Eine Luftaufnahme vom Silicon Valley
24.09.2020    Andreas Busch
  • Drucken

Es ist ein Milliardenmarkt: Allein in Europa fanden 2019 gut 2.500 Private-Equity-Transaktionen statt, so Zahlen des Beratungshauses PricewaterhouseCoopers. Es gab private Beteiligungen an Unternehmenskäufen und -verkäufen im Wert von 260 Milliarden Euro. Früher konnten nur Profi-Investoren und Schwerreiche von dem Geschäft profitieren. Heute gibt es neue Wege. Einen bietet der digitale Vermögensverwalter LIQID. Dessen Gründer und CEO, Christian Schneider-Sickert, erklärt den Investmentprozess.

Zur Person

Ein Portrait von Christian Schneider-Sickert

Christian Schneider-Sickert

CEO von LIQID hat zuvor einen Wirtschaftsverlag aufgebaut und viele Jahre in der Medienindustrie und im Investmentbanking gearbeitet. Der passionierte Ruderer hält einen MA von der Oxford University und einen MBA von der Harvard University

LIQID ist vielen Anlegern als Robo-Advisor bekannt. Weshalb haben Sie auch Private-Equity-Investments ins Angebot genommen?

Christian Schneider-Sickert: Wir verstehen uns als digitale Privatbank für anspruchsvolle Kunden. Private Equity als alternatives Investment rundet neben der digitalen Vermögensverwaltung als wichtiger Renditebaustein das Angebot für größere Vermögen ab.

Was unterscheidet Private Equity zum Beispiel von der Aktienanlage?

Schneider-Sickert: Private Equity bedeutet nicht wie bei einem Aktienengagement, einen kleinen Teil eines Unternehmens zu kaufen, sondern eine mehrheit­liche Beteiligung oder den Kauf eines ganzen Unternehmens, das nicht börsennotiert ist. Zudem greift der Investor helfend in die Unternehmensführung ein. Es handelt sich um eine aktive Beteiligung an Firmen mit guter Marktstellung, quasi Rohdiamanten, die poliert und danach mit Gewinn verkauft werden.

Aber doch nicht von Ihren Kunden persönlich, oder?

Schneider-Sickert: Nein. Wer in LIQID Private Equity investiert, beteiligt sich an acht bis zehn Fonds von renommierten Private-Equity-Managern, deren Experten Firmen auswählen, kaufen und dann betreuen.

Darunter finden sich legendäre Anbieter, wie etwa Permira, EQT oder Cinven. Es heißt, dass deren Kunden mindestens 20 Millionen Dollar mitbringen müssen. Ist LIQID Private Equity nur etwas für Milliardäre?

Schneider-Sickert: Nein. Das Mindestinvestment beträgt 200.000 Euro. Wir arbeiten mit dem Partner und unserem Gesellschafter HQ Trust zusammen, dem Multi-Family-Office der Familie Harald Quandt, das zu etwa 20 Prozent an LIQID beteiligt ist. HQ Trust engagiert sich seit Jahren mit der Schwester HQ Capital im Bereich Private Equity und verfügt über einen exklusiven Zugang zu den bedeutendsten Manage­mentgesellschaften. HQ Capital übernimmt die Fondsauswahl. Das Family Office investiert eigenes Geld sowie das unserer Kunden in einem mit LIQID gemeinsam strukturierten Prozess. Die Streuung erfolgt über Fonds, Strategien sowie über die Regionen USA, Europa und Asien. Wir nennen diesen Prozess systematische Diversifikation. Letztendlich sind die Anleger in mehr als 150 Unternehmen investiert.

Kann sich jeder beteiligen?

Schneider-Sickert: Neben institutionellen Kunden wie Unternehmen oder Stiftungen können sich auch semiprofessionelle Privatanleger beteiligen, die das Mindestinvestment aufbringen und über ausreichend Erfahrung im Anlagegeschäft verfügen.

Wird der Anlagebetrag auf einmal fällig?

