Unternehmensfinanzierung

„Lasst uns einen Piloten starten!“

Der Markt für Unternehmensfinanzierungen bietet Nischen für digitale Player mit alternativen Ansätzen. Was diese können, was nicht und wie die etablierten Kreditgeber reagieren, diskutieren die Mitgründer von creditshelf und Kapilendo mit dem Chef der Hamburger Volksbank.

20.12.2019

Zwischen Kontroverse und Kooperation: Im Round-Table-Gespräch treffen mit Dr. Daniel Bartsch, Gründungspartner und Vorstand von creditshelf, sowie Christopher Grätz, Co-Founder und CEO von Kapilendo, zwei Vertreter der digitalbasierten Unternehmensfinanzierer auf Dr. Reiner Brüggestrat, Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank, einem regionalen Traditionshaus in diesem Sektor. Ein angeregter Austausch über Spielfelder, Daten und Nähe mit überraschendem Ergebnis.

Daniel Bartsch

verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung im internationalen Beratungs- und Bankenumfeld. Bei creditshelf ist er verantwortlich für das operative Geschäft und die Beziehung zu Kunden wie Geschäftspartnern

Reiner Brüggestrat

ist Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler und Historiker begann seine Tätigkeit im Jahr 2000 im Vorstand des Vorgängerinstituts Hamburger Bank

Christopher Grätz

arbeitete nach seinem Studium als Management Consultant bei KPMG im Bereich Strategy & Operations. Der gelernte Bankkaufmann ist Mitgründer und CEO von Kapilendo

Spürt die Hamburger Volksbank creditshelf oder Kapilendo schon im Markt?

Reiner Brüggestrat: Nein. Aber etwas differenzierter geantwortet: Ich könnte ihre Präsenz verspüren – in etwa fünf Prozent meines Kreditnehmerportfolios. Das sind Unternehmen mit schwierigeren Ratings.

Wie wollen Sie als Plattform mehr Präsenz erlangen?

Christopher Grätz: Indem wir auf drei Trends setzen, die uns das Feld eröffnet haben. Zum einen das Thema Open Banking. Wir brechen die Bankenlandschaft, die in ihrer kompletten Wertschöpfungskette – von Kundenschnittstelle über Produkt zu Lizenz und IT – durchdekliniert war, ein Stück weit auf. Open Banking verschafft Unternehmen wie uns die Möglichkeit, Kredit, Konto und Karte auch digital anzubieten. Der zweite Trend ist der veränderte Kundenbedarf. Unsere hohe Geschwindigkeit ist ja kein Selbstzweck, sondern die Folge dessen, dass viele Unternehmenskunden nicht drei bis sechs Wochen auf Kreditentscheidungen warten wollen. Vielmehr wollen sie – gar nicht einmal zinssensibel – viel schneller agieren oder einfach Planungssicherheit haben. Und drittens gibt es da noch den regulatorischen Druck, dem Banken ausgesetzt sind, der manches auf dieser Seite nicht mehr möglich werden lässt. Wir können anders agieren. Der Finanzierungsmix für Unternehmen ist heute deutlich breiter. Es geht nicht mehr nur um Asset-Finanzierung. Häufig laufen wir mit unseren Krediten parallel zur Hausbank – nur in Einzelfällen stehen wir in Konkurrenz. Schon gar nicht in klassischen Finanzierungssituationen, aber eben in solchen ohne dingliche Sicherheiten, wie beispielsweise bei Digitalisierungsinvestitionen. Daniel Bartsch: Alternative Finanzierungsformen haben definitiv an Bedeutung gewonnen und tun das weiter. Wir wachsen stark. Ich spreche aber nicht nur von Online-Modellen, sondern auch von Factoring oder Leasing. Der Mittelstand öffnet sich zunehmend alternativen Finanzierunglösungen. Natürlich verfügen wir im Gegensatz zur Bank über keine Einlagen und finanzieren uns nicht mit im Grunde null Prozent bei unseren Sparern. In unserem Fall stehen institutionelle Investoren dahinter, die wiederum eine gewisse Rendite­anforderung haben. Ich werde also bei Kreditkondi­tionen von ein oder zwei Prozent vor dem Komma nie mit einer Hamburger Volksbank konkurrieren können und will das auch gar nicht. Das erklärt wiederum, warum Sie sagen, Sie verspüren unsere Präsenz nur bei bestimmten Kunden. Das sind natürlich auf den ersten Blick andere Bonitäten. Wir sagen aber ganz bewusst, dass unsere effektive Zone der Graubereich ist. Und in diesem geht es darum,  mit nützlichem Aufwand das Grau in Schwarz und Weiß zu unterteilen. Dabei hilft uns Technologie. Wenn der Kunde bereit ist, einen Preis zu zahlen, der aus unserer Sicht das Risiko reflektiert, sind wir im Gegenzug bereit, zu finanzieren.

