Altersvorsorge

Fondssparen als Vorsorge in der Tiefzinsphase

Die Lebensversicherer haben es derzeit nicht leicht: Niedrigzinsen und die Digitalisierung beschäftigen die Branche. Klassische Lebens- und Rentenpolicen sind kaum mehr attraktiv. Die Anbieter reagieren mit kreativen Neukonzeptionen.

02.01.2020

Herr Kaiser, der freundliche Versicherungsvertreter, in den 1980er-Jahren mit Helmut-Kohl-Brille und ohne Vornamen, galt zwar als langweilig, stand aber lange für Sicherheit und Solidität. So wie die Lebensversicherungen, die er verkaufte – Laufzeit bis zur Rente, Garantieverzinsung samt Todesfallklausel. Und das mit Erfolg: In Deutschland gibt es mehr als 90 Millionen Lebensversicherungsverträge.

Schmerzliche Niedrigzinspolitik

Aber die weitere Lockerung der Geldpolitik, die die großen Notenbanken Fed und Europäische Zentralbank jetzt anstreben, trifft die Versicherer ins Mark. Die deutschen Lebensversicherer hatten – auch wegen der strengen regulatorischen Vorschriften für die Geldanlage – Ende 2018 rund 84,5 Prozent ihrer Gelder in Anleihen oder anleiheähnlichen Produkten wie Pfandbriefen angelegt. Doch was in den früheren Jahrzehnten gut funktionierte, ist in Zeiten von Negativzinsen zu einem gravierenden Problem geworden. Für die Millionen Kunden der Lebensversicherer sind das ernüchternde Nachrichten. Die Zusatzrente im Alter fällt wohl geringer aus als von vielen Verbrauchern erwartet.

Nach Einschätzung von Experte Holger Rohde von der Stiftung Warentest rentieren sich solche Verträge nicht mehr: „Die Lebensversicherer versuchen mit neuen Produkten das Feld aufzurollen mit Produkten, die einen geringen Garantiewert bieten. Das ist weit weg von dem ursprünglichen Modell und der Geschäftsidee einer verlässlichen Garantieverzinsung.“ Es kristallisiere sich immer mehr heraus, dass Lebensversicherer nichts anderes seien als Vermögensverwalter und sich demzufolge den Gesetzen des Kapitalmarkts beugen müssen, so Rohde weiter. Und deshalb ähnelten die Produkte, die die Lebensversicherer anbieten, immer mehr den Produkten, die man bei Fondsgesellschaften bekommt.

Die Lebensversicherer versuchen mit neuen Produkten das Feld aufzurollen mit Produkten, die einen geringen Garantiewert bieten. Das ist weit weg von dem ursprünglichen Modell und der Geschäftsidee einer verlässlichen Garantieverzinsung.

Fonds für mehr Rendite

Doch obwohl die Lebensversicherung in den vergangenen Jahren keinen leichten Stand hatte, stellt sie für Sparer noch immer eine lohnenswerte Absicherung dar. Viele Menschen vertrauen mittlerweile eben auf fonds-gebundene Angebote, da mit klassischen Verträgen aktuell keine Rendite möglich ist. Hierbei wird Geld in Investmentfonds angelegt, die höhere Gewinne ermöglichen sollen. Die garantierte Auszahlung fällt für Versicherte bei fondsbasierten Policen meist geringer aus als bei klassischen Angeboten. Interessierte entscheiden selbst, ob sie ganz auf Zahlunggarantien verzichten und so die Chance auf mehr Rendite erhöhen möchten. Diese Flexibilität bietet ihnen der Markt, denn sie haben verschiedene Angebote mit oder ohne Garantien und Verlustschutz zur Auswahl.

Darauf basierend hat die R+V Versicherung ein Produkt entwickelt: die R+V PrivatRente IndexInvest, die Garantie und Chance verbindet. Der Kunde kann bei diesem Produkt an der Entwicklung des Aktienindex Euro Stoxx 50 partizipieren. Gewinne werden dem Vertrag festgeschrieben. Zusätzlich besteht jedes Jahr die Wahlmöglichkeit zwischen Partizipation und sicherer Verzinsung. „Im Vordergrund steht die Sicherheit vor Kapitalverlusten – der Policenwert des Kunden kann nie sinken. Ich möchte betonen: Der Hauptnutzen der Renten- und Lebensversicherung besteht in dem Erhalt der lebenslangen stabilen Einkommenssituation. Deswegen werden wir weiterhin langfristige Rentenversprechen abgeben“, so Claudia Andersch, Vorstandsmitglied der R+V Versicherung.

Ein weiterer Schritt der Versicherer, um dem Niedrigzinsumfeld entgegenzutreten, ist der vermehrte Einsatz von Technologie. Um die Möglichkeiten des technologischen Wandels auszuschöpfen, hat etwa die R+V Versicherung den Bereich „Digitale Transformation“ geschaffen. „Der Bereich arbeitet für alle Ressorts, also auch für Projekte in der Lebensversicherung. Denn die digitale Transformation betrifft alle Ver-sicherungsbereiche, übrigens nicht nur in puncto Technik. Das fängt schon bei der Produktgestaltung in der Lebensversicherung an: Wir werden hier schneller, agiler und noch stärker fokussiert auf die Kundenbedürfnisse eingehen“, so Andersch.

Programm mit Belohnung

Ein weiterer Trend ist, dass die Risiken viel mehr als bisher auf den Einzelnen zugeschnitten und verlagert werden. Dabei kommen neue Berechnungsmethoden zum Einsatz, die meist auf Analyse der individuellen Daten der Versicherten beruhen. Doch bevor Lebensversicherer die persönlichen Daten verwenden dürfen, muss der Versicherte zustimmen. Versicherungen werben deshalb massiv um das Vertrauen von Kunden und präsentieren sich als Ratgeber und Lebenshelfer.

So bietet Generali Deutschland zusätzlich zu -Lebensversicherungsprodukten eine Art Fitnessprogramm unter den Namen „Generali Vitality“ an. Am Anfang steht ein Gesundheitstest. Im weiteren Verlauf gibt der Kunde an, wie oft er zum Beispiel Sport treibt oder sich gesund ernährt. Wenn er Ausdauer bei den aufgestellten Trainingsparametern an den Tag legt, wird er mit Gutscheinen, Rabatten und Cashback auf seine Lebensversicherungsprämien belohnt. Das Programm ist auch ein Versuchsballon, wie weit Kunden bereit sind, ihre persönlichen Daten einem Versicherer zu überlassen. Denn damit erschließen sich für die Unternehmen neue Potenziale bei der Gestaltung innovativer Lebensversicherungsprodukte. Es ist also Zeit, dass sich Herr Kaiser in die Rente verabschiedet. Hoffentlich hat er seine eigenen Ratschläge beherzigt und kann seinen Ruhestand unbeschwert genießen.