Fördergelder

Wie Mittelständler digitale Projekte richtig finanzieren

Digitalisierung – für lange Zeit das unbekannte Wesen. Gerade im Mittelstand. Nun aber gibt es vielerorts endlich konkrete Vorhaben. Für deren Umsetzung braucht es frisches Kapital. Und das muss nicht zwingend von der Hausbank stammen.

10.06.2019

Weltweit steht der deutsche Mittelstand für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation. Doch die Förderbank KfW attestiert ihm Nachholbedarf in dem aktuell wohl wichtigsten Bereich: der Digitalisierung. „Der Grad der Digitalisierung ist in mittelständischen Unternehmen bei Weitem nicht so hoch, wie man ihn aufgrund der öffentlichen Debatte hätte erwarten können“, heißt es in einer Analyse der KfW-Volkswirte. Einen Grund liefert die Studie „Finanzierungsmonitor 2019“ der TU Darmstadt in Zusammenarbeit mit dem Mittelstandsfinanzierer creditshelf: Zwei von drei mittelständischen Unternehmen befürchten, dass die digitale Transformation ihren Betrieb finanziell überfordern könnte. Insbesondere die Dienstleister blicken angespannt in die digitale Zukunft.

So droht dem Mittelstand bei der Transformation das Geld auszugehen. „Unter den Dienstleistern befürchten besorgniserregende 71 Prozent der Unternehmen, dass ihnen mitten im digitalen Umbruch die finanzielle Kraft ausgehen könnte“, sagt Dr. Daniel Bartsch, Vorstand von creditshelf. Denn seit der Finanzkrise neigen Banken dazu, schnelle und unbesicherte Kredite seltener an kleine und mittlere Unternehmen auszugeben.

Es führt kein Weg daran vorbei, bei Digitalisierungsprojekten auch abseits der klassischen Kreditgeber nach neuen, innovativen Finanzierungspartnern zu suchen.

Partner für Digitalisierungsprojekte

Auch wenn sich gerade Mittelständler in der Vergangenheit in schwierigen Phasen immer wieder erfolgreich auf ihre Innovationskraft besannen, könnte es dieses Mal anders laufen. „Es geht aktuell eben nicht darum, vorhandenes Know-how zu reaktivieren, sondern neues, zum Teil branchenfremdes Wissen aufzubauen“, gibt Bartsch zu bedenken. Während Banken und Sparkassen in vordigitalen Zeiten greifbare Güter wie Gabelstapler oder Werkshallen finanzierten und entsprechende Sicherheiten erhielten, werden sie heute meist um Geld für die Qualifizierung von Fachkräften, für Software oder Vernetzung angegangen. Weg vom Materiellen hin zum Immateriellen.

Finanzwelt muss sich wandeln

Das Problem: Kluge Köpfe und Ideen sind wichtig, aber eben auch schwer greifbar und oft riskante Wetten auf die Zukunft. Klassische Firmenkredite helfen da selten weiter, weil die vorherrschenden Regeln beim Ratingverfahren den Aspekt der Digitalisierung nicht oder nur ungenügend fassen. „Da die Unternehmen dabei nicht auf Zeit spielen sollten, führt kein Weg daran vorbei, bei Digitalisierungsprojekten auch abseits der klassischen Kreditgeber nach neuen, innovativen Finanzierungspartnern zu suchen“, sagt Bartsch. Die Konsequenz: Viele Mittelständler machen bei Digitalprojekten einen Bogen um die Hausbank.

Laut KfW finanzieren Unternehmen Digitalisierungsvorhaben aktuell zu 77 Prozent aus laufenden Einnahmen. „Bankkredite spielen mit vier Prozent eine untergeordnete Rolle.“ Denn der innovative Charakter von Digitalprojekten macht es externen Kapitalgebern vielfach schwerer, Chancen und Risiken der Investition zu beurteilen. Banken tun sich schwer, Digitalisierungsvorhaben mit attraktiven Finanzierungen zu unterstützen und gleichzeitig die eigenen Risiken im Blick zu behalten. Trotzdem muss sich die Finanzwelt dieser Aufgabe stellen und die Firmen auf ihrem Weg in die digitale Zukunft begleiten. Die KfW geht mit gutem Beispiel voran und bietet zwei Innovationsförderungen um den Schwerpunkt Digitalisierung an: den „ERP-Digitalisierungs- und Innovationskredit“ und den „ERP-Mezzanine für Innovation“.

Bremst der Boom die Digitalisierung?

Der dem Mittelstand seit Langem gemachte Vorwurf, dass die Unternehmen im jahrelangen Konjunkturhoch mit gut gefüllten Auftragsbüchern zu wenig an die Zukunft denken würden, wird zumindest vom „Finanzierungsmonitor 2019“ widerlegt: Drei Viertel der für die Studie befragten Finanzentscheider räumen dem Thema Digitalisierung in ihrer Investitionsplanung eine wichtige oder sogar sehr wichtige Bedeutung ein. „Gerade für Mittelständler war der anhaltende wirtschaftliche Boom in den vergangenen Jahren Fluch und Segen zugleich“, hat Professor Dirk Schiereck von der TU Darmstadt beobachtet, der den „Finanzierungsmonitor“ wissenschaftlich begleitet. „Denn wenn ein Unternehmen bereits an der Grenze seines Kreditrahmens arbeitet, um Projekte und Aufträge vorzufinanzieren, bleibt trotz bester Absichten für Investitionen in die Zukunft oft schlichtweg zu wenig finanzielle Luft.“

Akteure müssen zusammenarbeiten

Trotz vieler positiver Entwicklungen – die Digitalisierung bleibt eine Mammutaufgabe. Dies gilt für die Unternehmen, die in der Breite noch stärker in den technologischen Wandel investieren müssen. Dies gilt aber auch für die Finanzwelt, die sich wie kaum eine andere Branche in einem strukturellen Umbruch befindet. „Deutschland verfügt über wichtige Stärken, einen starken Mittelstand und eine gesunde Innovationskultur eingeschlossen. Aber es gibt auch vieles, was wir noch besser machen können. Die Herausforderungen der Digitalisierung angehen und die Zukunftschancen neuer Technologien nutzen – dies wird uns nur im Zusammenspiel aller Akteure gelingen“, sagt Günther Bräunig, Vorstandsvorsitzender der KfW Bankengruppe.