Sehen Sie sich eher in Konkurrenz oder Kooperation?

Brüggestrat: Wir sind auf unterschiedlichen Spielfeldern unterwegs. Das Geschäft der Hamburger Volksbank ist zu 100 Prozent einlagenfinanziert. Und diese Einleger investieren regelmäßig kleinere Einheiten – mit kurzer Frist und ohne Risiko. Und genau daraus machen wir etwas. Wir transformieren Losgrößen von klein zu groß, wir wandeln Fristen von kurz in lang und formen aus dem Wunsch nach keinem Risiko ein geringes Kreditrisiko. Das alles ist nicht Ihr Feld. Es gibt jedoch einen offenkundigen Bereich, in dem wir uns vielleicht etwas von Ihnen abschauen können. Denn wir versuchen stets, unsere Unternehmerinnen und Unternehmer bestmöglich zu verstehen. Und unter denen gibt es ja durchaus jüngere, die etwas andere Anforderungen an Banking, Beratung und Kreditgeschäft haben. Genau das liefern Sie mit Ihren Geschäftsmodellen: eine deutlich höhere Informationseffizienz. In Ihrem Modell geht es eher darum, das Spielfeld transparenter zu machen. Sprich: deutlich werden zu lassen, was der Unternehmer will, was er an Informationen liefert und wie er sie vor allen Dingen aufbereiten muss, um möglichst zügig, effizient und zielgerichtet zu dem zu kommen, was er haben möchte. Nämlich Geld für sein Vorhaben. Und hier könnten wir uns alle wieder treffen.  Bartsch: Zu uns kommen oft Kunden, die von einer anstehenden Investition oder einem Finanzierungsbedarf berichten, aber schon jetzt wissen, dass ihr kaufmännischer Leiter allein eine Woche beschäftigt sein würde, um alle Unterlagen für die Bank aufzu­bereiten – was dann wiederum den Prozess einer Kreditent­scheidung überhaupt erst einmal in Gang setzt. Filialbesuch, Unterlagenset, Nachfragen: Das alles bindet Ressourcen, sprich Zeit und Geld für den Kunden. Wir hingegen setzen auf die Informationen, die über den Kunden bereits vorliegen. Wir haben beispielsweise ein proprietäres Analyse-Tool gebaut, das Datev-Datensätze verarbeiten kann, da die meisten unserer Kunden Datev für Buchungszwecke nutzen. Mit anderen, öffentlich verfügbaren Daten reichern wir das an. So können wir auf Knopfdruck sagen, ob die Entscheidung Richtung Grün oder Rot ausfällt. Vorteil: Das Feedback ist umgehend da, und der Prozess kann starten. Grätz: Auch wir fahren vor der Entscheidung über eine Finanzierung eine klassische Jahresabschluss­analyse. Gewisse Bankhäuser allerdings müssen – wenn der Antrag beispielsweise in der Berliner Filiale gestellt wurde – das Ganze erst einmal nach Stuttgart schicken, weil dort das Kreditcenter sitzt. Und die schicken es dann wieder zurück. So etwas gibt es bei uns einfach nicht. Vielmehr lädt der Unternehmer seine entsprechenden Daten hoch. Und die werden dann nicht von einem Sachbearbeiter angeschaut, sondern elektronisch ausgelesen. Datenschnittstellen zu Dienstleistern werden in einer Art und Weise eingebunden, dass auch bei uns per Knopfdruck innerhalb von Sekunden eine Zins­indikation herauskommt. Das heißt zwar noch nicht, dass wir die Finanzierung definitiv übernehmen, aber der Unternehmer will schnell wissen, woran er ist. Und das nimmt uns dann von diesem Spielfeld, das Sie ansprachen. Unsere Einleger, sprich private Anleger, wollen das Risiko gar nicht eliminiert sehen. Sie wollen am Ende des Tages nur sicher sein, dass wir Ihnen genügend Investments anbieten, um ihr Risiko diversifizieren zu können. Natürlich beurteilen wir jedes Risiko einzeln. Aber in der Gesamtheit wollen unsere Kunden einen vernünftigen Portfolio-Ansatz von uns. Viele der Bereiche, die wir finanzieren, werden vom Kapitalgeber explizit nachgefragt – auch wenn der damit ein direkteres Risiko eingeht. Bartsch: Unternehmen mit Top-Bonitäten, die von Banken mit Top-Konditionen bedient werden, kommen sicherlich nicht als Erstes auf unsere Plattform und zahlen – nur weil das Ganze jetzt unbesichert ist – sechs oder sieben Prozent Zinsen plus drei Prozent Abschlussgebühr. Im Bereich guter bis mittlerer Bonitäten aber – wo übrigens überall auch Banken engagiert sind – gibt es tatsächlich die Bereitschaft dazu. Hier sind die Sicherheiten alle niet- und nagelfest bei den Banken verhaftet. Wenn aber der Kreditnehmer in einer bestimmten Situation einen Bedarf hat, für den er von seiner Bank nicht direkt eine Rückmeldung erhält, wird er im Zweifel willens sein, eine schnellere Finanzierung einzugehen, die vielleicht etwas teurer ist als eine ­klassische.  

