Ein Preisschild mit der Aufschrift überteuert, 500k Euro
10.03.2021    Martin Hintze
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Ganze fünf Jahre ist es erst her, als Alexander Kasper das Unternehmen kaufte. Doch seitdem steht in seiner Branche kaum ein Stein mehr auf dem anderen. 2016 übernahm der Betriebswirt die Bearbeitungstechnik Köhler GmbH, einen Automobilzulieferer aus dem Raum Stuttgart, der auf die CNC-Fertigung von Motoren- und Getriebeteilen spezialisiert ist. „Dieselgate, der Strukturwandel hin zur E-Mobilität und erst recht die Coronapandemie: Das hat zum Zeitpunkt der Übernahme niemand kommen sehen“, sagt der Geschäftsführer.

Für einen Fimenkauf sollten Nachfolger Geduld aufbringen

In solchen herausfordernden Zeiten kommt es Kasper zu Gute, dass er sich bei der Wahl des Unternehmens viel Zeit gelassen und den Markt akribisch sondiert hat. „Fünf Jahre sollte man dafür schon einplanen. Die Entscheidung, eine Firma und damit auch viel Verantwortung zu übernehmen, muss reifen“, sagt Kasper beim DUB Digital Business Talk. Hinzu kommen intensive Marktbetrachtungen, Wettbewerbsanalysen und das Ermitteln des Unternehmenswerts. Nur so lässt sich eine Firma finden, deren Geschäftsmodell einer Krise standhalten oder sich einem Strukturwandel anpassen kann.

Nicht weniger wichtig sind verlässliche Finanzierungspartner. „Wir haben geholfen, die Übernahme sehr tragfähig zu finanzieren“, sagt Peter Leicht, Abteilungsleiter Firmenkunden bei der Sparkasse Pforzheim Calw. Wichtig sei, die Finanzierungsbausteine optimal miteinander zu kombinieren. Dazu gehören beispielsweise stille Beteiligungen, deren Tilgungsleistungen erst nach der Übernahme fällig werden. „Jetzt überbrücken wir auch gemeinsam die Krise“, sagt Leicht.

Am DUB Digital Business Talk nahmen teil:

Moderator: Nicolas Rädecke, geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Unternehmerbörse DUB.de

Angemessenes Eigenkapital nötig

Er beobachtet zurzeit, dass viele Firmeninhaber die Verkaufspreise nach oben schrauben. „Die Unternehmen haben in den vergangenen Jahren sehr gute Renditen erzielt. Das lässt die Erwartungen steigen. Allerdings ist ein hoher Firmenwert nicht immer über Assets wie Maschinen gedeckt“, sagt Leicht. Diesen Goodwill zu finanzieren, sei anspruchsvoll, weil der Käufer ein angemessenes Eigenkapital vorweisen müsse.

Um das aufzustocken, können verschiedene Finanzierungsbausteine genutzt werden. Dazu zählen etwa Fördermittel oder Mezzanine-Kapital wie stille Beteiligungen. Eine wichtige Rolle spielen auch Bürgschaften. „Eine Bürgschaft hat Eigenkapitalcharakter und verbessert tendenziell das Rating“, sagt Guy Selbherr, Vorstand der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg. Die Bundesregierung hat im Zuge der Coronapandemie die Bürgschaftsprogramme erweitert. Jetzt können Bürgschaften bis zu 2,5 Millionen Euro durch die Bundesländer gewährt werden, vorher lag die Grenze bei 1,25 Millionen Euro. „Das ist jedoch kein Instrument, um möglichst hohe Kaufpreise durchzusetzen“, sagt Selbherr.

Firmenkauf bedeutet Teamarbeit

Sein Tipp an potenzielle Käufer von Unternehmen: „Man sollte nicht immer vom Best Case ausgehen, sondern über Reserven verfügen. Nach dem Notartermin können viele unvorhergesehene Dinge passieren.“ Dem pflichtet Finanzierungsexperte Leicht bei: „Auch die beste Due Dilligence bietet keinen absoluten Schutz.“ Übernahmen sind seiner Meinung nach Teamarbeit. „Banker, Steuerberater, Unternehmer aus ähnlichen Bereichen können wertvolle Hilfe leisten.“ Doch vor allem solle man sich wirklich Zeit für die Übernahme lassen – ganz so wie Alexander Kasper.

10.03.2021    Martin Hintze
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