Warum Crashpropheten Ihr Vermögen gefährden
06.05.2022    Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun
  • Drucken

Im Regelfall stützen sich die Propheten auf eher simpel gestrickte Argumente, die tief verwurzelten narrativen Mustern folgen und somit das Denken ersparen:

  1. Dunkle Bedrohung und finstere Mächte
  2. Nur der Prophet erkennt die Gefahr und versucht, die Menschen zu warnen
  3. Das Establishment verlacht den Propheten, denn es ist Teil einer riesigen Verschwörung
  4. Nur wer dem Propheten glaubt, wird gerettet

Kolumne Stefan Heringer und Dr. Nikolaus BraunDie Erzählung von den angeblichen Wirtschaftsweisen und der EZB als finsterer Macht, die mit dem „hemmungslosen Gelddrucken“ die Menschen enteignen, die ohnehin nur durch Lichtgestalten wie Müller, Friedrich und Co. gerettet werden können, hat daher dieselbe Struktur wie die Hollywood-Klassiker „Der weiße Hai“ und „Alien“ oder die alttestamentarische Geschichte von Sodom und Gomorra. Praktisch: Dass die Fachwelt die Crashpropheten belächelt, wird so zu einem Pluspunkt. Je härter der Gegenwind, umso entschlossener und strahlender der Prophet.

Das wäre an sich ganz fein. Sie sollten sich allerdings merken: Je runder die Geschichte, umso schlechter die Analyse und umso desaströser die Anlageergebnisse.

Crashpropheten im Faktencheck

Schauen wir uns kurz die wichtigsten Thesen der Crashpropheten an.

1. These: Die Krisenverursacher – also „primär“ die Banken – sind die Krisengewinner.

Fakt: Das ist geradezu drollig. Die These speist sich rein aus der Logik einer „internationalen Verschwörung“, die eher zu den Jahren 1933 bis 1945 passt als in das Jahr 2022. Tatsache ist: Kaum eine Branche ist seit 2008 so unter die Räder gekommen wie die Finanzbranche.

2. These: Deutschland hat völlig aus dem Ruder gelaufene Schulden. Der Nullzins hält sie künstlich am Leben.

Illustration Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

Dr. Nikolaus Braun und Stefan Heringer sind die Gründer der Neunundvierzig Honorarberatung. Ihre Kernkompetenz ist die langfristige Begleitung Ihrer Mandanten rund um die Frage wie Vermögen Lebensqualität schaffen kann. Als Vermögensverwalter der Deutschen Wertpapiertreuhand stehen sie für finanzwissenschaftlich informierte Anlagestrategien. Braun ist zudem Autor des Finanzratgebers „Über Geld Nachdenken“.

Fakt: Deutschlands Staatsschulden machten 2020 rund 65,1 % des Bruttoinlandsprodukts aus – genauso viel wie 2005 und deutlich weniger als etwa 2010 nach der Finanzkrise (82,4 Prozent). Deutsche Staatsanleihen gelten als so sicher, dass Deutschland jahrelang Negativzinsen durchsetzen konnte. Das ist keine große Verschwörung, sondern simpel ein Marktpreis von Investoren, die sehr, sehr viel Geld anzulegen haben und sich rational entscheiden.

3. These: Sachwerte können Ihr Vermögen schützen.

Fakt: Wie praktisch, dass etwa die Crashpropheten Friedrich und Weich einen passenden Fonds dafür haben. Das Problem: Sachwerte – insbesondere Whiskey, Ackerland, Wald, Diamanten, aber auch Gold – sind letztlich reine Preisspekulationen und zum großen Teil nur mit immensen Kosten in Kapitalmarktprodukten abbildbar. Stand heute ist der Fonds eine große Wette auf Minenaktien und Gold. Das kann gut gehen – muss aber nicht. Verantwortungsvolles Anlegen sieht anders aus.

4. These: Der Crash ist die Lösung.

Fakt: In der freien Marktwirtschaft sind Rückschläge und Krisen etwas ganz Normales. Die Idee des „größten Crashs aller Zeiten“, der als Fegefeuer die korrupten Eliten hinwegfegt, entstammt einer sachlich wenig begründeten, alttestamentarischen Logik. Nach dem Motto: Starke Rhetorik ist immer besser als schwache Argumente.

5. These: Nach dem Crash wartet eine neue Weltordnung.

Fakt: Auch diese These entspricht weitgehend der Fantasie und rhetorischen Traditionen: das Paradies nach der Apokalypse, die kommunistische Urgesellschaft oder bei Marc Friedrich die Wunschvorstellung des Spieß- und Wutbürgers – eine Welt, in der Menschen anständig auf der Straße grüßen und Kinder nicht ins Smartphone schauen. Es wird ein rückwärtsgewandtes, nationalstaatliches Idyll der 1950er-Jahre propagiert mit Werten, gegen die zum Teil gar nichts einzuwenden wäre, wenn da nicht immer dieser offensichtliche Flirt mit dem rechten Rand wäre…

Und wie sind die Ergebnisse des Crashpropheten?

Hervorragend – zumindest für Herrn Friedrich:

  1. Seine Bücher zieren die Bestsellerlisten.
  2. Sein Fonds dürfte im Jahr bei nur 76 Millionen Anlegergeldern, aber 2,97 Prozent Gebühren gut 2,2 Millionen erwirtschaftet haben.
  3. Und wenn man sich von ihm persönlich beraten lassen möchte, bittet er offenbar um drei Prozent Eintrittsgeld. Bei einer Million Euro Anlagesumme sind da erst mal 30.000 Euro weg. Respekt!

Für seine Anleger sieht es dagegen eher mau aus: Seit Gründung hat der Fonds mit 30,53 Prozent Plus nicht mal die Hälfte des MSCI World erwirtschaftet. Immerhin ist die große Wette auf Gold- und Minenaktien in den vergangenen zwei Jahren einigermaßen aufgegangen, sodass er mit diesem Glücksspiel nach vielen schwachen Jahren etwas Boden gutgemacht hat.

Damit ist er auch gemessen an seinen Brüdern im Geiste – Dirk Müller und (bedingt) Max Otte – (vorübergehend) der Einäugige unter den Blinden. Während Otte seit Juni 2015 mit +7,5 Prozent nicht annähernd die Inflation ausgleichen konnte, „erwirtschaftete“ Mr. Dax Dirk Müller seit Auflage seines „Premium Aktien Fonds“ im selben Zeitraum -8,6 Prozent.

Crashpropheten predigen Ihnen also die Sintflut und verkaufen Ihnen dann eine Arche – naja, eher ein morsches Ruderboot.

 

Alles Liebe,
Ihr Stefan Heringer und Nikolaus Braun
P.S.: Mehr zum Thema rationale Anlagestrategien, Strategien zum Vermögensaufbau, aber auch darüber, wie Ihr Umgang mit Geld Sie glücklicher machen kann, finden Sie im Blog der Neunundvierzig Honorarberatung und in Nikolaus Brauns Finanzratgeber „Über Geld Nachdenken“.

Drei weitere Beiträge zum Thema Crashpropheten

Kolumnen, Kommentare und Gastbeiträge auf DUP-magazin.de geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.
06.05.2022    Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun
  • Drucken
Zur Startseite