Werden die Verbraucherpreise noch länger steigen? Wie schnell steuern Währungshüter dagegen? Werden die Containerstaus an den wichtigsten Frachthäfen der Welt den Unternehmen das Weihnachtsquartal vermiesen? Grund zur Sorge haben Anleger genug. Dabei sind tagesaktuelle Entwicklungen zweitrangig, argumentiert Dachfondsmanager Günter Fett.
Tipps vom Experten
So blenden Sie bei der Geldanlage Nebengeräusche aus
Inflation, Lieferengpässe, Notenbanken: Darüber sollten sich Anleger nicht zu sehr den Kopf zerbrechen, sagt Fondsmanager Günter Fett. Ein Gespräch über die einfachen Wahrheiten der Geldanlage.
23.12.2021
Günter Fett
beschäftigt sich seit über 40 Jahren beruflich mit der Geldanlage. Er war 20 Jahre bei verschiedenen Banken tätig. Seit 1997 ist er selbstständig und berät vermögende Privatkunden und Unternehmer. 2008 legte er den offenen Fonds GF Global Select HI auf (ISIN: DE000A0NEKE4)
Hand aufs Herz: Wie laut ist der „noise of the market“ – also die Nebengeräusche der Börse durch die hektische Nachrichtenlage – geworden?
Günter Fett: Die Frage lautet: Welche Informationen braucht man tatsächlich für das, was man vorhat, und welche sind absolut unnötig? An der Börse gibt es viele Nebengeräusche, die niemanden weiterbringen. Wer Kapital anlegen möchte, sollte sich vielmehr darüber klar werden, was Aktienanlage eigentlich ist und was sie in den vergangenen Jahren gebracht hat.
Wie fällt die Bilanz Ihrer Meinung nach aus?
Fett: Fakt ist: In den vergangenen drei Jahrzehnten gab es insgesamt elf kräftige Börsencrashs. Jeder hat Angst davor, dass der nächste Kurseinbruch bevorsteht. Denn niemand möchte einen Depotauszug sehen, auf dem gestern noch 200.000 Euro standen und heute nur noch 150.000 Euro. Die Menschen wollen ihr Geld am liebsten ohne Risiko anlegen. Aktien sind für die meisten reine Spekulation.
Also haben die Skeptiker doch recht?
Fett: Nein, denn genau das ist der Trugschluss. Aktien steigen nicht stromlinienförmig aufwärts. Rückschläge gehören einfach dazu. Wenn ein Crash kommt, muss man die Nerven behalten. Alles andere regelt der Markt. Wenn man sich die besten Aktienfonds der vergangenen 30 Jahre anschaut, finden sich durchaus Fonds mit einer Rendite von 13 Prozent – und zwar Jahr für Jahr. Anleger sollten sich in einer Krise fragen, ob die Kursrückgänge wirklich etwas mit der fundamentalen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu tun haben oder der allgemeinen Panik zuzuschreiben sind. Bestes Beispiel: Im Corona-Crash im Frühjahr 2020 hat die Amazon-Aktie 30 Prozent verloren. Und heute gilt der Konzern als einer der größten Profiteure des boomenden Online-Handels. Der Aktienkurs hat sich verdoppelt.
Die Nerven zu behalten klingt leicht. Und trotzdem schaffen selbst Profis das in der Realität oft nicht.
Fett: Ich versuche, meinen Grundprinzipien treu zu bleiben. Eines davon lautet: Ich verkaufe nicht zu schlechten Kursen, und ich verkaufe grundsätzlich nicht aus Angst. Das Börsenjahr 2020 hat mein Fonds mit einem Plus von 20 Prozent abgeschlossen.
Gibt es weitere eiserne Regeln, an die Sie sich halten?
Fett: Ja. Ich versuche, die einfachen Wahrheiten der Geldanlage zu beherzigen. Dazu gehört auch, nur in das zu investieren, was man versteht und überblickt. Kryptowährungen etwa gehören für mich nicht dazu. Außerdem sollten Anleger mit ihrem Investment ruhig schlafen können. Dazu gehört eine wirklich breite Streuung des Kapitals und ein langer Anlagehorizont. Und nicht zuletzt sollten Anleger in Bereiche mit überdurchschnittlichem Wachstumspotenzial investieren.
Und welche sind das?
Fett: Für mich gehören ganz klar Unternehmen dazu, die helfen, den Klimawandel einzudämmen, welche die Digitalisierung vorantreiben, oder solche, die von der demografischen Entwicklung profitieren.
Wenn die Nebengeräusche so unwichtig sind: Wie viele Stunden pro Woche sollten sich Privatanleger denn mit dem Thema Geldanlage auseinandersetzen?
Fett: Wer sich für ein Investment in einen Fonds entscheidet, sollte mindestens einmal im Monat prüfen, wie gut er in seiner Kategorie abschneidet. Dass ein Fonds, der heute an der Spitze liegt, in fünf Jahren noch genauso gut abschneidet, ist ein Irrglaube.
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