Durch eine Reform der Rentenbesteuerung werden Beschäftigte in diesem Jahr um rund 3,2 Milliarden Euro entlastet. Via Twitter kommentierte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Maßnahme, die ursprünglich erst 2025 umgesetzt werden sollte, wie folgt: „Wir ziehen diesen Schritt angesichts der hohen Inflation bewusst vor – denn gerade in Zeiten hoher Inflation sind Entlastungen besonders wichtig.“
Ganz freiwillig hat Lindner dieses Steuergeschenk allerdings nicht gemacht. Die Neuregelung der Rentenbesteuerung ist Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Mai 2021 geschuldet. Laut BFH bestand die Gefahr, dass künftige Rentenjahrgänge von einer doppelten Besteuerung der Alterseinkünfte betroffen sein könnten.
Was ändert sich nun bei der Rentenbesteuerung?
Nach der Neuregelung müssen erst in der Auszahlungsphase im Alter Steuern gezahlt werden. Während der Erwerbstätigkeit können Aufwendungen für die Altersvorsorge als Sonderausgaben geltend gemacht werden, was die Steuerlast reduziert.
Die Neuregelung umfasst Beitragszahlungen in
- die gesetzliche Rentenversicherung,
- die landwirtschaftliche Alterskasse,
- die berufsständischen Versorgungseinrichtungen und
- in Basisrentenverträge, also in die Rürup-Renten.
Doch wie viel mehr Geld haben Steuerzahlerinnen und -zahler damit nun zur Verfügung? Vermutlich weniger, als viele denken. Denn auch ohne das neue Gesetz wären bereits 96 Prozent der Rentenbeiträge absetzbar. Letztendlich geht es also nur um vier Prozent mehr.
Welche Summen sind steuerlich absetzbar?
Hinzu kommt: Es gelten gesetzlich festgelegte jährliche Höchstbeiträge für Vorsorgeaufwendungen. Maximal absetzen kann ein Single in diesem Jahr folgende Beträge:
- gesetzliche Rentenversicherung: 26.528 Euro (absetzbar in der Ansparphase, Besteuerung in der Auszahlungsphase)
- Rürup-Rente: 26.528 Euro (Steuervorteile in der Ansparphase, Besteuerung in der Auszahlungsphase)
- Riester-Rente: 2.100 Euro (Steuervorteile in der Ansparphase, Besteuerung in der Auszahlungsphase)
In der Auszahlungsphase müssen derzeit 83 Prozent der Rürup-Rente versteuert werden; ab 2040 sind es 100 Prozent. Bei der Riester-Rente entscheidet das Finanzamt in der Ansparphase im Rahmen einer Günstigerprüfung, ob Sparende mehr von staatlichen Zulagen oder von Steuervorteilen profitieren würden. In der Auszahlungsphase erfolgt dann eine nachgelagerte Besteuerung. Auszahlungen müssen – wie bei der Rürup-Rente – ab 2040 vollständig versteuert werden.
Was ist mit der betrieblichen Altersvorsorge?
Was in der Liste fehlt, ist die betriebliche Altersvorsorge (bAV). Denn dafür gelten grundsätzlich andere Regelungen. In der Ansparphase werden die Beiträge zur bAV vom Bruttolohn abgezogen. 2023 sind Beiträge bis zu einer Höhe von 292 Euro pro Monat sozialabgabenfrei, bis zu 584 Euro pro Monat sind steuerfrei.
In der Steuererklärung müssen Beschäftigte die bAV-Beiträge nur dann angeben, wenn es sich um Sonderzulagen handelt. In der Auszahlungsphase muss die bAV dann zu 100 Prozent versteuert werden.
Attraktiv ist die betriebliche Altersvorsorge für Angestellte nicht nur, weil sie die Steuerlast spürbar senkt. Arbeitnehmende, die im Rahmen der Entgeltumwandlung für eine bAV sparen, bekommen seit dem 1. Januar 2022 zudem verpflichtend einen Zuschuss von 15 Prozent vom Arbeitgeber.
Private Vorsorge ist notwendig
Dass die gesetzliche Rente alleine später nicht mehr zum Leben reichen wird – das ist bekannt. Doch geht es um die private finanzielle Vorsorge, stehen die Bundesbürgerinnen und -bürger eher schlecht dar. In einer Studie der Western Union gaben nur 49 Prozent der Befragten an, sie seien finanziell abgesichert; 13 Prozent haben gar keine Ersparnisse.
Und in der „HDI Berufe-Studie 2022“ zeigt sich: Zwar ist die Hälfte der Berufstätigen in Deutschland überzeugt, dass Aktien gut für den Aufbau einer Altersvorsorge geeignet sind. Allerdings glauben vier von zehn Berufstätigen zudem, die Geldanlage in Aktien sei zu riskant.
„Unsere Befragung fördert einen eklatanten Widerspruch zu Tage: Die Mehrheit der Berufstätigen erkennt die Vorzüge der Aktienanlage für den Aufbau der Altersvorsorge. Doch 40 Prozent schrecken aus Furcht oder Unsicherheit dennoch davor zurück“, sagt Fabian von Löbbecke, im Vorstand der HDI Lebensversicherung AG verantwortlich für den Bereich Produkte und Neugeschäft. „Aufklärung erscheint daher dringend nötig – insbesondere zu Anlagemöglichkeiten, die Kurseinbrüche minimieren oder sogar ausschließen können wie zum Beispiel Versicherungsprodukte.“
Um die private Vorsorge zu stärken, hat die Bundesregierung kürzlich die Fokusgruppe private Altersvorsorge eingesetzt. Diese soll Reformoptionen prüfen. „Angesichts des demografischen Wandels müssen wir kapitalgedeckte Instrumente in der Rente dringend ausbauen“, sagt Florian Toncar, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Vorsitzender der Fokusgruppe. Deren Abschlussbericht soll bereits diesen Sommer vorliegen.