Bitcoin & Co.

Kryptowährungen: „Rattengift“ oder wertvoll wie Gold?

Immer mehr Sparerinnen und Sparer interessieren sich für Bitcoin, Ethereum oder Tether, also Kryptowährungen. Manche, wie Wall-Street-Legende Warren Buffett, halten sie für eine Art gefährliches Spielgeld, andere setzen sogar für die Altersvorsorge auf die digitalen Zahlungsmittel. Worum es bei Bitcoin & Co. tatsächlich geht.

Eine digitale Benutzeroberfläche als Symbol für Kryptowährung

05.03.2025

Der Mann mag deutliche Worte: „Selbst wenn Sie mir sagen würden, dass Sie alle Bitcoins der Welt besitzen und mir für 25 Dollar verkaufen würden, würde ich das ablehnen", sagte Warren Buffett, multimilliardenschwere Investmentlegende und Gründer der US-Holding Berkshire Hathaway vor rund drei Jahren auf einer Versammlung seiner Aktionäre. Schon zuvor hatte er den Bitcoin als „Rattengift hoch zwei“ bezeichnet. Ganz so ernst mag er das allerdings nicht gemeint haben. Immerhin investierte er unter anderem in die brasilianische Nu Holdings mit ihrer Nubank, eine Neobank, die einen guten Teil des Gewinns durch den Handel mit Kryptowährungen erwirtschaftet.

Konkurrierende Geldinfrastrukturen

Worum handelt es sich etwa bei Bitcoin oder Ethereum? „Es sind digitale Güter mit einer kryptographisch gesicherten Knappheit. Man kann beide als Geldinfrastrukturen ansehen, die von den Marktteilnehmern genutzt werden können oder eben auch nicht“, sagt Professor für Finance Christian Rieck von der Frankfurt University of Applied Sciences, der unter anderem zwei Bücher zu der Thematik verfasst hat (siehe Interview unten).

Sagenhafte Preisentwicklung bei Kryptowährungen

Die Geschichte des Bitcoin reicht in das erste Jahrzehnt dieses Jahrhunderts zurück. Wer die Währung erfand, ist ungewiss. Bei der Stuttgarter Börse heißt es: „Erfunden wurde sie 2007 von einer Person oder einer Gruppe mit dem Namen ‚Satoshi Nakamoto‘, seit 2009 wird sie genutzt. Wer sich hinter dem Pseudonym versteckt, blieb bislang im Dunkeln.“ Anfangs wurde die digitale Währung nicht gehandelt, der Startpreis beruhte auf den Kosten der Erzeugung und wird je nach Quelle unterschiedlich angegeben, lag aber wohl bei circa 0,006 bis 0,008 Dollar. Zum Vergleich: Zuletzt notierte der per Blockchain gehandelte Bitcoin etwas über 80.000 Dollar, nach einem Hoch von fast 110.000 Dollar. Die Marktkapitalisierung aller bislang erzeugten Bitcoin lag Ende Februar bei knapp 1,6 Billionen Dollar.

Donald Trump bewegt die Kurse

Die jüngsten Ausschläge des ohnehin erratischen Bitcoin-Kurses waren vor allem US-Präsident Donald Trump geschuldet. Als der im Umfeld seiner Wiederwahl davon sprach, Kryptowährungen als Bestandteil der Währungsreserven der amerikanischen Zentralbank Fed sehen zu wollen, zogen die Kryptokurse kräftig an. Als sich Enttäuschung breitmachte, weil den Worten keine Taten folgten, brach etwa der Bitcoinkurs kräftig ein. Zudem wurde Ende Februar ein Diebstahl der Kryptowährung Ethereum bei der Kryptobörse Bybit in Dubai bekannt – im Wert von rund 1,4 Milliarden Euro. Das ließ manche Investorinnen und Investoren an der Sicherheit von digitalen Währungen zweifeln.

Im Gleichschritt mit den Börsen

Als Trump Anfang März dann bekanntgab, dass er eine Arbeitsgruppe für digitale Vermögenswerte einrichtet, die seine Kryptopläne prüfen solle, sprangen die Kurse wieder an. Übrigens: Fachleute vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) rieten kürzlich in einer Studie davon ab, dass Zentralbanken Bitcoin als Währungsreserve oder zur Stabilisierung von Aktienportfolios von nutzen. „Anders als Gold bietet Bitcoin jedoch keinen sicheren Hafen. Denn Bitcoin verhält sich in Krisenzeiten ganz anders als Gold. Sein Kurs fällt typischerweise, wenn auch die Aktienmärkte sinken,“ schreibt Alexander Kriwoluzky, Leiter der Abteilung Makroökonomie im DIW Berlin.

