Vintage-Uhren von Vacheron Constantin
30.06.2021    Jan Lehmhaus
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Auf der Website der Traditionsmanufaktur Zenith findet sich seit Ende vergangenen Jahres neben den vier Kollektionen ein weiterer Eintrag: „Icons“ zeigt einen der klassischen „El Primero“-Chronographen, für die Zenith berühmt ist und die das Haus seit Jahren immer mal ganz authentisch wieder auflegt. Keine aktuellen Remakes, sondern historische Stücke, allesamt „certified vintage“. Ein leiser Auftritt für etwas gänzlich Neues: den Einstieg großer Marken in den Handel mit Vintage-Uhren.

Überarbeitet und zertifiziert

Bislang verwiesen die Hersteller auf ihre lange Geschichte, feierten sie mit dem ein oder anderen Retro-Modell, überließen das Geschäft mit den alten Originalen jedoch den Uhrenbörsen und Auktionshäusern. Auch bei den Juwelieren war Secondhand lange ein Randthema: Die Zeitmesser „aus Kundenauftrag“ wurden, wenn überhaupt, in der letzten Ecke des Schaufensters präsentiert.

Doch professionalisierte junge Unternehmen wie Chrono24 und Hodinkee erleichterten die internationale Suche nach längst vergriffenen Modellen. Mit Bucherer richtet seit 2019 der erste große Juwelier in seinen Niederlassungen schicke Vintage-Abteilungen ein. Die dort ausgestellten Uhren haben eine Echtheitsgarantie, frischen Service und werden auch online präsentiert.

Übers Netz stehen inzwischen auch die Hersteller im direkten Kontakt zu den Endkunden. Das erste Angebot an „Icons“ bei Zenith sei eine Art Pionierarbeit, sagt Romain Marietta, Leiter der Produktentwicklung und der Heritage-Abteilung: „Im Moment geht es uns darum, ausgewählte Stücke an den wichtigsten Standorten zu platzieren und dort auf besonderen Events dem Publikum zu präsentieren – in Tokio, Schanghai, bald in Paris und auch in Le Locle, für Besucher der Manufaktur.“ Dort werden alle betagten Stücke restauriert, gegebenenfalls mit original Ersatzteilen. Gleichzeitig achte man darauf, die Uhren nicht etwa wie neu aussehen zu lassen: „Unsere Devise ist, Narben zu erhalten – und damit auch die Historizität.“ 

Vintage-Uhren sind nichts für Schnäppchenjäger

Bei den Traditionshäusern hat neben Zenith auch Vacheron Constantin begonnen, in der Manufaktur revidierte Uhren übers Netz zu bewerben, greift aber weiter in seiner Geschichte zurück: Die Sonderkollektion „Les Collectionneurs“ umfasst ausgewählte Taschenuhren von 1910 bis 1930 und Armbanduhren von vor 1970. Bei jüngeren Haute-Horlogerie-Marken sind dagegen naturgemäß Referenzen zu finden, die erst vor wenigen Jahren auf den Schweizer Messen vorgestellt wurden – und bald darauf vergriffen waren. H. Moser & Cie. bietet auf seiner Website auch zertifizierte Gebrauchtuhren an.

Und Richard Mille offeriert gebrauchte Modelle in der schicken Vintage-Boutique „Ninety“ in London-Mayfair. „Ninety“-Chef Tilly Harrison ist sicher: „Den Pre-owned-Markt können die Hersteller nicht mehr länger ignorieren.“ Die Boutique wende sich auch nicht an Schnäppchenjäger, die sich keine neue Richard Mille leisten können oder wollen, sondern an Sammler auf der Suche nach etwas Besonderem. „Wir kaufen überwiegend von Privatleuten“, erklärt Harrison, „und ganz sicher suchen wir die Stücke nicht auf dem grauen Markt.“

Zenith nutzt diverse Quellen. „Die Beschaffung ist das Schlüsselthema“, sagt Marietta. „Unsere Uhren kommen auch von Chrono24, von Retailern und von Auktionen.“ Damit seien die anderen Anbieter keine Konkurrenten, sondern Lieferanten.

30.06.2021    Jan Lehmhaus
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