Schneider-Sickert: Der Anleger zeichnet einen fixierten Betrag, der in Tranchen zu vorab nicht bekannten Zeitpunkten abgerufen wird. So lange kann das Geld in einem liquiden Portfolio angelegt und im Rahmen eines Administrationsvertrags zum Zeitpunkt des ­Kapitalabrufs von LIQID umgeschichtet werden. Dieser Prozess ist auf vier bis fünf Jahre angelegt.

Wie lange ist die Laufzeit, und wann können Anleger mit ersten Ausschüttungen rechnen?

Schneider-Sickert: Der gesamte Investmentzeitraum beträgt zehn bis zwölf Jahre. Private Equity eignet sich nur für Anleger, welche die eingesetzten Mittel über eine solche Dauer nicht benötigen. Erste Ausschüttungen erfolgen in etwa ab Jahr vier. Möglich ist dies, da ein Teil der Mittel in Secondaries investiert wird. Das sind Fonds, die schon länger laufen und deren Auflösung mittelfristig bevorsteht.

Welche Gebühren fallen an, und welche Renditen ­können Investoren erwarten?

Schneider-Sickert: Die Gebühren betragen bei einem Investment von 200.000 Euro 0,72 Prozent jährlich; bei Anlagen ab 500.000 Euro sind es 0,62 Prozent. Die Zielrendite liegt bei acht Prozent pro Jahr – nach allen Kosten und Gebühren.

Gibt es für den Fall, dass ein Investor das Geld doch vorzeitig benötigt, einen Zweitmarkt?

Schneider-Sickert: Einen formellen Zweitmarkt gibt es nicht. Sollte dieser Fall tatsächlich einmal eintreten, findet sich aber sicher ein Käufer, der die Anteile mit einem Abschlag übernimmt. Wir könnten dies dann für den Kunden organisieren.

Welcher Steuerbelastung unterliegen die Ausschüttungen bei den Investoren?

Schneider-Sickert: Juristische Personen erzielen gewerbliche Einkünfte. Veräußerungsgewinne, zum Beispiel aus dem Verkauf von Zielunter­nehmen, unterliegen für den Investor zu fünf Prozent der Körperschaftsteuer von 15,825 Prozent inklusive Soli­daritätszuschlag. Daraus ergibt sich momentan eine Körperschaftsteuerbelastung in Höhe von ungefähr 0,8 Prozent. Gewerbesteuer fällt auf Veräußerungsgewinne derzeit nicht an. Natürliche Personen deklarieren solche Einkünfte als gewerbliche Einkünfte. Dabei kommt das Teileinkünfteverfahren zum Tragen.Das heißt: 60 Prozent der Einkünfte werden mit dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert.

Gerade haben Sie ein neues Beteiligungsangebot aufgenommen: LIQID Venture. Worum geht es dabei?

Schneider-Sickert: Es geht um Start-ups. Nach einem vergleichbaren Prozess wie bei Private Equity wird dabei in Fonds investiert, die ein diversifiziertes Portfolio neuer Geschäftsmodelle aufbauen. Vorgängerfonds hielten etwa Anteile an Tesla oder Beyond Meat. Hier arbeiten wir mit den auf solche Fonds spezialisierten Experten des Family Office Lennertz & Co. zusammen. Eine Beteiligung ist ab 250.000 US-Dollar möglich, die Zielrendite liegt bei zehn bis 15 Prozent pro Jahr.

Hat Private Equity in der Öffentlichkeit nicht einen eher negativen Beigeschmack?

Schneider-Sickert: Die Heuschreckenthematik ist Vergangenheit. Unternehmen kaufen, mit Entlassungen die Kosten senken und dann verkaufen – das will heute niemand mehr. Bei Private Equity liegt der Fokus auf der langfristigen Verbesserung des Firmenwerts der übernommenen Unternehmen.

24.09.2020    Andreas Busch
  • Drucken
Zur Startseite