Vielfältige Wege für Kryptoinvestments

Wer trotz der heftigen Schwankungen etwa in Bitcoin investieren möchte, hat mittlerweile eine Fülle von Wegen zur Auswahl – auch ohne sich eine digitale Brieftasche („Wallet“) zur Aufbewahrung von Bitcoin zulegen zu müssen. So besteht etwa die Möglichkeit, mit sehr überschaubaren Einsätzen per Zertifikaten auf die Kryptowährung zu setzen. Auch über ETP (Exchange Traded Products) oder ETN (Exchange Traded Notes) ist dies möglich, wobei es dann gegebenenfalls das Emittentenrisiko – die Gefahr, dass der Herausgeber des Papiers pleitegeht – zu beachten gilt.

Interessante Verbindungen

Manche Angebote verbinden die Edelmetallwelt mit jener der digitalen Währungen. So etwa der Incrementum Crypto Gold Fund der Investmentgesellschaft Incrementum aus Schaan in Liechtenstein (ISIN LI1100044299). Die Macher schreiben: „Der Fonds investiert in Wertpapiere mit den Themenschwerpunkten Edelmetalle und Kryptowährungen. Die Strategie bietet ein liquides, alternatives Investment, und kombiniert die ältesten Assetklassen Gold und Silber mit den vielversprechendsten, innovativsten Kryptowährungen.“

Junge Bundesbürger offen für Kryptowährungen

Trotz aller Chancen und vielfältigen Investmentofferten neigen die Bundesbürgerinnen und -bürger bei Kryptowährungen allerdings (noch) zum Fremdeln. Wie eine Umfrage des Vergleichsportals Verivox jüngst erbrachte, kann sich nur ein Viertel der Befragten grundsätzlich vorstellen, heute und in Zukunft „eigenes Geld“ in Bitcoin zu investieren. Und nur neun Prozent der 1.013 Befragten haben aktuell in Bitcoin investiert. Das könnte sich allerdings ändern: „In der jüngsten Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen kommt eine Investition hingegen nur noch für 29 Prozent generell nicht in Frage,“ heißt es im Erhebungsbericht.

Professor für Finance Christian Rieck über digitales Geld

Prof. Christian Rieck

Christian Rieck ist Professor für Finance an der Frankfurt University of Applied Sciences und durch zahlreiche Veröffentlichungen zu Spieltheorie und Finanzen bekannt. Auch außerhalb der Fachkreise kennt man ihn als YouTuber zur Spieltheorie

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Wie kam es zu der Bezeichnung „Kryptowährung“?

Professor Christian Rieck: Der Bitcoin ist als ein Peer-to-Peer-Bezahlnetzwerk gestartet, bei dem nicht mit herkömmlichem Geld bezahlt wird, sondern mit einem digitalen „Coin“, eben dem Bitcoin. Da ein wesentliches Merkmal der Blockchain von der Verschlüsselungstechnik übernommen wurde, lag es nahe, die beiden Begriffe Krypto und Geld zu verbinden. In der Erstveröffentlichung zum Bitcoin gab es diese Bezeichnung noch nicht. Der Charakter der Krypto-„Währung“ hat sich seitdem aber deutlich gewandelt. Viele empfinden es heute eher als ein Asset zur langfristigen Investition denn als Geld.

Was genau ist ein Bitcoin oder ein Ethereum?

Rieck: Es sind digitale Güter mit einer kryptographisch gesicherten Knappheit. Im Detail sind die beiden allerdings sehr unterschiedlich konstruiert und es wird sich erweisen, ob sich beide Konzepte parallel durchsetzen. Man kann beide als Geldinfrastrukturen ansehen, die von den Marktteilnehmern genutzt werden können oder eben auch nicht. Hervorstechendes Merkmal ist, dass sie vergleichsweise wenig Zentralisierung aufweisen und unabhängig von Zentralbanken bestehen.

In Ihrem neuen Buch „Fürstengeld, Fiatgeld, Bitcoin: Wie Geld entsteht, einen Wert bekommt und wieder untergeht“ vergleichen Sie Formen von Zahlungsmitteln. Wie unterscheiden sich Krypto- von Fiat-Währungen, die von Zentralbanken ausgegeben werden? Beide funktionieren doch nur, solange Hoffnung besteht, dass sie auch morgen noch einen Wert darstellen ...

Rieck: Geldtheorie ist spannend wie ein Krimi. Aber es ist einer mit ziemlich kompliziertem Plot. Es ist ein verbreitetes Missverständnis, dass Fiatgeld aus dem Nichts entsteht und deshalb völlig losgelöst von der Wirtschaft sei. Bei einem gut funktionierenden Geldsystem steht jeder im Umlauf befindlichen Geldeinheit auch ein realer Wert gegenüber. In Ihrer Frage steckt zudem die Verwechslung von Preis und Wert. Das sind zwei unterschiedliche Dinge, und methodisch ist der Wert losgelöst vom Preis. Das ist aber eine längere Geschichte, für die ich ja das Buch geschrieben habe (lächelt). Das passt leider nicht in eine kurze Antwort.

