Geldscheine verschwinden in einem Erdspalt.
11.08.2021    Martin Hintze
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Die schlechte Nachricht verbirgt sich in einem unscheinbaren Marktbericht: Die Weberbank hat gerade darauf hingewiesen, dass die Realverzinsung in Deutschland aktuell „einen traurigen neuen Negativrekord“ aufgestellt hat. Auf der einen Seite ist die Inflationsrate hierzulande mit 3,8 Prozent auf ein 27-Jahreshoch geklettert, während sich auf der anderen Seite die Verzinsung zehnjähriger deutscher Staatsanleihen mit minus 0,5 Prozent langsam den Tiefständen annähert.  

Unter dem Strich ergibt sich daraus eine Realverzinsung von minus 4,3 Prozent. „Das Bild könnte sich in den kommenden Monaten sogar noch einmal verschlechtern, ehe die Belastung durch die Inflation wieder abnimmt“, schreibt Weberbank-Analyst Daniel Schär.  

Geldvermögen erstmals über sieben Billionen Euro 

Betroffen von der Misere ist der überwiegende Teil der Sparer: Laut Bundesbank hat das Geldvermögen der Deutschen Ende März erstmals die Marke von sieben Billionen Euro überschritten. Den größten Teil machen Bargeld und Sichteinlagen etwa auf de facto unverzinsten Giro- oder Tagesgeldkonten aus. Dort bunkern die Bundesbürger 2,858 Billionen Euro. „Das Girokontosparen liegt weiter im Trend. Viele Deutsche haben die Möglichkeit, mehr Geld auf die hohe Kante zu legen, aber sie vernachlässigen dabei die wichtige Frage nach dem Wie“, sagt Prof. Oscar A. Stolper von der Philipps-Universität in Marburg. 

Ein Sechstel Vermögensverlust 

Das hat gravierende Folgen: Eine Auswertung, die Stolper für die Fondsgesellschaft Union Investment erstellt hat, zeigt, dass der Anteil, den Renditen am Vermögensaufbau ausmachen, im Jahr 2020 auf 19 Prozent gesunken ist. 2019 waren es noch 24 Prozent. Allein zwischen 2017 und 2020 hätten Sparer durch Sichteinlagen 79 Milliarden Euro an Kaufkraft verloren. Wer 10.000 Euro zu null Prozent Zinsen für zehn Jahre anlegt und die Inflationsrate bei zwei Prozent liegt, verliert 1797 Euro an Kaufkraft – fast ein Sechstel des Vermögens. Zinsabhängigen Sparern stünde ein „realer Vermögensverlust bevor, den viele so noch nicht kannten“, warnt der Experte. 

Doch die Deutschen scheinen langsam umzudenken: Nach Angaben der Bundesbank haben sie im ersten Quartal 2021 für 25 Milliarden Euro Anteile an Investmentfonds gekauft – so viel wie nie zuvor. Hinzu kamen Aktien und sonstige Anteilsrechte im Wert von drei Milliarden Euro. Bereits 2020 stieg der Anteil von Aktieninvestments am Gesamtfinanzvermögen der Deutschen um 0,7 Prozentpunkte auf 11,6 Prozent an (2019: 10,9 Prozent). Das sei der höchste Wert seit über 12 Jahren (2008 Q3: 12,3 Prozent), so Stolper. 

11.08.2021    Martin Hintze
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