Value-Ansatz

Wie Anleger günstige Aktien finden

Unterbewertete Aktien zu kaufen, klingt nach einer guten Idee – hat sich aber in den vergangenen zehn Jahren im Vergleich zu Tech-Aktien á la Facebook nicht ausgezahlt. Doch das Klima scheint sich zu ändern. Steht das Value-Investing vor einem Comeback? Ein Interview mit M&G-Fondsmanager Richard Halle, einem erklärten Value-Anleger.

03.11.2021

Richard Halle

ist Fondsmanager des M&G (Lux) European Strategic Value Fund. Begonnen hat er seine Karriere als Analyst bei der Sedgwick Group, 1999 wechselte er zu M&G. Dort arbeitet er seit 2002 im Aktien-Team.

Inwieweit hat sich das Anlageklima verändert, weg von Growth, hin zu Value?

Richard Halle: Ich sehe da schon so etwas wie eine Rotation. Es zeigt sich einfach, dass für viele Anleger die inzwischen erheblichen Bewertungen schon eine Sorge sind und sie nach Alternativen suchen.

Welche Rolle spielen ETF – sie gelten als Verstärker dieses Trends?

Halle: Sie sind schon ein Vervielfältiger, weil sie in die beliebten Werte investieren. Und das war in der Vergangenheit vor allen Growth-Aktien.

Wie vermeidet man die Valuetraps, also Unternehmen, die billig sind – aber aus gutem Grund?

Halle: Das ist eine der zentralen Fragen. Ganz entscheidend ist es, auf die Bilanzen zu schauen. Wenn ein Unternehmen eine starke Bilanz hat, dann mag es unbeliebt sein und das auch für eine gewisse Zeit – aber es hat auch die Robustheit, diese Phasen auszuhalten. Da gibt es schon Druck, weil Anleger sagen: Du kannst doch jetzt nicht da einsteigen! Die Value-Falle funktioniert auch andersherum: Man darf nicht so paranoid auf diese Fallen starren, dass du dann gar nicht mehr investierst.

Ihre Reaktion als Fondsmanager?

Halle: Deswegen haben wir im M&G (Lux) European Strategic Value Fund auch eine breite Streuung von 60 bis 100 Titeln. Für den Fall, dass man einmal falsch liegen sollte mit seiner Einschätzung.

Ist die Aufteilung in die Begriffe Growth, Value oder auch GARP, also „growth at reasonable price“, eigentlich noch zeitgemäß?

Halle: Da hat sich vieles aufgeweicht, das stimmt.

Wonach suchen sie?

Halle: Wir müssen schauen, ob ein Unternehmen “vulnerable for good news“ ist, also empfänglich für gute Nachrichten. Bei denen spiegelt der Aktienpreis die negativen Informationen adäquat wider, nicht aber die möglichen Verbesserungen.

Wieviel Zeit braucht ihre Strategie?

Halle: Wir sind agnostisch, geben unseren Unternehmen zwischen 3 bis 5 Jahren Zeit.

Welche Rolle spielt Inflation; ist das ein Value-Thema?

Halle: Ja, wir suchen nach den vernachlässigten Feldern. Das können zum Beispiel Finanzunternehmen sein, Pharma oder Energie. Das sind die mit einer hohen Kapitalrendite, die sie unabhängig vom Markt erwirtschaften, weil sie Preise durchreichen können.