US-Aktienmarkt

Wall Street: Zocken auf die Präsidentschaftswahl?

Mit der Kurskorrektur von Hightech-Schwergewichten und den Verwerfungen an Japans Börse sackten die Notierungen amerikanischer Titel kräftig ab. Zudem fiebern die Broker in New York der Präsidentschaftswahl im November entgegen. Denn je nach Ausgang könnten unterschiedliche Unternehmen profitieren – so die Theorie. Lohnt also das Pokern auf Donald Trump oder Kamala Harris?

Textiler Stoff mit dem Aufdruck "VOTE" als Symbol für die Präsidentschaftswahl

06.08.2024

Unruhe an den Börsenplätzen rund um den Globus

Anfang August floss bei den Anlegern so manche Träne. Der amerikanische Leitindex S&P 500 auf Talfahrt, der Kurs des US-Chipproduzenten Nvidia, einer der Hauptprofiteure des Hypes um Künstliche Intelligenz, auf Monatssicht rund 25 Prozent im Minus. Gründe der schlechten Stimmung: Hohe Kosten in der KI-Branche, schwache Zahlen vom US-Arbeitsmarkt, die ausgebliebene Zinssenkung durch die US-Notenbank Fed, der schwelende Konflikt in Nahost. Auch in Japan herrschte Katerstimmung, nachdem die Zentralbank, die im März die erste Leitzinserhöhung seit 17 Jahren vorgenommen hatte, erneut an der Zinsschraube drehte und den wichtigen Aktienindex Nikkei kurzzeitig gen Süden schickte.

Wer macht das Rennen im November?

Angesichts des ungemütlichen Umfelds konzentrieren sich manche Anleger lieber zukunftsgerichtet auf Gedankenspiele rund um die US-Präsidentschaftswahl. Der Ansatz: Je nachdem, ob Kamala Harris oder Donald Trump Anfang November als Siegerin oder Sieger gefeiert werden, profitieren unterschiedliche Branchen und damit entsprechende börsennotierte Unternehmen. So könnte ein Sieg der Demokraten etwa amerikanische Titel aus den Bereichen Gesundheit, Umwelt oder Einzelhandel befördern, Trump im Weißen Haus dagegen beispielsweise Öl-, Rüstungs- oder Bank-Werte.

Aktienkörbe von der Stange

Um Anlegern die mühsame Arbeit der Titelauswahl zu ersparen, hat das Bankhaus Vontobel zwei Zertifikate aufgelegt, die jeweils die Wertentwicklung eines passenden Aktienkorbs widerspiegeln. Das strategische Zertifikat Vontobel Democrat 2024 US Election Index (ISIN DE000VD7BFQ7) enthält unter anderen die Aktien von UnitedHealth, Tesla oder Walmart. Im Papier Vontobel Republican 2024 US Election Index (ISIN DE000VD7BFN4) stecken beispielsweise die Anteilsscheine von ExxonMobil, Lockheed Martin oder der Bank of America. Letztmalig gehandelt und bewertet werden beide Zertifikate im September 2026, die Rückzahlung erfolgt im Oktober desselben Jahres. Die Zertifikate unterliegen dem allgemeinen Kursrisiko, einem Wechselkursrisiko sowie dem Emittentenrisiko im Falle der Insolvenz von Vontobel Financial Products, da es sich um Inhaberschuldverschreibungen handelt.

Keine Spekulation für Gelegenheits-Investoren

Egal, ob Anleger auf einzelne Titel oder auf Körbe von Aktien aus den Vereinigten Staaten setzen, sollten sie die Kursentwicklung vor allem nach der Wahlentscheidung penibel verfolgen und auch bei negativen Entwicklungen zu einem Verkauf ihrer Papiere bereit sein. Ob die Erwartungen aufgehen, ist ungewiss, und nicht jeder Börsianer ist ein Freund der Ausrichtung von Investments auf Wahlausgänge: „Ich kann Anlegern nur raten, sich nicht allzu sehr mit diesem Thema zu befassen. Zumindest nicht, wenn sie langfristig Geld disponieren möchten“, sagt Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege bei der Kölner Vermögensverwaltung Flossbach von Storch (siehe Interview unten).

