Ein Fragezeichen im Wald
17.05.2021    Ulrike Maris
  • Drucken

Überblick: nachhaltig investieren

Nachhaltig investieren ist groß im Kommen. Überhaupt investieren ist im Kommen. Allein im vergangenen Jahr hat sich die Zahl derer, die entweder direkt oder über Investmentfonds in Aktien anlegen, um 28 Prozent erhöht. 2020 ist die Zahl der Aktienanleger laut dem Deutschen Aktieninstitut auf 12,4 Millionen Anleger gestiegen. Tatsächlich finden sich unter den Neu-Aktionären und neuen Anlegern in Fonds auch zahlreiche junge Leute. Bei den Unter-30-Jährigen lag die Steigerungsrate sogar bei 70 Prozent. Und die haben Ansprüche an ihre Geldanlage, auch über die Rendite hinaus. Sie wollen nachhaltig und damit verantwortlich investieren. Sie wollen neben einem guten Gewissen einen wesentlichen ethisch-ökologischen Wert schaffen.

 

Es sind nicht nur die Fridays-for-Future- oder andere Umwelt-Aktivisten, die während der Corona-Krise unter die Investoren gegangen sind und nachhaltig investieren wollen. Die mit ihren nachhaltigen Geldanlagen etwas verändern wollen – und sei es „nur“ die Nachfrage nach umweltfreundlichen Geschäftsmodellen zu fördern. Schlagworte wie Sustainability,  socially responsible Investments oder Impact Investments liest man überall. Sustainable steht für nachhaltig, Impact Investing ist das wirkungsvolle Investieren, soweit so gut. Aber was genau bedeutet das?

Seit wann gibt es nachhaltige Fonds?

Tatsächlich haben nachhaltige Geldanlagen bereits eine lange Geschichte und sind nicht erst seit dem Pariser Klimaabkommen entstanden. Zum Beispiel die Quäker: Das ist eine religiöse Bewegung aus dem England des 17. Jahrhunderts, die sich über den Globus verbreitet haben. Sie vertraten und verteten ein sehr menschenfreundliches Weltbild. So verzichteten sie bereits im 18. Jahrhundert in Nordamerika auf eine Rendite aus Geschäften, die mit Waffenherstellung und Sklavenhandel zu tun hatten. Und schon 1928 wurde in Boston ein Pioneer Fund aufgelegt, der sogenannte sündhafte Investments ausschloss, also kein Geld anlegen wollte in Geschäfte mit Alkohol, Glücksspiel oder Tabak. Mit dieser Geldanlage ließ sich bereits nachhaltig investieren.

Wann ist Geld grün?

In der jüngeren Vergangenheit werden nachhaltige Geldanlagen weniger unter ethischen als unter ökologischen Umweltaspekten betrachtet. Auch dies hat Geschichte: So wurde der Begriff Nachhaltigkeit im Jahr 1713 vom sächsischen Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz eingeführt. Gemeint ist eine ökologische Forstwirtschaft, bei der nur so viel Holz aus einem Wald geerntet wird, dass es wieder nachwachsen kann. Es gibt zahlreiche Fonds, die auf diesen Aspekt der Nachhaltigkeit setzen und entsprechend investieren respektive Rendite erwirtschaften. Erst später wurden mit dem Kürzel ESG alle Aspekte der Nachhaltigkeit zusammengefasst: E (Environment) steht für die Umwelt, S (Social) für das Soziale, also die Gesellschaft und G (Governance) für die gute Unternehmensführung.

Wie nachhaltig sind nachhaltige Fonds?

Auch wenn viele Fonds damit werben nachhaltig zu investieren, ist es schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen. Denn die Bezeichnung als nachhaltige Geldanlage ist auch ein Marketinginstrument. Insofern sollten Investoren bei der Wahl ihrer Anlage schon unterscheiden, inwiefern das Thema Nachhaltigkeit verfolgt wird, und entsprechende Informationen einholen. Eine Orientierung bietet etwa das unabhängige FNG-Siegel. Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) bewertet regelmäßig Fonds etwa hinsichtlich der angewendeten ESG-Kriterien. Ein solches Siegel schafft zudem Vertrauen für die Anlage.

Wie wirken sich im Einzelnen nachhaltige Investments auf den Geldbeutel aus?

Positiv – mit nachhaltigen Anlagen lassen sich tendenziell die höheren Renditen erzielen, wie zahleiche Studien belegen. Auch die laufenden Kosten liegen bei nachhaltigen nicht zwingend höher als bei herkömmlichen Fonds. Kein Wunder, dass die Nachfrage nach Geldanlagen mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit regelmäßig stark steigt – bei privaten und noch mehr bei institutionellen Investoren. Ende 2019 betrug das Volumen in deutschen nachhaltigen Geldanlagen 269,3 Milliarden Euro. Allein Nachhaltigkeitsfonds verwalteten 172,6 Milliarden Euro.

Fonds oder ETF – was ist nachhaltiger?

