Auf dem Dach der Welt ticken die Uhren anders beim Motorradfahren. Tempo spielt keine Rolle. Ankommen ist das Ziel, komme, was da wolle. Straßen übersät mit übelsten Schlaglöchern? Abgrundtiefe Abhänge ohne Sicherung? Gar keine Straße mehr erkennbar? Fällt im Himalaja alles in die Rubrik „normal“. Genau wie scheinbar komplett planlose Spurwechsel des Gegenverkehrs oder haarsträubende Überholmanöver in Kurven. Alles kein Grund, die Fassung zu verlieren.
Wir sind in Manali, Distrikt Kullu, Bundesstaat Himachal Pradesh. Rund 2.000 Meter hoch gelegen, ist die kunterbunte Stadt ein beliebtes Touristenziel im Himalaja. „Willkommen in der Heimat der Himalayan“, begrüßt uns Siddhartha Lal, der charismatische Boss von Royal Enfield. „Hier wird sie getestet, hier wird sie gebraucht, hier ist sie zu Hause.“ 2016 ging das Modell an den Start, jetzt folgt die nächste Ausbaustufe.
Die neue Himalayan 450 ist technisch das Leuchtturm-Bike des indisch-britischen Herstellers. Die Ausstattung überzeugt: effizienter Einzylindermotor, Sechsganggetriebe, Voll-LED-Beleuchtung, zwei Fahrmodi mit und ohne ABS, Vollbildnavigation und ein sattes Performance-Plus. Die Leistung steigt von übersichtlichen 24 PS auf lebendige 40 PS, das maximale Drehmoment klettert von 32 Nm auf 40 Nm. 90 Prozent davon liegen bereits bei 3.000 Touren an; übers gesamte Drehzahlband kommt die neue Hima- layan spürbar spritziger zu Potte. Offiziell fährt sie 151 km/h Spitze – ein Top-Speed-Plus von fast 20 Prozent im Vergleich zur „kleinen“ Himalayan 411.
Bessere Performance, smarte Navigation
Schlanke Fahrzeugmitte, starrer Rundscheinwerfer, üppiger Tankschutz mit Gepäckhalterung – die typischen Charakteristika der Himalayan hat Royal Enfield stilsicher auf die Neuzeit übertragen. Der „Sherpa 450“ getaufte neue Motor hat 452 ccm Hubraum und erstmals bei Royal Enfield Wasserkühlung. Wacker rackert die leichte Reise-Enduro (196 kg) mit Low Speed über steinige Passagen. Dreht man die Gänge auf den besser asphaltierten Passagen aus, kommt merklich Schwung in die Fuhre, und der Sound schwillt kernig an. Die sechs Gänge rasten sauber ein. Die Bremsen verzögern einwandfrei. Ein echtes Fahrspaß-Bike.
Die Geländetauglichkeit der Himalayan ist legendär. Schon das aktuelle Modell kommt praktisch überallhin. „Built for all roads. Built for no roads“, lautet passend der Werbeclaim der Himalayan 450. Amtliche 200 mm Federweg vorn und hinten, 230 mm Boden- freiheit, moderate Sitzhöhe von 805 bis 845 mm (vari- abel, je nach Sitzbank) – all das weckt Vertrauen und macht das Bike leicht beherrschbar. Der Tank fasst jetzt beruhigende 17 Liter (vorher: 15,5 l). Das reicht rechnerisch für gut 460 Kilometer ohne Tankstopp. Knapp 3,7 l/100 km gibt Royal Enfield als Verbrauch an. Das hält die Kosten im Rahmen.
Neues Navigationsgerät in Kooperation mit Google
Die Navigation übernimmt auf Wunsch Google. Über die Royal-Enfield-App lässt sich das Smartphone mit dem LC-Display der Himalayan koppeln. Die Routenführung wird dann auf dem 4-Zoll-Rundinstrument wahlweise klein oder nahezu vollflächig angezeigt. Eine sehr smarte digitale Lösung inklusive Musik- und Telefoneinbindung, die in dieser Preisklasse bislang kein Wettbewerber in vergleichbarer Perfektion liefert.
5.890 Euro kostet das Basismodell des neuen Bikes der Berge. Macht nur 400 Euro mehr als fürs 411er- Modell (ab 5.490 Euro), das technisch Lichtjahre von der neuen Generation entfernt ist. Viel Motorrad für wenig Geld – das klingt vielversprechend. „Wir möchten allen Menschen, die durch unwegsames Gelände oder um die Welt fahren wollen, ein bezahlbares hochwertiges Bike anbieten“, sagt Siddhartha Lal. Royal Enfield spricht von der „Demokratisierung des Adventure-Bikens“. So oder so bringt die neue Globetrotter-Maschine beste Voraussetzungen mit, um das Preisgefüge im Adventure-Bike-Segment gehörig durcheinanderzuwürfeln. Im Himalaja und auch anderswo.