprägt hatten, wurden durchbrochen. Mitarbeitende passten sich den veränderten Bedingungen an; neue Aufgabenfelder entstanden. Führungskräfte lernten, mehr zu vertrauen, weil ihre Mitarbeitenden genauso effizient im Homeoffice arbeiteten oder weil sie durch die Krise bedingt erfolgreich neue Aufgaben meisterten.

Hinzu kam, dass durch die voranschreitende Digitalisierung der Leidensdruck in Sachen IT-Fachkräftemangel immer stärker wurde. Es wurde für viele Unternehmen untragbar, eine offene Stelle bis zu sechs Monate unbesetzt zu lassen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, konnten sie gar nicht anders, als umzudenken.

Und da sich durch die Coronakrise ohnehin viele Regeln unserer Arbeitswelt geändert hatten, wurden viele Entscheiderinnen und Entscheider auch bei der Fachkräftesuche offener und bereit, endlich neue Wege bei der Kandidatensuche zu gehen. Mit Erfolg: So rekrutieren zum Beispiel viele SAP-Partnerunternehmen inzwischen bewusst IT-affine Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger für ihre offenen Stellen.

Technologie erleichtert das Recruiting von Quereinsteigern

Immer mehr Unternehmen haben inzwischen eine Strategie aufgesetzt, wie sie erfolgreich Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger an Bord holen und effektiv einsetzen. Sie haben erkannt: Für viele Bereiche kann das gezielte Recruiting von hochmotivierten Talenten eine Lösung ihres Fachkräfte-Problems sein.

Doch wie kann ein Unternehmen mit festen Strukturen, das zeit- und kosteneffizient arbeiten muss, unentdeckte Talente finden?

Entscheiderinnen und Entscheider brauchen im Recruiting-Prozess Unterstützung, um Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger hinsichtlich ihrer passenden Kompetenzen – beispielsweise Motivation, Resilienz und Lernfähigkeit – richtig bewerten zu können. Denn der Lebenslauf und Arbeitszeugnisse sind dabei nicht aussagekräftig.

Um herauszufinden, welches Potenzial in einem Bewerber steckt, helfen Tools wie Flynne. Neue Technologien schaffen es inzwischen sogar über Künstliche Intelligenz (KI) passende Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger an ihren digitalen Touchpoints zu identifizieren und für ein Stellenangebot zu begeistern, auf das sie sich in wenigen Minuten über eine digitale Plattform bewerben können. Dazu müssen von den Bewerbenden nur wenige Fragen beantwortet werden, anhand derer die KI die Kompetenzen und Potenziale auswertet und mit dem Jobprofil vollautomatisch matched.

Wettbewerbsfähig in die Zukunft!

Den suchenden Unternehmen werden somit in Echtzeit passende Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger vorgestellt. Und auch für die Bewerbenden bringt diese Technologie viele Vorteile: Sie können ihr Interesse ohne viel Zeitaufwand und über wenige Klicks auf ihrem digitalen Endgerät bekunden und brauchen noch nicht mal einen Lebenslauf oder gar ein Bewerbungsschreiben hochzuladen.

Neue Recruiting-Technologien bieten zwar eine echte Win-win-Situation für alle am Bewerbungsprozess beteiligten Personen. Doch sie funktionieren nur, wenn Entscheiderinnen und Entscheider auch weiterhin open-minded gegenüber Talenten sind, die eine Karriere in der IT anstreben. Wenn Unternehmen dann auch ihre Onboarding-Prozesse so aufsetzen, dass sie Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger eine entsprechende Einarbeitung bieten, werden sie davon absolut profitieren und langfristig keine Kompromisse eingehen müssen.

Ich bin überzeugt, mit Quereinsteiger-Recruiting sind wir auf dem richtigen Weg, unser Fachkräfteproblem in Deutschland zu lösen. Zugleich werden wir durch dieses Umdenken unsere Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt stärken und erfolgreich in die Zukunft gehen.

Zur Person

Portrait Moten BabakhaniCredit des Porträts: Julia Teine

Morten Babakhani

ist Gründer und CEO der Brandmonks. Er hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in Recruiting und Marketing und ist Experte für digitale, datengesteuerte Geschäftsmodelle

Kolumnen, Kommentare und Gastbeiträge auf DUP-magazin.de geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.
14.06.2022
  • Drucken
Zur Startseite