Yoga in der Lüneburger Heide, Tischlern kompakt in Altona, Finanzbuchhaltung im Online-Seminar oder eben ein Sprachkurs in Kapstadt – dem Weiterbildungsangebot sind kaum Grenzen gesetzt.
In 14 von 16 Bundesländern ist Bildungsurlaub möglich, nur in Bayern und Sachsen nicht. In der Regel stehen deutschen Arbeitnehmenden fünf bis zehn Tage Bildungsurlaub jährlich zu. Die Anzahl der Tage variiert je nach Bundesland; zudem können die Voraussetzungen unterschiedlich sein – etwa in Bezug auf die Mindestdauer oder die Inhalte der Bildungsmaßnahme.
Viele Berufstätige wissen nichts von ihrem Recht
Die Krux: Obwohl die Auswahl riesig ist, wird diese smarte Art, aus dem Berufstrott auszubrechen, immer noch zu wenig genutzt. Viele Berufstätige wissen einfach nichts darüber oder trauen sich nicht, ihre Ansprüche beim Arbeitgeber geltend zu machen. Naturgemäß ist es in kleineren Firmen mit dünner Personaldecke schwieriger als in Großunternehmen.
Den Chef und die Kollegen nicht vergrätzen zu wollen ist aber wesentlich zu kurz gegriffen. Denn gerade mit dem Tool Bildungsurlaub können Personaler Kompetenz, Resilienz und damit nicht zuletzt die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigern. Insbesondere auch in Hinblick auf den War for Talents und die Firmenbindung ist das nicht zu unterschätzen.
Auf nach Südafrika!
Eine, die Bildungsurlaub gemacht hat, ist Tanja Wulf. Die Pharmareferentin kennt sich aus. „Bereits während meiner Ausbildung war ich das erste Mal auf Bildungsurlaub“, erinnert sich die Hamburgerin. Bis zum nächsten Mal hat es indes etwas mehr als drei Jahrzehnte gedauert. Inzwischen ist die diplomierte Ökotrophologin bei MSD (in den USA Merck & Co. Inc), einem der weltweit größten Arzneimittelhersteller, im Bereich Onkologie tätig.
An einem trüben Novemberabend stöberte sie im Internet nach sonnigen Zufluchtsorten, als sie auf ihrem iPad die Website des Sprachinstituts „Good Hope Studies“ in Kapstadt findet. „Ich war sofort Feuer und Flamme, weil ich schon immer mal nach Südafrika wollte. Jetzt hatte ich einen guten Ansatz, meinen Wunsch endlich in die Tat umzusetzen.“
Gedacht, getan. Die altehrwürdige Sprachschule direkt in Kapstadts wuseligem City Centre erfüllte alle Voraussetzungen, ist zertifizierter Bildungsträger. Und: Die Vorgesetzte von Wulf spielte mit, der Zeitraum war geklärt, und der Sprachtest ebenfalls keine große Hürde. Wulf: „Ich konnte meinen Vorgesetzten klarmachen, dass alle etwas davon haben. Gerade in einem US-Konzern wie MSD wird gutes Englisch immer wichtiger. Und wo könnte ich besser und authentischer dazulernen als in einem englischsprachigen Land?“
Bildungsurlaub dient auch der Persönlichkeitsentwicklung
Darüber hinaus kann ein Bildungsurlaub noch weitere Vorteile mit sich bringen. Durch die Kombination von Sprachtraining und kulturellem Austausch verbessern sich zumeist nicht nur die Sprachkenntnisse. Die Bewältigung der Herausforderungen in einem fremden, fernen Land fördert auch Selbstbewusstsein und Persönlichkeitsentwicklung. Letztendlich zahlt das also auch aufs berufliche Standing ein.
Der 14-tägige Sprachkurs in Kapstadt beinhaltet je 30 Wochenstunden. Fünf bis zehn Teilnehmer sind dabei. Personen aus Brasilien, Russland, dem Jemen, der Schweiz und Deutschland sind in Wulfs Kurs vertreten. Ein bunter Mix. „Mit über 50 Jahren habe ich den Altersschnitt etwas nach oben gebracht“, sagt sie mit einem Schmunzeln. „Alle Kursteilnehmer waren supernett und wollten wissen, wie es so ist in Hamburg.“
Gelernt wurde intensiv. Grammatik, Aussprache, Diskutieren, Kunst, Kultur und Filme standen auf der Themenagenda. Jeder musste auch ein typisches Gericht seines Landes vorstellen. „Bratwurst kannten alle schon. Da habe ich Labskaus genommen.“ Die Zeit verging wie im Flug – zumal nach Kursschluss und an den Wochenenden genügend Zeit blieb, die faszinierende Metropole am Kap der Guten Hoffnung näher kennenzulernen.
Lernen und Freizeit in guter Balance
„Die Hop-on-hop-off-Busse machen keine fünf Minuten vom Institut entfernt Station in der Longstreet“, schwärmt Wulf. Besser und sicherer als auf den Sonnendecks der roten Doppeldecker (Ticket rund 15 Euro) lässt sich die Millionenstadt kaum erschließen. Die Touren decken nahezu alle Sehenswürdigkeiten in und um Kapstadt ab. City, Waterfront, Hafen, Strände – alles dabei.
Ein Muss sind auch Ausflüge per Seilbahn zum Tafelberg sowie zum Kap der Guten Hoffnung. Per Ausflugsboot von Hout Bay geht’s zum Robbenfelsen (45 Minuten, ca. 10 Euro), wo sich Hunderte Seehunde sonnen. Oder direkt auf die Gefängnisinsel Robben Island, heute ein Museum, wo Südafrikas legendärer Versöhner und langjährige Präsident Nelson Mandela jahrzehntelang eingekerkert war.
Lohnenswert: der kilometerlange weiße Sandstrand von Muizenberg und Bo-Kaap, ein Stadtviertel voller grellbunter Häuschen. In Kirstenbosch Gardens tobt an Sonntagen das Leben mit viel Musik und Picknick. Apropos: In Kapstadt gibt es fantastisches Essen und köstliche Weine, weshalb ein Besuch auf einem der zahlreichen Weingüter der Umgebung Pflicht ist.