Zunächst die Grundlagen: Ein Fonds investiert in Aktien oder Anleihen, die das Fondsmanagement nach ökologischen, ethischen und natürlich weiteren wirtschaftlichen Aspekten ausgewählt hat. Neben nachhaltigen Fonds stehen Anlegern auch nachhaltige ETFs zur Verfügung. ETF steht für Exchange Traded Fund, es handelt sich dabei um Fonds, die einen bestimmten Index, etwa den MSCI World oder den Dow Jones nachbilden, also Indexfonds. Der Vorteil von ETFs gegenüber Fonds ist die geringere Verwaltungsgebühr. Der Nachteil insbesondere bei nachhaltigen ETFs: Sie können nicht alle Strategien des nachhaltigen Investierens abbilden, beispielsweise das Impact Investing. Andere Strategien lassen sich gut auch mit  Anlagen wie ETFs abbilden.

Ein Überblick über verschiedene Strategien, wie nachhaltige Fonds ihre Gelder anlegen:

1. Ausschlusskriterien

Dies entspricht dem Vorgehen der Quäker von vor 200 Jahren. Heute orientieren sich nachhaltig ausgerichtete Fondsgesellschaften zum Beispiel an den zehn Prinzipien des UN Global Compact. Das sind etwa Armut, Kinderarbeit, Korruption oder Wasserverschmutzung. Aktien von Unternehmen, die gegen diese Prinzipien verstoßen, dürfen nicht ins Portfolio. Andere schließen Atomkraft, Waffen, Drogen oder fossile Brennstoffe aus. Schließlich gibt es auch nachhaltige Indizes, die sich mit einen ETF abbilden lassen, etwa Unterindizes wie der Dow Jones Sustainability Index.

2. Best-in-Class

Hier sind die Fondsgesellschaften nicht daran gebunden, bestimmte Bereiche der Wirtschaft auszuschließen, im Gegenteil: Ob Automobilhersteller oder Ölgesellschaft: Eingang in den Aktienfonds finden die Papiere jener Firmen, die im Branchenvergleich am nachhaltigsten abschneiden. So können Investoren auch in kontroverse Technologien anlegen, die bisher als noch unverzichtbar oder als Brückentechnologie gelten.

3. Engagement

Dies ist ein Ansatz, der sich nicht für ETFs, auch nicht für nachhaltige ETFs eignet, wohl aber für aktiv gemanagte Fonds. Das Management nutzt seine starke Position als langfristiger Investor und tritt mit der Unternehmensführung in einen Dialog. Auf diese Weise versucht der Fondsmanager, Einfluss auf eine noch nachhaltigere Unternehmensführung zu nehmen, die etwa darin besteht, die CO2-Bilanz zu verbessern. Sein Druckmittel, falls er auf taube Ohren stößt: Er entzieht dem Unternehmen das Geld wieder und investiert es woanders.

4. Integration

Dies bedeutet schlicht, dass das Fondsmanagement neben der üblichen Finanzanalyse im Vorfeld einer Investition auch ESG-Kriterien mit einbezieht. Aktiengesellschaften sind dazu verpflichtet, neben einem Geschäftsbericht auch einen Bericht über ihre nachhaltigen Aktivitäten zu verfassen.

5. Impact Investments

Diese Strategie des Impact Investing eignet sich für aktiv gemanagte nachhaltige Aktienfonds. Der Impact besteht darin, durch das investierte Kapital für neue Aktivitäten zu sorgen, die beispielsweise den 17 Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen entsprechen, also die Bekämpfung von Armut oder menschenunwürdigen Arbeitsverhältnissen und so weiter. Mikrokredite, die neue Projekte finanzieren, sind solche nachhaltigen Investments, die sich durch Impact Investing umsetzen lassen. Dieser wie auch das Engagement sind entwicklungsorientierte Ansätze.

6. Themenfonds

Dies sind Nachhaltigkeitsfonds, die sich weder an einem Index wie dem MSCI World, dem Dow Jones oder dem Euro Stoxx orientieren, sondern sie legen das Geld an in Unternehmen einer spezifischen Branche, die als grün gilt. Dies können Themen wie Wasser, alternartive Antriebe oder erneuerbare Energien sein. Das Risiko für Investoren liegt bei solchen Fonds etwas höher, da die Anlage weniger breit gestreut ist – auch wenn weltweit investiert wird und große Unternehmen sich genauso wie börsennotierte Start-ups im Portfolio befinden können.

Einige von diesen Strategien, etwa Integration oder Ausschlusskriterien, lassen sich auch von nachhaltigen ETFs abbilden. So gibt es für jeden großen Länder-Index wie etwa den FTSE, den Dax oder den globalen MSCI besondere Sub-Indizes: etwa den MSCI ex Controversial Weapons, den FTSE ESG Low Carbon Select oder den Dax-50-ESG-Index. In jeden dieser Indizes kann mithilfe von nachhaltigen ETFs angelegt werden.

Solange Anleger den Eindruck haben, dass das Transparenzgebot nicht nur für die Unternehmen gilt, deren Aktien im Fonds stecken, sondern auch für die Anlage selbst, können sie wenig falsch machen beim Investieren.

17.05.2021    Ulrike Maris
  • Drucken
Zur Startseite