Auszeit vom Job

Das gilt es über ein Sabbatical zu wissen

Auszeit nach Corona – diesen Wunsch dürfen aktuell viele Mitarbeitende haben. Ein Sabbatical verspricht genau das: Bis zu ein Jahr Pause für das Berufsleben und die Möglichkeit, um die Welt zu reisen. Doch was gilt es zu beachten? Rechtsanwalt Paul-Benjamin Gashon von Korten Rechtsanwälte gibt Antworten.

04.08.2021

Paul-Benjamin Gashon

ist Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht bei der Korten Rechtsanwälte AG. Darüber hinaus berät er Mandaten im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht, insbesondere bei der Rückabwicklung von Kreditverträgen und Kapitalanlagen.

Wie unterscheidet sich ein Sabbatical von einem Urlaub?

Paul-Benjamin Gashon: Wie es der Name „Sabbattjahr“ vermuten lässt, ist die Differenz zwischen Urlaub und Sabbatical die Dauer. Während Arbeitnehmende Ersteren selten für mehr als drei Wochen am Stück in Anspruch nehmen, kann Letzterer sogar mehr als 365 Tage dauern. In der Praxis wird die Länge der Pause vom Job individuell zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart. Ein gesetzlicher Anspruch, wie beim Urlaub, existiert nicht. Einzig bei Beamten im öffentlichen Dienst besteht abhängig von den individuellen Regelungen in den Ländern die Möglichkeit, bis zu einem Jahr bezahlten Sonderurlaub zu nehmen. Allein in Thüringen kann unter Umständen die Dauer des Sabbticals auf bis zu zwei Jahre beziehungsweise bis zu sechs Jahre ausgeweitet werden. Auch der Faktor Bezahlung ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal. Schließlich handelt es sich beim Sabbatical grundsätzlich um eine unbezahlte Auszeit, die Arbeitnehmende nach eigenem Ermessen gestalten. Viele Menschen nutzen die Zeit weg vom Unternehmen etwa für ausgedehnte Reisen oder Hobbies und als Pause vom Alltagsstress, um mit neuen Ideen in den Beruf zurückzukehren. Prinzipiell kann das Sabbatical aber dafür genutzt werden, Neues zu lernen und sich beruflich oder persönlich weiterzubilden. Neben einem Sabbatical steht Arbeitnehmern ein Bildungsurlaub zur Verfügung, der in 14 von 16 Bundesländern gesetzlich geregelt ist. Außer in Bayern und Sachsen müssen Arbeitgebende ihren Mitarbeitern zusätzlich zum regulären Urlaubsanspruch fünf Tage bezahlte Bildungsfreistellung pro Jahr beziehungsweise zehn Tage in zwei Jahren für Fortbildungen gewähren.

Warum haben Beamte ein gesetzliches Anrecht auf ein Sabbatical, Arbeitnehmende in Unternehmen aber nicht?

Gashon: Die Gründe für die vergleichsweise großzügigen Regelungen im öffentlichen Dienst sind historisch bedingt. Zum einen hat das Sabbatjahr in Forschung und Lehre eine lange Tradition in Deutschland. Und zum anderen gab es insbesondere in den 1980er-Jahren sogenannte Lehrerschwemmen auf dem Arbeitsmarkt, die dafür gesorgt haben, dass Sabbaticals gerne bewilligt wurden.

Gibt es guteArgumente, mit denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Chefs davon überzeugen können?

Gashon: Um sich auch ohne gesetzlichen Anspruch beim Chef Gehör zu verschaffen, gilt es sich eine gute Strategie zurechtzulegen, die individuell auf den jeweiligen Arbeitgeber abgestimmt sein sollte. Neben der Frage, wie Vorgesetzte grundsätzlich zum Thema alternative Arbeitszeitmodelle und Pausen stehen, sollte auch der richtige Zeitpunkt für ein solches Anliegen gewählt werden. Bei einem Gespräch über eine längere Pause vom Job ist Timing alles. Stehen riesige Projekte oder straffe Deadlines an, wird die Bitte um eine Auszeit nicht unbedingt von Erfolg gekrönt sein. Es gibt jedoch Argumente, die bei der Überzeugungsarbeit helfen. So ist es keine Schande, sich und seinem Arbeitgeber einzugestehen, dass eine Pause ideal wäre, um den Akku wieder aufzuladen und im Anschluss mit mehr Energie und Kreativität durchzustarten. Auch eine längere Weiterbildung zur Vertiefung von Fremdsprachenkenntnissen oder von fachlichem Wissen kann ein überzeugendes Argument darstellen. Ebenso sollten die positiven Begleiterscheinungen für das Employer Branding des Unternehmens angeführt werden. Insbesondere bei Nachwuchskräften und Young Professionals stehen solche Social Benefits, zu denen auch das Sabbatjahr gehört, hoch im Kurs.

