Illustration von den Buchstaben OKR
18.10.2021    Miriam Rönnau
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Definition: Was ist die OKR-Methode und wie funktioniert sie?

Vereinfacht gesagt: OKR beschreibt eine Management-Methode. Die Abkürzung steht für „Objectives and Key Results“. Gemeint ist damit einerseits die Zielsetzung (Objectives) und andererseits die Messung von Schlüsselereignissen beziehungsweise Ergebniskennzahlen (Key Results).

Da die Methode einzelne Aufgaben von Teams, Abteilungen und Mitarbeitenden mit der Strategie, den Plänen und der Vision des Unternehmens verknüpft, wird sie oft auch als Planungs- und Führungsmethode beziehungsweise Strategieumsetzungsmethode bezeichnet. Die Ergebnisse sollen objektiv feststellbar, messbar sowie für die gesamte Organisation transparent sein.

Ziele werden dabei in Objectives and Key Results untergliedert. Konkret heißt das:

  • Objective: Im Fokus steht die Frage „Wo will ich hin, welches Ziel soll erreicht werden?“
  • Key Results: Hier geht es um die Frage „Was muss getan werden, um das Ziel zu erreichen und wie lässt sich das Erreichte messen?“

 

Objective Key Results
QualitativQuantitativ
Ein richtungsweisendes Ziel mit einer emotionalen und motivierenden Funktionbeeinflussbare Erfolgstreiber des Objektives. Sie sind die Messlatte, um das Ziel zu erreichen
  • Einfach und verständlich

  • richtungsweisend

  • inspirierend, motivierend und fordern zur Haltung auf

  • selbsterklärend
  • 2-4 KR pro Objektive

  • zeitlich gebunden

  • eindeutig messbar

  • abschließend bewertbar mit "ja" oder "nein" bzw. einem Score (0..1,0)

 

Allgemein lassen sich Ziele in langfristige Ziele (bis zu fünf Jahre; Strategie, Mission), mittelfristige Zielen (12 Monate; Jahresplanung) und kurzfristige Ziele (2-4 Monate; OKR) unterscheiden. Pro OKR-Zyklus werden pro Ebene bzw. Team zwei bis fünf OKR-Ziele definiert – diese orientieren sich an die mittel- und langfristigen Ziele.

Wann wurde OKR erfunden?

Google ist zwar das bekannteste Unternehmen, in dem die OKR-Methode zum Einsatz kommt. Deshalb muss der Tech-Konzern auch immer wieder als Vorbild herhalten. Allerdings hat OKR seinen Ursprung beim US-amerikanischen Halbleiterhersteller Intel. Eingeführt wurde das Management-System in den 1970er-Jahren vom langjährigen Intel-CEO Andy Grove. Bei der Entwicklung der OKR-Methode hat sich Grove von Peter Drucker‘s „Management by Objectives“ inspirieren lassen (siehe unten).

Über den ehemaligen Intel-Mitarbeiter und später Investmentmanager John Doerr fand OKR dann 1999 über die Venture-Capital-Gesellschaft Kleiner Perkins durch deren Beteiligung an Google schließlich den Weg zum Tech-Riesen.

2013 präsentierte Rick Klau, Partner bei Google Venture, das Video „How Google sets goals: OKR“ samt OKR-Definition und Tipps, wie sich die Methode in der eigenen Organisation einführen lässt. Viele Unternehmen im Silicon Valley folgten Google und führten die Strategie in ihrer gesamten Organisation oder in einzelnen Teams ein. Zu den deutschen Unternehmen, die heute auf OKR setzen, gehören etwa Mymuesli, Sartorius, Zalando und Trivago.