„Einen Ort zu haben, an dem Menschen mit Menschen sprechen, ist für uns alle ein Bedürfnis – gerade in einer digitalen Welt.“

Kann beratungsintensives Geschäft wie die Unternehmensfinanzierung in erster Linie digital stattfinden?

Grätz: Unsere Prozesseffizienz sorgt dafür, dass wir sehr viel im Vorwege digital aussondieren können. Wenn wir eine klare Indikation haben, ergibt sich ein deutlich stärkerer Fokus auf die tatsächliche Kundenbetreuung. Übrigens wird auch die Videoberatung vom Unternehmer als persönliche Betreuung wahrgenommen. Es ist der Amazon-Effekt: Der Kunde will nicht für alles immer in die Filiale. Denn eigentlich will er Projekte umsetzen. Hier sind wir sehr stark in der Strukturierung und in der Beratung. Und das häufig persönlich vor Ort. Wir sind mit Standorten in Hamburg, Frankfurt, München und Berlin nah dran.  Bartsch: Wir kennen unsere Kunden extrem gut. Wir gehen zu ihnen, sehen uns ihre Betriebsstätten an, schauen ihnen tief in die Augen. Bei uns sagt keine Maschine Ja oder Nein, sondern Menschen. Zur Solidität gehört, dass es Situationen gibt, in denen unser Gefühl nach einem persönlichen Gespräch nicht mehr so gut ist und wir von einem Engagement zurücktreten.  Brüggestrat: Einen Ort zu haben, an dem Menschen mit Menschen sprechen, ist für uns alle ein Bedürfnis – gerade in einer digitalen Welt. Man muss das nur richtig proportionieren. Mit unserem genossenschaftlichen Ansatz gehen wir in einem wichtigen Punkt aber noch ganz anders vor: Unsere Beraterinnen und Berater bewegen sich regelmäßig in denselben Netzwerken wie der klassische mittelständische Unternehmer, der ja auch immer Teil eines Gemeinwesens ist. Diese Netzwerke – Begegnungspunkte im echten Leben – verschaffen uns einen Informationsvorsprung. Der Unterschied zu Ihrem Ansatz: Sie nehmen einmal vor Ort eine Tiefenbohrung vor. Ihnen fehlt aber die Breite der kontinuierlichen persönlichen Geschäftsbeziehung.

Gibt es etwas, was Sie voneinander lernen können?

