Wer bei der Auswahl des richtigen Fonds oder der richtigen Aktie ein glückliches Händchen beweist, tut nicht nur sich, sondern auch dem Finanzamt einen großen Gefallen. Denn egal, ob ein hoher Kursgewinn beim Verkauf, eine erkleckliche Dividendenzahlung oder respektable Zinserträge – die Beamtinnen und Beamten vom Finanzamt halten dabei gerne die Hände auf. Immerhin meldete das Bundesministerium der Finanzen für das vergangene Jahr Steuereinnahmen in Form von Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge in Höhe von rund 8,4 Milliarden Euro.
Für das Jahr 2023 wurden beeindruckende 57,2 Millionen Meldungen – Einzel- und Gemeinschaftsmeldungen – über tatsächlich freigestellte Kapitalerträge durch Verpflichte an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) übermittelt. Zum Kreis der Verpflichteten gehören neben Kreditinstituten auch Genossenschaften und andere Kapitalgesellschaften. Den Meldungen lässt sich allerdings nicht entnehmen, welche Kapitalerträge (Zinsen, Dividenden) durch den Verpflichteten von einer Besteuerung freigestellt wurden, teilt das BZSt mit.
Häufiger Fehler des Vergessens
Wer sein erstes Wertpapierdepot eröffnet, sollte deshalb unbedingt seiner Bank oder seinem Brokerhaus einen Freistellungsauftrag erteilen. Sie werden damit instruiert, Erträge im Rahmen des Sparer-Pauschbetrag von aktuell 1.000 Euro jährlich ohne Steuerabzug gutzuschreiben. Erfolgt dieser Auftrag nicht, zieht die Bank automatisch 25 Prozent etwa von sämtlichen Veräußerungsgewinnen zwischen Anfang Januar und Ende Dezember ab. Und bei dem „Viertel für den Staat“ bleibt es noch lange nicht. Obendrauf kommen noch Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Umso wichtiger ist es, auch für schon länger am Kapitalmarkt aktive Sparende, zu prüfen, ob ein Freistellungsauftrag erteilt oder dies versäumt wurde. Ein häufiger Fehler von Anlegenden, wie Steuerexperte Stefan Buschmann aus Hamburg die Erfahrung zeigt. Dann bleibt nur der Weg über die Einkommensteuererklärung, um sich den Freibetrag zurückzuholen.
Wertpapiere: An die ganze Familie denken
Der Bankenverband wies gerade darauf hin, dass für zusammenveranlagte Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften der doppelte Freibetrag gilt, der flexibel aufteilbar ist: „Auch für Einzelkonten oder -depots, die nur auf den Namen eines Partners lauten, kann ein gemeinsamer Freistellungsauftrag erteilt werden. So können Sie bis zu 2.000 Euro Zinsen, Dividenden et cetera pro Jahr steuerfrei vereinnahmen.“
Übrigens: Auch für Kinder mit Depot, die noch nicht die Volljährigkeit erreicht haben, kann ein Freistellungsauftrag über je 1.000 Euro pro Jahr gestellt und muss von den gesetzlichen Vertretern unterschrieben werden. Das kann sich durchaus lohnen, beispielsweise wenn Eltern oder Großeltern einen Wertpapiersparplan für den Nachwuchs eingerichtet oder Aktien respektive Fonds auf sie übertragen haben.
Kapitalerträge können auch total steuerfrei sein
Ein weiterer Tipp des Bankenverbands: „Wer aufgrund geringer Einkünfte keine Einkommensteuer zahlt, unterliegt nicht der Abgeltungsteuer und kann beim Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheinigung beantragen. Derzeit beträgt der Grundfreibetrag 11.604 Euro pro Jahr zuzüglich des Sonderausgaben-Pauschbetrags in Höhe von 36 Euro.“ Wenn die Bank die Bescheinigung – die meist für drei Jahre gilt – erhalten hat, zahlt sie Kapitalerträge bis zu dieser Grenze ohne Steuerabzug aus, auch wenn der Sparer-Pauschbetrag damit überschritten wird. Die entsprechenden Formulare gibt es beim Finanzamt oder auf den Webseiten der Finanzverwaltung, so der Bankenverband.
Vorteil für die Altvorderen am Markt
Glücklich kann sich schätzen, wer schon vor vielen Jahren investierte. Fachanwalt für Steuerrecht Buschmann: „Wurden Aktien vor 2009 erworben, dann ist deren Veräußerung unverändert steuerfrei. Wurden Investment-Anteile vor 2009 erworben, dann sind die Wertveränderungen ab 2018 – im Zeitpunkt des Verkaufs – steuerpflichtig, soweit diese den Freibetrag von 100.000 Euro übersteigen – die Wertsteigerungen bis einschließlich 2017 bleiben also steuerfrei“ (siehe Interview unten). Davon profitieren womöglich auch Erben oder etwa von Verwandten beschenkte. Buschmann: „Der Erwerber führt die Anschaffungskosten des Übergebers fort – das ist die sogenannte ‚Fußstapfen-Theorie‘ – und muss im Falle einer späteren Veräußerung die Differenz zwischen Veräußerungspreis und fortgeführten Anschaffungskosten regulär versteuern. Die Erbschaft- oder Schenkungsteuer greife aber gänzlich unabhängig von dieser Gewinnbesteuerung – nur auf Basis des übergegangenen Vermögens, so der Steuerfachmann.
Ungeduldiger Fiskus
Für die Fondsfans unter den Anlegenden, die Anteile von Investmentprodukten halten, die Gewinne nicht (thesaurierende Fonds) oder nur beschränkt ausschütten, gilt eine weitere Sonderregel: Die Vorabpauschale. Diese orientiert sich am jeweiligen Basiszins und wird seit 2019 am Jahresanfang erhoben. „Für 2024 beträgt sie etwa 1,6 Prozent“, so der Bankenverband. Der Fiskus will eben einfach nicht warten, bis sich Anlegende eines Tages von ihren Fondsanteilen trennen.