Vorteile und Nachteile von OKR

VorteileNachteile
Nur die für das Unternehmen wichtigsten Ziele werden verfolgt - die Arbeitsinhalte der Teams wird danach ausgerichtetNur bei Unterstützung vom Top-Management ist die Einführung von OKR sinnvoll
Transparenz und Kommunikation werden verbessert; Mitarbeitende wissen, was sie tun sollen und warumdie Einführung von OKR sollte professionell begleitet werden - die Formulierung von Zielen muss schlüssig sein und benötigt etwas Übung
Interne Abstimmungsprozesse werden schneller und damit effizienterMissbrauch das Management OKR als „Kontrollinstrument“, können Mitarbeitende ablehnend reagieren
Förderung der intrinsischen Motivation zu viele Ziele können zu Überforderung führen
die Ressourcenplanung wird optimiertdie Einführung von OKR benötigt Zeit und kann nicht “nebenher” erfolgen
OKR ist einfach und braucht keine komplexe technische Infrastruktur OKR braucht ein Leitbild
Unternehmen lernen, sich auf Ziele zu konzentrieren; meist werden nicht mehr als vier OKR-Sets für die Organisation und je Team erstelltOKR kann zu Ablehnung führen, wenn es nicht als positives Veränderungsprojekt kommuniziert wird und nicht alle Mitarbeitenden abgeholt und geschult werden.
das Unternehmen wird agiler OKR benötigt Einsatzbereitschaft und Kapazitäten, besonders beim OKR Coach, Master bzw. Process Owner
Selbstorganisation und Einsatzbereitschaft werden gefordert und gefördertZur Zielerreichung benötigt OKR eine offene Unternehmenskultur und den Wunsch zur Veränderung in Richtung agile Methoden und New Work
Die Nutzung von OKR-Software kann zu komplexen Prozessen führen

 

Wie lässt sich OKR in kleinen und mittelständischen Unternehmen implementieren?

Die Führungskräfte sollten die Ziele des Unternehmens festlegen (Top-Level OKR-Sets) und in der gesamten Organisation kommunizieren. Das ist wichtig, damit Mitarbeitende motiviert sind, hierzu etwas beizutragen und daraus ihre Ziele abzuleiten.

Praxisbeispiele für OKR:

 

Ziel: OKR im Unternehmen einführen

Schlüsselergebnis:

  • OKR-Coach definieren, der mindestens 50 Prozent seiner Kapazitäten in das Thema  investieren darf
  • Zielstruktur wie Unternehmensvision und mittelfristige Ziele kommunizieren, die von allen Mitgliedern des Managements getragen werden
  • Zielstruktur mit 50 Mitarbeitern testen; mindestens 90 Prozent Akzeptanz in Bezug auf Verständlichkeit und Sinn sind notwendig
  • Vier Teams definieren, die im nächsten OKR-Zyklus operativ einsteigen

Ziel 1: Der bekannte deutsche Online-Shop für nachhaltige Produkte

Schlüsselergebnis 1: Innerhalb der nächsten vier Monate einen Online-Shop entwickeln

Ziel 2: Reichweite erhöhen, mindestens XX User auf die Plattform bringen

Schlüsselergebnis 1: Integration des Online-Shops bei Instagram und/oder Facebook

Schlüsselergebnis 2: Kooperationen mit Influencern

Schlüsselergebnis 3: Suchmaschinenoptimierung auf der Webseite

Ziel 3: Bis Ende des Jahres rund XX Produkte verkaufen

Schlüsselergebnis 1: Angebotspalette basierend auf den Bedürfnissen der User anpassen

Egal ob digitale Transformation, Mitarbeiter- oder Kundenzufriedenheit ‒ nahezu jedes Thema eignet sich für Unternehmens-OKRs. Vor allem wenn es sich dabei um strategische Ziele mit messbaren Ergebnissen handelt.

„OKR bietet uns die Möglichkeit, ein großes übergeordnetes Ziel zu definieren und zu etablieren“, erklärt auch Michael Meeske, Geschäftsführer der Vfl Wolfsburg-Fußball GmbH, im Interview mit DUP UNTERNEHMER. Seit Kurzem setzt auch der Verein auf die Management-Methode. Meeske: „In der Praxis sieht das dann so aus: Als Geschäftsführung definieren wir Oberziele. Die Bereichsleiter legen dann nachgelagerte Ziele fest, die auf die übergeordneten Vorgaben einzahlen. Und dann bekommt jeder Mitarbeitende klare Ziele an die Hand, die es dann schrittweise zu erreichen gilt.“

Wichtig ist, dass jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter klar gemacht wird, dass sie oder er dafür auch die eigene Komfortzone verlassen muss. Es ist sogar hilfreich, wenn die Aufgaben herausfordernd sind. Denn das steigert letztlich die Motivation zum Erreichen des Unternehmensziels. Die Ziele dürfen daher hoch angesetzt werden und müssen auch nicht zu 100 Prozent erreicht sein. Der Mittelwert der Zielerreichung sollte bei rund 70 Prozent liegen. Wenn Objectives and Key Results regelmäßig erreicht werden, ist dies eher ein Zeichen dafür, dass die Ziele nicht ambitioniert genug waren.

