Reise

Willkommen im Hoteloffice

Das Ende der klassischen Business-Hotels naht. Gleichzeitig sorgen internationale Marken für Sicherheit und Standards. Eine Bestandsaufnahme nach 20 Jahren Park Hyatt am Zürichsee.

Eine Luftaufnahme der Züricher Innenstadt.

20.12.2024

Die Erfahrung beginnt schon auf dem Weg zum Tisch. Vorbei geht es an der offenen Küche, nur eine Glasscheibe dämpft die Hitze des 600 Grad heißen Grills. Wangen und Stirn spüren sofort diese Wärme, die der eines Lagerfeuers ähnelt. „Die Gäste wollen echte, nahe Erlebnisse“, sagt Hotelchef Michel Wittwer später beim Dinner, während Espumas, Kräuter und Filets die Tasting-Erfahrung um die Sinneseindrücke Sehen, Riechen und Schmecken ergänzen. „Es geht nicht nur um ein Essen oder ein Bett. Es geht um eine einmalige Erinnerung.“

In jeder Hinsicht angekommen

Vor 20 Jahren eröffnete das Fünf-Sterne-Haus „Park Hyatt“ in der Züricher Innenstadt, fünf Gehminuten vom See entfernt. Ein großer Name in einer kleinen, feinen – aber auch eingeschworenen – Umgebung.   Die erste internationale Hotelkette inmitten luxuriöser Tradition. Wittwer bescheinigt seinem Vorgänger von damals, einen „fantastischen“ Job gemacht zu haben. Man habe sich direkt mit dem Umfeld verbunden. Nachbarn eingeladen, lokale Händler präferiert, soziales Engagement gezeigt. „Man muss Teil des Orts werden.“ 

Wittwer selbst stammt aus der Schweiz, hat für die Hotelkette aber auch auf sämtlichen Kontinenten gearbeitet. Seit Mitte 2024 ist er in Zürich. „Ich fühle mich hier zu Hause“. Und er hat große Pläne: Ein großer Teil des Hotels inklusive Lobby soll umgestaltet werden, denn die Ansprüche haben sich verändert. Aus Hotel und Office wird Hoteloffice.

Zwei Frauen sitzen in schickem Ambiente zur Tea-Time zusammen.
Arbeiten die noch oder leben die schon? „Business-Gäste fühlen sich auch in Freizeitumgebung wohl – andersrum eher nicht“

Raus mit dem XL-Schreibtisch - so geht Hoteloffice

Die Veränderungen, die New Work für viele Büros gebracht hat, machen sich auch in der Hotellerie bemerkbar. „Mal ehrlich,  kein Mensch fragt heute ernsthaft nach einem Faxgerät“, sagt Wittwer. Viel mehr geht es darum, flexible, digital top ausgestattete und vor allem schöne Räume zu schaffen, wo zeitgleich gelebt und gearbeitet werden kann. „Die Leute wollen sich in einer cosy Bar zu einem Business-Drink treffen, nebenbei einen Burger essen, während sie Mails schreiben und manchmal sogar paral­lel ein Fußballspiel im TV sehen.“ Die Grenzen verschwimmen, und das klassische leblose Businesshotel hat ausgedient. Hoteloffice ist angesagt.

Dabei gab es bisher eine starke Saisonalität am See. Im Sommer die Freizeit- und Gesundheitsgäste, das restliche Jahr die Geschäftsleute. „Das hat viele Jahre gut funktioniert, aber wir müssen mit der Zeit gehen und einen Mix hinbekommen, ohne dabei unseren Markenkern zu verlieren“, so Wittwer. Der da wäre? „Luxury is personal. Hier wird nie eine Maschine den Check-in übernehmen.“

Bild von Michel Wittwer. Er trägt Glatz und lächelt.

Michel Wittwer

Der gebürtige Schweizer leitete weltweit „Park Hyatt“-Häuser, nun ist er „zurück zu Hause“