Eignen sich Kryptowährungen für Private zur Geldanlage, und wenn ja, welche?

Rieck: Hier stoßen wir auf das nächste Phänomen: Krypto-„Währungen“ waren ursprünglich nie zur Geldanlage gedacht. Es liegt aber in der Natur der Konstruktion des Bitcoin, dass sein Preis – ausgedrückt in Fiatgeld – steigt, sofern mehr Personen die damit geschaffene Infrastruktur in Anspruch nehmen wollen. Insofern ist es ein Asset durch die Hintertür. Um die Frage konkret zu beantworten: Bitcoin hat sich so gut etabliert, dass derzeit nicht von einem Totalverlust auszugehen ist. Aus theoretischer Sicht eignet es sich durchaus zur Beimischung in einem Portfolio. Kauft man es hingegen für einen Großteil seines Vermögens, investiert man nicht, sondern betreibt Glückspiel. Das kann man tun und man kann auch Glück haben, es ist dann aber eben keine Investition mehr.

Halten Sie es für möglich, dass Bitcoin eines Tages den Stellenwert eines „sicheren Hafens“ wie Gold erlangt?

Rieck: Ja, das ist möglich. Es ist leichter zu transportieren und zu sichern als Gold. Allerdings ist noch nichts über die „Haltbarkeit“ bekannt. Im Augenblick weiß noch niemand, wie sich der Bitcoin entwickelt, wenn er praktisch nicht mehr geschürft werden kann, weil der Block-Reward zu klein geworden ist. Der Übergang zu reinen Transaktionsgebühren kann derzeit nur theoretisch untersucht werden, und da gibt es sehr unterschiedliche Theorien.

Kryptowährungsfans begrüßten den Wahlsieg Donald Trumps, der als Befürworter von Bitcoin sogar dessen Aufnahme als Währungsreserve der US-Notenbank propagiert – werden die Wertzuwächse des Bitcoin nach der Präsidentschaftswahl nachhaltig bleiben?

Rieck: Der langfristige Preis des Bitcoin hängt davon ab, ob sich diese Infrastruktur durchsetzt. Wenn also eine große Volkswirtschaft wie die USA in diese Richtung gehen, erhöht das sicherlich auch langfristig den Preis. Sollte sich das aber als Flop erweisen, kann es genauso schnell wieder runtergehen. Es bleibt dabei: Letztlich ist Bitcoin eine Spekulation auf eine bestimmte Geld- und Wertinfrastruktur der Zukunft. Ob sie von immer mehr Marktteilnehmern angenommen wird, wissen wir heute schlichtweg nicht, auch wenn sich das für viele Marktteilnehmer subjektiv anders anfühlt.

Jüngere Anlegende setzen verstärkt auf Krypto-Neuauflagen wie Doge, $trump oder $melania. Wie beurteilen Sie diesen Hype?

Rieck: Ich habe so viele Hypes dieser Art kommen und gehen gesehen, dass ich davon nichts halte. Der Nutzen von Kryptowährungen hängt von deren Verbreitung ab. Die Theorie dahinter ist die der „Koordinationsspiele“. All die Neuaufsteiger müssten einen ungeheuren Vorteil gegenüber den bestehenden Konzepten haben, um sich gegen eine bestehende Verbreitung durchsetzen zu können. Das ist derzeit nicht der Fall. Deshalb haben diese Projekte eher den Charakter von Pump and Dump. Auch Bitcoin und Ethereum können nur deshalb nebeneinander bestehen, weil sie unterschiedliche Vor- und Nachteile haben.

Buchtipps

Es gibt Bitcoin-Jünger und Bitcoin-Hasser. Doch wieso sind die meisten Argumente für und wider Bitcoin falsch? „Der Bitcoin-Gelduntergang“ stellt beide Seiten gleichberechtigt dar und arbeitet die versteckten Voraussetzungen heraus, unter denen die jeweilige Position Sinn ergibt. Preis: 18 Euro (Taschenbuch), 38 Euro (gebundenes Buch).

 

 

 

 

 

 

Es gibt drei Arten von Geld: Fürstengeld, Fiatgeld und Knappheitsgeld. Sie werden häufig verwechselt. Die drei Geldkonstruktionen existieren nun gleichzeitig. Professor Riecks' Buch erklärt die Unterschiede und welches Geld für wen von Vorteil ist. Erscheinungstermin: 25.3. 2025. Preis: 18 Euro.