Helfen kann, einen erfahrenen OKR-Coach oder eine OKR-Beratung zurate zu ziehen. Denn oft ist die Definition einer eindeutigen Zielsetzung gar nicht so einfach. Führungskräfte müssen dafür auch mal einen Schritt zurücktreten, sich alle anstehenden Projekte und Aufgaben ansehen, diese hinterfragen sowie neu priorisieren. Dabei kann auch ein Blick von außen hilfreich sein. Der OKR-Consultant arbeitet dabei aber nicht alleine, sondern übernimmt die Rolle des OKR-Champion gemeinsam mit einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter aus dem Unternehmen. Dadurch wird sichergestellt, dass jemand aus dem  Unternehmen dann innerhalb des ersten Quartals die Aufgaben des OKR-Champions eigenständig übernehmen kann.

Wie unterscheidet sich das OKR-Modell von anderen Methoden im Management?

Beim Thema Zielvereinbarungen setzen viele Unternehmen traditionell auf Management by Objectives (MBO). Das Konzept entwickelte Peter Drucker in den 1950er-Jahren. Er definierte die Grundidee wie folgt: Die Ausrichtung der Tätigkeiten aller Einheiten eines Unternehmens sollte an festgelegte Ziele geknüpft sein. Der Weg zum Ziel ist Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freigestellt; ihre Leistung wird anhand von Resultaten gemessen. Somit werden bei diesem Management-System Ziele Top-down weitergegeben.

Damit fehlt es bei MBO häufig an Agilität und Flexibilität. Die Zielvereinbarung erfolgt hier meist einmal jährlich – zu selten angesichts des dynamischen Marktumfelds, in dem sich Unternehmen heutzutage bewegen. Einmal gesetzte Ziele sind damit schnell nicht mehr aktuell.

Zudem verfolgen die Mitarbeitenden bei dieser Herangehensweise oftmals nur die Ziele, die unmittelbar an Boni oder andere Vergütungen geknüpft sind. Durch solch ein Individualziel leidet das Kooperationsziel. Deshalb wird das OKR-Framework auch als die moderne Variante von MBO bezeichnet, die sich insbesondere viele Tech-Konzerne und Start-ups zunutze machen.

OKR in der Praxis

Porträt von Erno Marius Obogeanu-Hempel

Erno Marius Obogeanu-Hempel

ist Gründer, Geschäftsführer und Partner von DigitalWinners. Spezialisiert ist die Beratung auf Digitalisierung, Strategieentwicklung, Transformation, OKR und Innovation

„OKR richtet sich immer am Purpose aus“

Acht Schritte seien in der Regel erforderlich, um die OKR-Methode in Unternehmen einzuführen. Berater Erno Marius Obogeanu-Hempel erklärt, worauf es dabei ankommt.



Sie beraten Unternehmen in Sachen OKR. Warum gerade diese Methode?

Erno Marius Obogeanu-Hempel: Die Methode vereint die Unternehmensziele mit den Teamzielen der Mitarbeitenden und schafft somit F.A.C.T.S. Diese Abkürzung steht für

  • den Fokus auf die wesentlichen Themen,
  • die Abstimmung aller Abteilungen und Teams,
  • Commitment,
  • Transparenz durch die Veröffentlichung aller Ziele und
  • Stretch Goals – sprich: ambitionierte Ziele.

 

Mit der OKR Methode können Unternehmen Wachstum generieren und gleichzeitig einen Beitrag zur intrinsischen Motivation der Mitarbeitenden leisten. Das führt – auch im Vergleich zu anderen Management-Methoden – zu einer besseren Zusammenarbeit und Engagement und damit zu besseren Ergebnissen.

Worin sehen Sie die größten Vorteile von OKR?

Obogeanu-Hempel: OKR fördert intrinsische Motivation und Teamgeist. Damit unterscheidet sich OKR wesentlich von der klassischen Managementmethode MbO – dem Management by Objectives. Denn hier werden Unternehmensziele bis auf die Mitarbeiterebene weitergegeben; erst nach sechs beziehungsweise 12 Monaten gibt der Vorgesetzte Feedback. Je nach Grad der Zielsetzung gibt es eine Belohnung – etwa in Form von Bonuszahlungen, Gehaltserhöhungen oder Beförderungen. In der Praxis entstehen dabei Probleme durch den sehr langen Zyklus und Interessenkonflikte. So kann letztlich auch der Teamgeist zerstört werden. OKR hingegen hat nur Nachteile, wenn die Methode nicht richtig eingesetzt beziehungsweise gelebt wird. Zum Beispiel, wenn Key Results nicht Schlüsselergebnisse mit messbaren Kennzahlen sind, sondern reine Aufgaben, Tasks oder Projekte. OKR sieht auf den ersten Blick einfach aus, der Teufel steckt aber wie so oft im Detail: „OKR is simple, but not easy“, heißt es so schön. OKR braucht etwas Übung.

