Vermögensaufbau

Geld zeitgemäß anlegen

Die Auswahl und die Informationsdichte in Sachen Investments war wohl noch nie so groß. Technologie hilft dabei, sich im Angebots-Dschungel besser zurechtzufinden und das individuell passende Produkt aufzuspüren. Doch ein lange bewährtes Rezept gilt – trotz aller Innovationen – beim Vermögensaufbau auch heute noch.

26.01.2021

Bei Brillen ist die digitale Anprobe mittlerweile selbstverständlich. Auch Autos lassen sich längst online konfigurieren. Doch bei der Geldanlage dreht sich, zumindest gefühlt, noch immer vieles um Erkenntnisse aus dem Jahr 1951. Damals hatte Harry Markowitz ein Thesenpapier geschrieben, das die Bedeutung der Streuung bei der Steuerung von Risiko und Ertrag hervorhob.

Macht Technologie die klassische Streuung überflüssig?

Auch heute ist das Thema Streuung von überragender Bedeutung, sind sich die Diskussionsteilnehmer im DUB Digital Business Talk einig. „Es ist eigentlich nicht schwer. Doch im Tagesgeschäft – das kennt wohl jeder – kommt der Faulheitsfaktor zum Tragen. Viele gehen dann den einfachen Weg“, sagt Andreas Wiethölter. Er ist Geschäftsführer von Zinspilot. Auf der Plattform können sich Anleger über Tagesgeld und Festgeldanlagen informieren sowie ein Konto eröffnen, in dem sie zahlreiche Zinsangebote verschiedener Banken vereinen.

Harald Brock, Geschäftsführer von investify, einer digitalen Vermögensverwaltung, die für Anleger Portfolien auf ETF-Basis entwickelt und dazu mit dem Großanbieter Blackrock zusammenarbeitet, macht ebenfalls ein Manko in Sachen Diversifikation aus: „Ich kann nur unterstreichen, dass Streuung extrem wichtig ist. Leider sehe ich derzeit Tendenzen am Markt, dass genau das nicht passiert.“

Ist Geldanlage schwieriger geworden als vor 20 Jahren?

Die Antwort auf diese Frage kann nur leider: Das kommt darauf an. Auf der einen Seite hat Technologie dafür gesorgt, dass der Markt der Geldanlage transparenter wurde, Informationen leichter zugänglich sind. Auf der anderen Seite kann die heutige Vielfalt an Angeboten und Informationen erschlagend wirken, sagt Greta Gaumert, General Counsel & Chief Compliance Officer von Exporo. Das Unternehmen organisiert die Finanzierung von Immobilien und macht diese mithilfe der Blockchain als Token für Anleger auch in kleiner Stückelung verfügbar. So etwas war vor wenigen Jahren noch nicht denkbar, so Gaumert.

Trotzdem bleibt persönliche Betreuung wichtig, sagt Wiethölter. „Wir erhalten deutlich mehr Anrufe als E-Mails. Man würde heutzutage eigentlich das Gegenteil erwarten, aber beim Thema Geldanlage zählt der persönliche Kontakt doch sehr viel. Das hätte ich vor sieben Jahren, als wir angefangen haben, nicht gedacht.“ Er vergleicht es mit der Buchung einer Reise: „Es ist toll, sich seine Reise selbst zusammenzustellen. Aber ich möchte auch einen gewissen Service haben.“ Seine Schlussfolgerung: „Das ist eine Herausforderung für uns Anbieter, alle Anleger im Auge zu behalten.“

Welche Rolle spielt Technologie bei der zeitgemäßen Geldanlage?

Technologie sorgt für besseren Zugang zu Informationen und damit für Transparenz. Und sie ermöglicht es, dass Anleger Dienstleistungen in Anspruch nehmen können, die in früheren Zeiten nur Vermögenden offenstanden. Kein Wunder, dass der Markt floriert.

„Es gibt immer mehr Anbieter von alternativen Anlageformen, die digital auf den Markt kommen“, sagt Gaumert. Berührungsängste scheinen die Menschen vor der Technologie nicht zu haben, beobachtet sie. „Wenn sie normale Anleihen erwerben, wissen die meisten auch nicht, was Clearstream ist.“ Dabei handelt es sich um die Abwicklungsgesellschaft der Banken und Broker für solche Geschäfte. „Genauso ist es mit der Blockchain, die wir nutzen. Es braucht ein gewisses Grundvertrauen. Wir haben bisher keine negativen Erfahrungen gemacht. Im Gegenteil: Die Blockchain beschleunigt die Abwicklung deutlich.“

Brock nennt die Technologie von investify „Diversifikationsmaschine“. Sie sorgt für die Aufteilung in den Aktien- und Anleihenanteil im Portfolio. Die Anlageentscheidungen wiederum fällen bei investify noch immer Menschen. Für Brock bezeichnet es als eine Daueraufgabe, die Prozesse möglichst einfach zu gestalten. „Die Handlungsspielräume sind aber durch die Regulatorik begrenzt.“ Sie schreibt zum Beispiel vor, welche Fragen zu stellen sind. „Trotzdem kann man das Portfolio mit einem oder zwei Klicks individualisieren – ein Riesenmehrwert“, so Brock.

Etwas, womit der er Gaumert und Wiethölter aus der Seele spricht. Und eine Schlussfolgerung, die skizziert, was zeitgemäße Geldanlage ist: Für die meisten leicht zugänglich, individuell, komfortabel – und trotzdem bleibt der Grundsatz von Harry Markowitz stets im Blick.