Die Börse bewertet Einzelwerte kurzfristig emotional und langfristig rational, dies spiegelt sich in den Indizes wieder. Der Begriff „kurzfristig“ sollte dabei durch einen Zeitraum von „weniger als sieben Jahren“ definiert sein. Diese kurzfristige Emotionalität der Börse ist ein Dauerzustand, der auch in sieben Jahren vorhanden sein wird. Dies bedeutet, dass auch fundamental Investierende (so wie alle anderen), die heute kaufen und deren Beteiligungen nach sieben Jahren den Buchwert und die Rendite auf das eingesetzte Kapital gesteigert haben, dennoch nach diesem Zeitraum wieder einen Aktienkurs angeboten bekommen können, der nur mit ihrem Kaufkurs übereinstimmt.
Den Wert einer Unternehmung berechnen
Während ein nicht fundamental analysierender Anleger nun vom Kursverlauf enttäuscht wäre, berechnet der Fundamentalanalyst die Rendite auf sein eingesetztes Kapital, freut sich über den seit sieben Jahren in Form von Dividenden zugeflossen Cashflow und/oder den gesteigerten Buchwert und kauft die Aktie nach, wenn das Unternehmen weiterhin beweisen kann, dass es eine hohe Ertragskraft hat.
Obwohl der moderne Mensch denkt, dass er ein rationales Wesen ist, so ist dies doch nur in wenigen Momenten der Fall. Die meiste Zeit ist er getrieben von Instinkten, die ihm in seiner urzeitlichen Umwelt das Überleben gesichert haben. Angst und Gier sind zwei davon. Jeder einzelne Anleger muss akzeptieren, dass er von diesen Instinkten geprägt ist, denn nur dann kann er sich auf die Suche nach einem Ausweg aus dem emotionalen Dilemma machen.
Angst und Gier entkommen
Genau jenes „unmenschliche“ Schulfach, das von so vielen abgelehnt wird – die Mathematik – ebnet den Weg zu einer rationalen Entscheidung am Aktienmarkt. Es sind Zahlen, die für Investierende intellektuelle Freiheit schaffen und Hoffen durch Wissen ersetzen. Diese Erkenntnis mag für den ein oder anderen ernüchternd klingen, da sie in der Tat mit Arbeit verbunden ist.
Aber die Tatsache, dass Fleiß den erfolgreichen Investor definiert, sollte eher beruhigend wirken – lässt sich Fleiß doch viel leichter steuern als Glück. Es ist die Sehnsucht nach dem schnellen Glück und die vergebliche Hoffnung darauf, dass sich die Börse kurzfristig vorhersagen lässt, die dazu führt, dass viele bei Indexprognosen aufhorchen.
Warum gibt es mehr positive Prognosen als negative?
Langfristig fällt auf, dass es mehr positive als negative Indexprognosen gibt. Dies verwundert nicht, da es wesentlich mehr Marktteilnehmer und Institutionen gibt, die von einer positiven Börsengrundstimmung profitieren als von einer negativen. Da die Börse langfristig steigt, liegt der Prognostiker außerdem bei einer positiven Prognose häufiger richtig als bei einer negativen.
Welchen Informationsgehalt haben Indexprognosen für die zwei großen Anlegergruppen? Die erste Gruppe bilden Anleger, die auf Fonds oder ETFs setzen. Sie treffen keine fundamental begründeten Investmententscheidungen. Sie lassen die Entscheidung für sich fällen. Das ist nicht weiter verwerflich, da Zeitmangel und Desinteresse vollkommen legitime Gründe sein können, die dazu führen, dass eine Person ihre Geldanlage von einer anderen Person oder Institution erledigen lassen möchte. Für diese Anlegergruppe haben Indexprognosen nur Unterhaltungswert.
Gruppe Nummer zwei sind Käufer von Einzelwerten. Die Tatsache, dass ein Unternehmen in einem Aktienindex notiert, sagt nichts über seine Ertragskraft und Solidität aus. Somit sollten Indexstände für fundamental Investierende keine Aussagekraft haben. Die Zeit, die ein Investor mit dem Lesen oder Erstellen einer Indexprognose verbringt, wäre in die Fundamentalanalyse eines Einzelwertes wesentlich besser investiert.
Warum setzen sich langfristig Werte am Aktienmarkt durch?
Die Börsenmarktteilnehmer bestehen nicht nur aus Spekulanten. Es gibt auch Investoren und Unternehmen aus der Realwirtschaft, die Unternehmenswerte berechnen können. Diese beiden Marktteilnehmer sorgen dafür, dass sich Werte langfristig durchsetzen und Aktienpreise nur Momentaufnahmen sind. Profitieren Investoren von der Gesamtrendite, so kommen bei Unternehmen, die Mitbewerber zu einer intelligenten Kurs-Buchwertrelation übernehmen, noch weitere positive Argumente hinzu. Man nimmt einen Konkurrenten vom Markt, gewinnt gute Mitarbeiter, eignet sich Patente an und erhöht den Umsatz, was zu günstigeren Einkaufskonditionen führt.