Steak mit Pfeffermühle
22.12.2020    Arne Gottschalck
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John Bennett bringt es auf den Punkt: „Es ist verrückt, dumm und zerstörerisch“, sagt der Fondsmanager von Janus Henderson – und geißelt damit, was Investoren in seinen Augen derzeit falsch machen: Offenbar so einiges. Etwa eine überzogen breite Diversifikation ihrer Wertpapiere verbunden mit einem Mangel an Geduld. 

Bloss nicht naiv diversifizieren

Bei der Geldanlage geht es immer darum, Chancen und Risiken gut auszubalancieren – je nach Geschmack und Empfindsamkeit des Anlegers. Das beste Mittel dafür ist die Streuung. Warum, liegt auf der Hand: Geht bei einem Einzelinvestment, etwa einer bestimmten Aktie, etwas den Bach runter, gerät mit einem Mal die gesamte private Altersvorsorge in Schieflage. Deshalb findet sich in jedem ernst zu nehmenden Buch zum Thema Anlage der eindeutige Hinweis auf Diversifikation, also Streuung. 

Die Idee dahinter: Wenn eine Aktie an Wert verliert, kann es zeitgleich mit anderen Papieren aufwärtsgehen. Unter dem Strich federn Anleger damit die Wertentwicklung der Sorgenkinder ab. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass dieser Kniff in der Praxis tatsächlich hilft. Zwar ist strittig, wie hoch genau der Einfluss der Streuung auf die Wertentwicklung eines Portfolios ist. Auf jeden Fall aber ist er hoch.

Die Herausforderung: Es muss die richtige Streuung sein. Warum, zeigt ein Beispiel. Tech-Indizes wie der deutsche TecDax bilden 30 Unternehmen ab. 30 Aktien – ist das keine ausreichende Streuung? Nein. Denn die Firmen stammen alle aus dem Technologiesektor. Verdüstert sich dessen Umfeld, dürften die Aktien der meisten Unternehmen darin in Mitleidenschaft gezogen werden. Eine gesunde Diversifikation streut daher das Geld über verschiedene Sektoren, auch über mehrere Länder. Alles andere wäre bloß „naive Diversifikation“, wie die Wissenschaft es nennt. Eine Streuung also, die zwar das Gewissen beruhigt, aber nur geringen Nutzen hat.

„Abwarten hilft“

Wie beim Kochen gilt auch bei der Geldanlage: Viel nützt nicht unbedingt viel. In der Wissenschaft tobt seit Langem ein Streit über die optimale Dosis von Diversifikation. Zehn Aktien, meinen einige Wissenschaftler. Doch die Mehrheit spricht von 30 bis 40 Titeln. Streuen? Aber klar. Nur eben gezielt. Bennett hat daher umgesteuert und für seine Janus-Hender­son-Fonds die Zahl der Aktienpositionen konsequent reduziert – bis auf maximal 45. 

Mit dieser Haltung ist er nicht allein. Hans-Peter Schupp verwaltet mit Fidecum Geld nach dem Value-Ansatz – und setzt auf Substanztitel: „Wir sind kein Freund von stark diversifizierten Portefeuilles, weil der Performancebeitrag des einzelnen Wertpapiers nur sehr gering ist und die Kosten nicht kompensieren kann. Von daher bevorzugen wir ein konzentriertes Portfolio, in dem wir jeden einzelnen Titel kennen und die Unternehmen bereits besucht haben.“ Oder etwas spitzzüngig mit Anlage-Altmeister Warren Buffett formuliert: Eine breite Diversifikation ist nur dann sinnvoll, wenn der Anleger nicht weiß, was er tut. Passive Investments liefern genau diese breite Streuung; immerhin spiegeln sie einen Index wider. Doch aktive Fondsmanager peilen an, den Index zu schlagen. Und dabei hilft ein klarer Fokus, keine Überdiversifikation. 

Und Bennett stört noch eine Sache: Die Kurz­atmigkeit der Investoren – gerade die Pandemie habe diese noch verschärft. Denn die beste Strategie nützt nichts, wenn man ihr keine Zeit gibt. „Abwarten hilft“, sagt mit Charlie Munger auch der kongeniale Partner von Warren Buffett. „Doch viele Menschen halten das nicht aus.“ Das sollten sie aber.

22.12.2020    Arne Gottschalck
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