Brüggestrat: Ich habe gelernt, dass es offenbar in Teilen des Marktes – sowohl von Anleger- als auch von Kreditnehmerseite – momentan die Bereitschaft gibt, einen relativ hohen Betrag für ein reines Matching zu bezahlen. Sie beide gehen im Kreditbereich kein eigenes Risiko ein, sondern lassen sich lediglich dafür bezahlen, dass Sie Transparenz herstellen. Ihre Ware sind Informationen, die Sie schnell verarbeiten. Dass Menschen wie Institutionen bereit sind, dafür einen Preis zu zahlen, ist für uns als Bank hochinteressant. Denn wir lassen uns das nicht bezahlen. Der Preis, den wir erhalten, ist die Marge respektive der Zins, den ich auf Kreditnehmerseite in Rechnung stelle. Vielleicht muss es uns aber künftig gelingen – ob selbst oder in Kooperation –, das Matching ebenfalls zu bepreisen. Denn vor dem Hintergrund der aktuell unnatürlichen Leitzins­situation müssen wir an neue Quellen denken.  Bartsch: Da creditshelf börsennotiert ist, kann jeder lesen, dass unsere Marge bei etwa fünf Prozent liegt – von der Kreditseite als auch von der Investorenseite kommend. Kooperationen sind für uns auf jeden Fall interessant. Natürlich arbeiten wir mit Banken zusammen und vergüten das. Sprich: Wenn wir einen Dealflow von der Bankenseite im Rahmen einer institutionellen Kooperation sehen – wie im Beispiel unserer Zusammen­arbeit mit der Commerzbank –, lohnt sich das für die Partner. Vielleicht sogar mehr als das Standardgeschäft. Grätz: Wir haben rund 4,6 Milliarden Euro angefragtes Kreditvolumen auf 15.000 Projekten. Aber wir lehnen aktuell ungefähr 98,5 Prozent der Investments ab. Einiges davon ließe sich sicher in Kooperation noch verarbeiten, aber vieles sollte man auch nicht machen. Wären wir reiner Matchmaker, würden wir darauf nicht verzichten wollen. Für unsere Anlegerseite aber agieren wir eher als Asset-Manager. Wir stehen für einen sehr dezidierten Identifizierungsprozess mit Blick auf Kreditgeschäfte, die wir für unsere Kunden eingehen. Noch ein Satz zu den Banken: Sie leben ja von der Marge, die sie mit niedrigeren Zinsen auf dem Konto einerseits und höheren Zinsen auf der Kreditseite andererseits verdienen. Und welche Dienstleistung dahintersteht, die hier vergütet wird, ist nicht eindeutig. Am Ende sehe ich unser Produkt weder im direkten Vergleich zur Geldanlage auf dem Konto noch zur klassischen Kreditvergabe durch die Bank, sondern als Kapitalmarktprodukt. In Deutschland hinken wir im Verhältnis von Bank- und Kapitalmarktfinanzierung noch hinterher. Bei den KMU ist der kapitalmarktfinanzierte Anteil gar verschwindend gering. In Übersee hingegen ist die Erkenntnis, sich mit Ergänzungen im Finanzierungsmix bankenunabhängiger aufstellen zu können, längst da. 

Landet am Ende aber doch der spekulativere Teil des Geschäfts bei Ihnen als Plattformanbieter?

Grätz: Klar ist, dass Nachrangprodukte ohne ding­liche Sicherheiten eine pure Ergänzung sind. Dennoch befinden wir uns mit Banken im Austausch. Die kommen auf uns zu, wenn sie ein Projekt gern machen würden, ihnen dafür aber noch ein Schuss Eigenkapital fehlt. In diesem Fall sind wir gefragt, diese Lücke über ein Nachrangdarlehen zu schließen. Und das ist selbstverständlich höher verzinst. Deshalb greift mir der Gedanke „Wenn der Zins höher ist, ist damit auch die Bonität schlechter“ etwas zu kurz. Manchmal ist es einfach die höhere Risikoposition. Bartsch: Im Prinzip gilt es erst einmal zu differenzieren, ob ein Projekt durch eine Bank bedient wurde oder nicht. Das ist nicht gleichbedeutend mit einer Einteilung in gut oder schlecht. Unser Schwerpunkt liegt darauf, innerhalb dieser Adverse Selection zu beurteilen, ob das Projekt finanzierbar ist. Im Rahmen eines Portfolios funktioniert das. Am Ende sehen unsere Zahlen ähnlich aus: Auch wir hatten 2018 ein Anfragevolumen von deutlich über einer Milliarde Euro und konnten „leider“ das meiste davon nicht machen. Eben weil es bei uns Mindeststandards gibt und wir unsere Investoren und deren Renditevorstellungen nicht enttäuschen wollen. Institutionelles Geld ist flüchtiger als das von Privatinvestoren. Tatsächlich aber liegt der relative Engpass eher aufseiten der Kreditkunden. Wir sind bei der Auswahl sehr selektiv. Das manifestiert sich auch in den bisherigen niedrigen Ausfallraten. Dabei gilt es, das potenzielle Spannungsfeld auszutarieren zwischen den Interessen unserer Kre­dit­investoren auf unserer Plattform, die Rendite über unsere Kredite suchen, und den Investoren in unser Unternehmen, die an unsere nachhaltige Wachstumsstory und das Potenzial der Aktie glauben. Auf dieser feinen Linie bewegen wir uns, damit alles nachhaltig bleibt und die Interessen beider gewahrt bleiben. 