Vorsichtige Naturen warten besser ab

Andere Experten empfehlen zumindest Geduld. „Es ist noch zu früh, um einen potenziellen ‚Harris-Trade‘ festzulegen, aber auch, um eine spezifische Markthandelsstrategie für eine potenzielle zweite Trump-Regierung zu entwickeln, da es ideologische Unsicherheiten bezüglich ihrer Ziele und ihrer Politik gibt. Es gibt auch erhebliche ideologische Konflikte, mit denen sich die Trump-Administration auseinandersetzen müsste, zum Beispiel in Bezug auf ihre Haltung zu China, der Inflation, Zöllen, fiskalischer Expansion und dem Wunsch nach einem schwächeren Dollar“, schreibt Vincent Mortier, Group Chief Investment Officer des französischen Geldhauses Amundi Investment , in einem Papier zum Thema. Geduld mag auch hilfreich sein, eine Bodenbildung der sich zuletzt Richtung Keller bewegenden Aktienkurse abzuwarten.

„Denken Sie in guten Unternehmen“

Phillipp Vorndran, Kapitalmarktstratege beim Vermögensverwalter Flossbach von Storch, über die Kriterien sinnvoller Investitionsentscheidungen.

Phillipp Vorndran

Phillipp Vorndran

ist Kapitalmarktstratege und Partner bei Flossbach von Storch. Zuvor war er globaler Chefstratege bei Credit Suisse Asset Management sowie CEO bei Credit Suisse Asset Management Deutschland. Ins Berufsleben startete er beim Bankhaus Julius Bär, nachdem er in Würzburg Betriebswirtschaftslehre studierte.

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Microsoft, Apple, Nvidia, Alphabet, Amazon, Meta und Tesla gelten als die Magnificent 7, ohne die sich am US-Aktienmarkt wenig tut. Wird diese Entwicklung mittelfristig anhalten?

Philipp Vorndran: Da bräuchte es eine Kristallkugel – und die haben wir leider nicht. Wie lange der Trend läuft, lässt sich seriös nicht vorhersagen. Ein Blick auf die Bewertungen einiger Titel zeigt jedoch, dass bei besagten Unternehmen nicht allzu viel schief gehen sollte in den kommenden Monaten und Jahren. Die Bewertungen sind, wie wir finden, sehr ambitioniert. Völlig aberwitzig, so wie etwa zur Jahrtausendwende, sind sie jedoch nicht. Insofern finden sich gute Argumente für ein Ende des Hypes, genauso wie für eine Fortsetzung.

Zwischenzeitlich legte der Nebenwerte-Index Russell 2000 kräftig zu. Könnte das der Beginn einer Rotation sein?

Vorndran: So weit würde ich nicht gehen wollen, aber die Bewegung hat gezeigt, dass es durchaus interessante Unternehmen gibt jenseits der Magnificent 7 – oder 6.

Welchen Einfluss dürfte der Ausgang der diesjährigen US-Präsidentschaftswahl auf die Wall Street haben? Macht die Ausrichtung auf den erwarteten Sieg eines Kandidaten beziehungsweise einer Kandidatin für Anlegerinnen und Anleger Sinn?

Vorndran: Ich kann Anlegern nur raten, sich nicht allzu sehr mit diesem Thema zu befassen. Zumindest nicht, wenn sie langfristig Geld disponieren möchten. Richten Sie ihre Anlagestrategie bitte nicht an Wahlprognosen oder -ergebnissen aus. Suchen Sie nicht zwanghaft nach Wahlsieger-Aktien, sondern denken Sie stattdessen in guten Unternehmen; in Geschäftsmodellen, die attraktiv sind und das voraussichtlich auch bleiben werden – und zwar unabhängig davon, wer künftig im Weißen Haus sitzt. Langfristig dürfte das nicht nur die bequemere, sondern auch die bessere Strategie sein. Dass die Wahl für die Geopolitik von entscheidender Bedeutung ist, steht dabei außer Frage.

Welchen Anteil sollten US-Aktien im Depot von Anlegenden aus dem Euroraum einnehmen?

Vorndran: Als Euro-Investor tun Sie gut daran, einen Teil Ihres Vermögens außerhalb der Währungsgemeinschaft zu disponieren. Die USA bieten sich allein schon deshalb an, weil es dort viele erstklassige Unternehmen und Geschäftsmodelle gibt. Mit einer Empfehlung, wie hoch der US-Anteil konkret sein soll, tue ich mich aber schwer. Das ist nicht zuletzt eine sehr individuelle Sache. Vielleicht als grober Richtwert: In unseren ausgewogenen Mandaten liegt der US-Dollar-Anteil derzeit bei knapp 35 Prozent, netto.