Ein Zug mit Containern mit Rohstoffen. Die Container sind bunt, der Himmel, der Boden und die Schienen sind schwarz und weiß.
04.04.2022    Martin Hintze
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DWS Smart Industrial Technologies – so heißt der Fonds, den Marcus Poppe betreut. Ganz oben in der Liste der Aktien im Portfolio: ein Eisenbahnunternehmen. Poppe erklärt, warum es in der vermeintlich langweiligen Branche echte Kursraketen gibt.

Zur Person

Marcus Poppe im Portrait im Anzug mit lila Krawatte.

Marcus Poppe

ist Head of Investment Strategy bei der DWS sowie Fondsmanager des DWS Smart Industrial Technologies

Ihr Fonds, der DWS Smart Industrial Technologies, hat einen schlechten Jahresstart erwischt. Woran lag das?

Marcus Poppe: Korrekt, zwischenzeitlich lag der Fonds zehn Prozent im Minus, jetzt sind es noch fünf. In den letzten zwölf Monaten sind es aber immerhin fünf Prozent plus. Für einen eher zyklischen Aktienfonds ist das noch sehr kommod – vor allem wenn man bedenkt, welche Renditen in den vergangenen Jahren möglich waren. Kein Anleger freut sich über eine negative Rendite, das ist völlig klar. Aber in Anbetracht der Risiken, die noch lange nicht verschwunden sind, hält sich der Aktienmarkt in der Breite sehr gut. Die Sektoren Industrie und Technologie haben zuletzt sogar ein bisschen zu alter Stärke zurückgefunden.

Sie haben die beiden Branchen angesprochen. Tech oder Industrie – wo liegt bei Ihrem Fonds der Schwerpunkt?

Poppe: Der Schwerpunkt liegt auf dem Industriesektor mit einer Beimischung von Technologiewerten. Doch die Grenzen sind oft fließend, beispielsweise beim Thema Industrieautomatisierung. Mit unserem Fonds wollen wir genau das abbilden.

Rechnen Sie für die nächsten drei bis fünf Jahre wieder mit zweistelligen Performance-Werten wie in der Vergangenheit?

Poppe: Langfristig spricht nach wie vor alles für Aktien. Allerdings sind die Herausforderungen massiv – sei es auf der Zinsseite, der Inflationsseite und natürlich der Krieg in der Ukraine. Da ist eine gewisse Vorsicht angebracht.

Eignet sich Ihr Fonds für vorsichtige Aktien-Anleger?

Poppe: Das Gesamtkonzept ist darauf ausgerichtet, diverse Themen abzubilden, und nicht nur Automatisierung oder Robotik, die sehr zyklisch sind. Wir investieren in Bereiche, die auf den ersten Blick nicht technologisch spannend wirken, die aber über erfolgreiche Geschäftsmodelle verfügen und sich auch in Krisensituationen in der Regel recht gut halten. Wir können das Portfolio so ausbalancieren, dass es die Anleger nicht Haus und Hof kostet. Dennoch ist unser Produkt von einer Krise tendenziell stärker betroffen als ein breiter, globaler Aktienfonds. Und in guten Phasen wollen wir auch mehr Rendite erzielen.

Zu den größten Einzelwerten in Ihrem Portfolio zählen Eisenbahnunternehmen. Das klingt zunächst nicht nach smarter Technologie.

Poppe: Stimmt, es ist aber eines der Erfolgskonzepte des Fonds. Das Geschäftsmodell ist nicht bahnbrechend innovativ, aber die Finanzentwicklung schon. Eine der Aktien aus diesem Bereich hat in den vergangenen 20 Jahren eine Gesamtrendite von 2.000 Prozent geschafft. Das hat nicht mal der Tech-Index Nasdaq geschafft. Eisenbahnunternehmen müssen sich also nicht verstecken. Und der Bereich bleibt spannend, denn es ist wesentlich umweltverträglicher, Güter auf der Schiene zu transportieren, statt mit dem Lkw. Die technologische Entwicklung dürfte außerdem zu Effizienzsteigerungen und damit Kostenersparnissen führen. Das Gewinnwachstumspotenzial bleibt also spannend.

Was zeichnet smarte Technologien aus Ihrer Sicht aus?

Poppe: Da sollte man unterscheiden: Es gibt interessante Technologien für neugierige Anwender – und es gibt Technologien mit Gewinnpotenzial. Als Fondsmanager muss man das ganz nüchtern betrachten und die Versprechen der Unternehmen überprüfen. Wer mit seiner Technologie einen Mehrwert bietet, kann hohe Preise verlangen und dann stimmt auch die Gewinnentwicklung. Aber wer das nur behauptet, wird es an der Börse schwer haben. Die Unternehmen sind da in der Bringschuld; das zeigt sich in den Zahlen.

Was sind die wichtigsten Technologietrends der kommenden Jahre? Gibt es einen Gamechanger oder das Next Big Thing?

Poppe: In den vergangenen Jahren waren das sicherlich Technologie und Digitalisierung. Im Moment ist der Gamechanger der Rohstoffbereich. Die aktuelle Krise zeigt uns sehr schmerzhaft, wie abhängig wir nach wie vor von Rohstoffen sind. Deswegen glaube ich, dass Geschäftsmodelle, die es den Unternehmen ermöglichen Ressourcen zu sparen, sehr gefragt sein werden. Man könnte es die Rache der Old Economy nennen, die beinahe schon abgemeldet war. Aber die Modernisierung ressourcensparender Prozesse wird jetzt sehr weit oben auf der Tagesordnung stehen.

Wird das den Trend zur Nachhaltigkeit zusätzlich befeuern?

Poppe: Nachhaltigkeit ist ein Trend, der bleibt. Allerdings ist es hochgradig komplex zu definieren, was genau ein nachhaltiges Geschäftsmodell ist. Diese Debatte ist sehr wichtig und noch im vollen Gange. Das Interesse an nachhaltigen Anlagen wird weiterhin hoch bleiben. Mit einer Einschränkung: Viele Anleger schauen sich die Wertentwicklung an. Wenn nachhaltige Produkte eine Weile schlechter performen, werden die Anleger mit Füßen abstimmen.

Was war der größte Fehler, der Ihnen als Fondsmanager unterlaufen ist?

Poppe: Das waren in der Regel Phasen, in denen der Druck so groß war, dass ich ad hoc etwas im Portfolio verändern wollte. In solchen Zeiten ist es gut, ein Team zu haben, das korrigierend eingreift und mit dem man sich sehr eng austauscht. Unser Anlagestil ist eher geduldig, der Turnover sollte deutlich unter 100 Prozent liegen. Meist sind es eher 30 bis 40 Prozent.

04.04.2022    Martin Hintze
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