Wo konkret gäbe es Kooperationsansätze?

Brüggestrat: Dort, wo wir gemeinsam ein System entwickeln, in dem gerade die so notwendigen Investitionen des deutschen Mittelstands in die digitale Transformation in neuer Form bewertbar werden. Ein System, das eine Businessplanfähigkeit schafft. Eine effiziente Plattform mit besser aufbereiteten, maßgeschneiderten und transparenten Informationen hat Charme. Wenn man also unsere und Ihre Expertise zusammenbringt, könnte das für alle Beteiligten – gerade auch für den Unternehmer mit seinem Digitali­sierungsvorhaben – von Vorteil sein. Man würde sich in einem strukturierten Prozess Kapital- und Kreditbestandteile teilen – ein Konsortialkredit der neuen Form. Bartsch: Lassen Sie uns ein oder zwei konkrete Pilotfälle machen und nicht nur darüber reden. Dann nähern wir uns an und beurteilen das anschließend.  Brüggestrat: Mich würde vor allem ein Projektrating interessieren – gestützt durch ein Bonitätsrating des Unternehmens. Die Beurteilung eines Segments wäre ein Bereich, in dem man gemeinsam Geschäfte machen könnte, sodass Vertrauen wächst. Für solche Projektbeurteilungen müssten wir uns auf Mechanismen und Methodiken einigen und zusammen ins Risiko gehen. 

Haben FinTechs noch revolutionäres Potenzial?

Brüggestrat: Die Revolution blieb bislang aus. Ich habe FinTechs am Finanzplatz Hamburg schon früh wahrgenommen und mich mit deren durchaus spannenden Ansätzen beschäftigt. Am Ende aber sind die meisten Aktivitäten in einer Zusammenarbeit mit den Etablierten gemündet. Eine Revolution könnte es geben, wenn die großen Tech-Unternehmen eines Tages glauben, diesen Markt zu dem ihren machen zu können.  Bartsch: Von Revolution zu sprechen wäre wohl vermessen, doch es gab inkrementelle Verbesserungen – das Ganze durchaus auch in Zusammenarbeit. Aus meiner Sicht ist das ein realistischer Pfad, von dem ich  glaube, dass am Ende das ganze System profitieren wird. Nicht nur FinTechs oder Banken in der Kooperation, sondern genauso der Kunde. Ein verbessertes Erlebnis, eine verbesserte Dienstleistung und ein verbessertes Produkt. Grätz: Revolutionäre Tendenzen sind aus meiner Sicht durchaus vorhanden. In fünf bis zehn Jahren werden wir auf dem Bankenmarkt einzelne Player mitspielen sehen, die man vorher nicht auf dem Radar hatte. Die Tech-Companys werden ihren Weg in den Markt finden. Vermutlich insbesondere im Bereich kleinerer Kredite bis 100.000 Euro. Warum sollte das Amazon nicht tun, wenn sie schon heute die komplette Datenhoheit am Kunden haben? Deshalb sind wir in diesem Bereich aktuell auch nicht unterwegs. Banken in Systemen und mit regionalen Ansätzen werden bei großen Finanzierungen ihre Position innehaben. Eine Großbank, die flächendeckend alles – von Kredit bis Private-Wealth-Management, von kleinen bis großen Kunden – in der Tiefe abdeckt, sehe ich aber nicht. Revolutionär bleibt aus meiner Sicht das Thema Open Banking. FinTechs haben in einer immer digitaleren Welt die Chance, die Kundenschnittstelle besser zu verstehen und zu bespielen.