Wie lange sollte ein Sabbatical im Voraus geplant werden?

Gashon: Ein unbeschwertes Sabbatical setzt eine Menge Planung voraus. Deshalb heißt es: so früh wie möglich mit der Organisation beginnen. Je nach Umfang der Auszeit und der Finanzierung beziehungsweise dem Realisierungsmodell lohnt es sich, das erste Gespräch mit dem Arbeitgeber bereits drei Jahre im Voraus zu führen. Dabei hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, entweder auf die Ansparung von Überstunden auf Arbeitszeitkonten oder auf einen unbezahlten Urlaub zurückzugreifen. Letzteres bedeutet, dass beide Parteien von ihren Pflichten zurücktreten und der Arbeitsvertrag für die vereinbarte Zeit stillgelegt wird. Möchten Arbeitnehmer nicht auf ihr Gehalt verzichten, vereinbaren sie mit dem Betrieb ein sogenanntes Teilzeitmodell. Hierbei wird über einen längeren Zeitraum hinweg die geleistete Wochenarbeitszeit nur teilweise vergütet und der Rest der Bezahlung angespart. In der Regel kann auf diese Art und Weise innerhalb von mehreren Jahren, abhängig von der zurückgelegten Summe, eine zwölfmonatige Auszeit finanziert werden.

Haben Sie Fälle erlebt, bei denen es aufgrund eines Sabbaticals zu einem Rechtsstreit gekommen ist?

Gashon: Dass ausschließlich das Sabbatical der Grund eines Rechtsstreits war, habe ich in meiner Praxis bisher noch nicht erlebt. Vielmehr entstanden in einigen der von mir betreuten Fälle Berührungspunkte zum Sabbatical. Zum Beispiel waren dahingehend Fragen zu beantworten, ob während des Sabbaticals gekündigt werden darf oder ob dennoch Urlaubsansprüche in dieser Zeit entstehen. Hierzu kurz: Auch ein ruhendes Arbeitsverhältnis kann gekündigt werden. Das Bundesarbeitsgericht entschied zudem, dass während eines unbezahlten Sonderurlaubs keine Urlaubsansprüche angesammelt werden können. Grundsätzlich erreichen mich wenige Anfragen zum Thema Sabbatical. Die überwiegenden Fragen meiner Mandanten beziehen sich dann vorrangig auf allgemeine,vorbereitende Informationen hierzu.

Können Sie beurteilen, ob aufgrund der Coronapandemie das Bedürfnis nach Sabbaticals zugenommen hat?

Gashon: Ich konnte keinen Zuwachs von Anfragen aufgrund der Coronapandemie feststellen. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass sich viele Arbeitnehmer über längere Zeit in Kurzarbeit befunden haben und nun gegebenenfalls erst recht motiviert ihrer Arbeit nachgehen. Auch sind viele Menschen immer noch vorsichtig bezüglich längerer Reisen, insbesondere in das Ausland. Ich möchte sogar eher behaupten, dass es für das Sabbatical derzeit weniger Interessenten gibt.

Welche versicherungsrechtlichen Fragen sind für ein Sabbatical zu klären?

Gashon: Entscheiden sich Angestellte für einen unbezahlten Urlaub, so pausieren durch den Wegfall des Gehalts auch die getätigten Zahlungen für die Sozialversicherung – sowohl vom Arbeitnehmer als auch vom -geber. Um diese Lücken so gering wie möglich zu halten beziehungsweise gar nicht aufkommen zu lassen, müssen die Sozialversicherungsbeiträge selbstständig getragen werden. Sollte eine Reise in die Ferne bevorstehen, lohnt sich ebenso ein klärendes Gespräch mit AOK, BKK & Co. Dabei gilt es, das Leistungsspektrum der Krankenkasse genau zu erfragen und entsprechend dem Vorhaben zu reagieren. Wer auf der sicheren Seite sein möchte, schließt eine private Zusatzversicherung ab.