Bungee-Springen, Bigwave-Surfen oder Kryptoinvesting – alles drei verspricht ungefähr das gleiche Maß an Nervenkitzel. Anfang 2021 stand etwa Ether bei gut 1.000 Euro, im Mai waren es schon 3.500. Dann der Rücksetzer auf 1.500 – und dann wieder ein Aufbäumen auf rund 4.000 Euro. Eben wie beim Bigwave-Surfen: Riesenklopper, gefolgt vom Brechen der Welle.
Super für den, der die Welle bekommt. Aber von der nächsten Welle kräftig durchgewaschen zu werden, gehört eben auch dazu. Der einfache und stetige Weg zu Wohlstand; er führt also nicht über Kryptowährungen. Entsprechend unterschiedlich lesen sich die Meinungen der Finanzprofis.
Bei Goldman Sachs ist man zum Beispiel der Meinung, bei Ether sei auch ein Kurs von 8.000 Dollar drin.
Wertschwankungen müssen nicht schlecht sein
Hierzulande setzen Vermögensverwalter wie Hendrik Leber schon seit geraumer Zeit auf das Krypto-Thema. „Schwankungen im Wert von Kryptowährungen müssen nichts Schlechtes sein – besonders dann nicht, wenn sie nicht mit Aktien oder anderen klassischen Anlageklassen korrelieren“, sagte er gegenüber „fondsprofessionell“.
Einem Verdammnisurteil gleich kommt dagegen die Einschätzung von Wallstreet-Legende Mark Mobius: Kryptowährungen seien eine Religion, kein Investment. Und mit Jon Cunliffe mahnt der Vizegouverneur der Bank of England, der „Großteil dieser Vermögenswerte hat keinen intrinsischen Wert und ist daher anfällig für große Preiskorrekturen“.
Kaufen – oder kneifen?
Für Privatanleger lässt das viele Fragen offen. Investibel sind sie. „Kryptowährungen sind eine Assetklasse, die unseren besonders erfahrenen und aufgeklärten Selbstentscheidern bereits heute über ETN, also die Exchange Traded Notes, zugänglich ist“, heißt es etwa von einem Sprecher der ING. Darüber hinaus plane man momentan keine weiteren Angebote in diesem Bereich. Ein Massenphänomen sind „Kryptos“ derzeit tatsächlich noch nicht. In Nigeria 32 besitzen Prozent der Menschen Kryptowährungen, in Deutschland sind es nur 5 Prozent.
Eine der Ursachen dafür dürfte in der Volatilität liegen – also den Schwankungen von Bitcoin, Ether, Tether & Co. Zu diesem Ergebnis kommt etwa eine Erhebung des Krypto-Dienstleisters Fidelity Digital Assets. Entsprechend stark ist daher ein Phänomen, dessen Begriff Legal & General Investment Management (LGIM) im Jahresausblick für thematische Investments prägte: FOJI, die fear of joining in. Die Sorge also vor dem Einstieg, genauer: beim Einstieg noch den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Es geht um die Frage, ob der Markt das Beste schon hinter sich gebracht habe.
Die Helaba hat in ihrem Ausblick zu Papier gebracht, was Krypto-Freunde wie -Gegner gleichermaßen für das Jahr 2022 erinnern sollten: „Die Wachstumspotenziale der Tokenisierung von Sachwerten sind enorm. Die damit verbundenen Chancen gilt es im Blick zu behalten, ebenso wie die Risiken, zu denen insbesondere die Informationsasymmetrie zählt.“
Endlich erwachsen sind Kryptowährungen damit auch 2022 vermutlich nicht. Aber etwas erwachsener.