Als Vorzeigeunternehmen für die Anwendung der OKR-Methode gilt Google. Inwiefern haben Sie sich von dem Tech-Giganten inspirieren lassen?

Obogeanu-Hempel: 2012 präsentierte Rick Klau von Google Ventures OKR im YouTube-Video „How Google sets goals: OKR“. 2013 hatte ich ein Projekt mit Google im Silicon Valley und bin dadurch recht früh mit der Methode in Berührung gekommen. Seitdem ließ mich das Thema nicht mehr los. Ich erfuhr bei Google, wie gut OKR funktioniert – und sah zudem in anderen Unternehmen, wie destruktiv MbO sein konnte. Damit wurde meine Leidenschaft für OKR geweckt.

Wie hat Google das System eingeführt?

Obogeanu-Hempel: Begründer von OKR ist Andrew Stephen Grove. Er war Mitgründer und langjähriger CEO von Intel. 1974 kam John Doerr zu Intel. Er arbeitete seinerzeit als Vertriebsmitarbeiter und besuchte 1975 einen OKR-Kurs von Grove. Doerr wechselte 1980 zur im Silicon Valley angesiedelten Venture-Capital-Firma Kleiner Perkins und wurde Investment-Manager. 1999 investierte Kleiner Perkins in Google. Als Doerr 1999 die OKR-Methode bei Google einführte, waren dort erst 40 Mitarbeitende beschäftigt. Doerr zeigte den Google-Gründern Larry Page und Sergey Brin sowie dem Team eine Präsentation zum OKR-Framework mit dem Overhead-Projektor. Google beziehungsweise Alphabet setzt OKR bis heute erfolgreich ein – bei inzwischen mehr als 135.000 Mitarbeitenden. Das zeigt beeindruckend, wie skalierbar OKR ist und dass es für jede Unternehmensgröße geeignet ist.

Wie genau führen Sie OKR in anderen Unternehmen ein?

Obogeanu-Hempel: Grundsätzlich kann OKR in jeder Organisation –unabhängig von Größe, Organisationsform und Branche – eingesetzt werden. Auch wenn jede Einführung einer gewissen Anpassung bedarf, haben wir einen praxiserprobten achtstufigen Einführungsprozess erstellt. Dieser beinhaltet die folgenden Punkte:

  1. Definieren der Erfolgskriterien: Es gilt festzuhalten, welches Ergebnis sich das Unternehmen von der OKR-Einführung verspricht – inklusive dem Zielbild
  2. Benennen von OKR-Process-Ownern – also den Hauptverantwortlichen für den OKR-Prozess
  3. Benennen eines C-Level-Sponsors
  4. Festlegen der initialen OKR-Einführung: Im Fokus steht die Frage, wer verantwortlich ist – ein Pilotteam, eine Pilotabteilung oder das Top-Management?
  5. Festlegen der OKR-Kadenz: Das sind typischerweise drei Monate. Bei Start-ups und in schnelllebigen Branchen können es auch nur zwei Monate sein, in trägen Branchen vier Monate.
  6. Aufsetzen der ersten Meetings
  7. Festlegen des Tools/Templates  zur Veröffentlichung der OKR-Sets
  8. Kommunikation: Wie wird die OKR-Einführung intern kommuniziert?

Wichtig dabei ist, dass das Unternehmen ein Leitbild hat. OKR richtet sich immer am Purpose beziehungsweise Zweck, der Vision, der Mission und an den Werten aus. So haben wir bei zahlreichen Unternehmen parallel zur OKR-Einführung auch das Leitbild erarbeitet, teilweise auch eine Unternehmensstrategie oder aber die Organisationsform in Richtung Netzwerkorganisation entwickelt. Denn OKR ist nicht nur als Methode zu betrachten, sondern als Philosophie. Im Idealfall wird OKR als Game-Changer für eine Transfomation hin zu einem Digital-Mindset betrachtet. Somit kann sie einem Unternehmen zu enormen Wachstum verhelfen.

18.10.2021    Miriam Rönnau
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