Frisch gebaute Mehrfamilienhäuser.
10.05.2021    Martin Hintze
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In Kürze:

  • Mitte April hat das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt.
  • Immobilienexperten warnen vor den gravierenden Folgen eines bundesweiten Mietendeckels.
  • Für die Innenstädte wird es kein Zurück in die Zeit vor der Coronapandemie geben. Sie stehen vor einem fundamentalen Wandel.

Es war eine schallende Ohrfeige für die rot-rot-grüne Koalition in Berlin: Mitte April hatten die Verfassungsrichter aus Karlsruhe den bundesweit einmaligen Mietendeckel in der Hauptstadt für verfassungswidrig erklärt. Die vor mehr als einem Jahr in Kraft getretene Regelung verstoße gegen das Grundgesetz und sei damit nichtig. Die Begründung: Die Gesetzgebungsbefugnis liege ausschließlich beim Bund und nicht auf Länderebene.

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Die Reaktionen auf die Entscheidung fielen gespalten aus: CDU, CSU und FDP sowie große Teile der Immobilienwirtschaft begrüßten das Urteil. Der Mietendeckel habe „für Unsicherheit auf den Wohnungsmärkten gesorgt, Investitionen ausgebremst und keine einzige neue Wohnung geschaffen“, sagte Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU). SPD, Linke, Grüne und Mieterverbände bemängelten hingegen, dass nun offen sei, wie bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann. Das Kippen des Berliner Mietendeckels sei „eine verlorene Schlacht, aber der Kampf gegen explodierende Mieten ist damit noch lange nicht entschieden“, sagt SPD-Vize Kevin Kühnert.

Am DUP Digital Business Talk nahm teil:

Moderation: Arne Gottschalck, Redakteur DUP UNTERNEHMER

Wohnungsneubau nicht abwürgen

Immobilienexperten wie Frank Berlepp, Sprecher der Geschäftsführung der LBBW Immobilien Gruppe, stehen einem möglichen bundesweiten Mietendeckel kritisch gegenüber. „Die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt hängen von der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes ab. Sicher ist: Ein Mietendeckel für Neubauten wäre eine fatale Nachricht“, sagt Berlepp im DUP Digital Business Talk. Die Debatte sei unsäglich, weil sie momentan ideologisch geführt werde. „Die Faktenlage spielt im Vorfeld der Bundestagswahl kaum eine Rolle. Eines sollte keinesfalls passieren: Der Wohnungsneubau darf nicht abgewürgt werden.“ Die Diskussion um einen bundesweiten Mietendeckel dürfte in den kommenden Wochen an Fahrt gewinnen, schließlich ist bezahlbares Wohnen eine der sozialen Fragen schlechthin.

Brisant ist auch die Frage, wie es nach der Corona-Pandemie mit dem Einzelhandel in den Innenstädten weitergeht. „Es wird kein Zurück in die Zeit vor Corona geben“, ist sich Berlepp sicher. Kunden, die gute Erfahrungen im Online-Shopping gemacht hätten, seien nur schwer in die Citys zurückzulocken. „Der großflächige Einzelhandel ist nicht die Zukunft“, sagt der Fachmann. Um die Innenstädte zu retten, seien vielmehr städtebauliche Veränderungen nötig. Dazu sollten Städte und Gemeinden mit der Immobilienwirtschaft und den Handelsverbänden kooperieren. „Die Durchmischung von Handel, Büro und Wohnen muss politisch gewollt sein.“

Handelsimmobilien: Leerstände auch in A-Städten

Zugleich müssen auch Immobilieninvestoren im Segment Handel umdenken. „Wir werden Leerstände auch in sehr guten Lagen in den A-Städten sehen. Bereits jetzt sind deutliche Mietausfälle und -reduktionen zu beobachten, die auch Auswirkungen auf die Kaufpreise haben werden“, sagt Berlepp. Investoren sollten sich in Zukunft stärker mit den Geschäftsmodellen der Mieter auseinandersetzen. Konstruktionen wie eine Kombination aus Grundmiete plus Umsatzmiete, wie sie in Shoppingcentern üblich ist, sei auch für andere Handelsimmobilien denkbar.

10.05.2021    Martin Hintze
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