Der Diebstahl geistigen Eigentums (Intellectual Property/IP) ist ein wachsendes Problem: Bei 18 Prozent der deutschen Unternehmen wurde in den Jahren 2020/2021 geistiges Eigentum gestohlen – 11 Prozentpunkte mehr im Vergleich zu 2018/2019. Das ergab eine Studie des Digitalverbands Bitkom bei mehr als 1000 befragten Unternehmen verschiedener Branchen.
Um die immateriellen Werte besser zu schützen, haben die EU-Kommission und das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) im Januar einen neuen Fonds eingerichtet, der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit Sitz in der EU Gutscheine für den Schutz ihrer Rechte des geistigen Eigentums bietet, sogenannte „IP-Voucher“. Es geht dabei um den Schutz von Patenten, Produkten, Dienstleistungen, Verfahren, Marken, Geschmacksmustern und Unternehmensidentitäten. Wenn man so will, um all die Ideen, die ein Unternehmen einzigartig machen können. Damit will die EU kleinere und mittlere Unternehmen in den nächsten drei Jahren bei ihrer Erholung nach der Covid-19-Krise und ihrem grünen und digitalen Wandel unterstützen.
Lob vom Handwerksverband
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hält den Fonds für „durchaus sinnvoll“ und hebt insbesondere zwei Leistungen hervor: Die Finanzierung von 90 Prozent der Kosten eines Rechercheantrages beim Deutschen Patent- und Markenamt, der die Schutzfähigkeit handwerklicher Produkte prüft. Daumen hoch auch für die Übernahme von 75 Prozent der Kosten für die Eintragung von Gebrauchsmustern (siehe Kasten). Diese erscheinen dem ZDH aufgrund ihrer niedrigschwelligen und schnellen Eintragung als besonders geeignet.
Wermutstropfen: Der ZDH geht davon aus, dass Handwerksbetriebe derzeit ohnehin wenig Kapazitäten hätten, um sich um den Schutz ihres geistigen Eigentums zu kümmern. Zu schwer wögen aktuell anhaltende Materialengpässe und Probleme bei der Fachkräftesicherung sowie die nach wie vor angespannte Coronalage. Außerdem würden die zusätzlichen Anforderungen durch die Umsetzung der digitalen und grünen Transformation den Handwerksbetrieben derzeit enorm viel abverlangen.
Großzügiger Fördertopf
Der Berliner Patentanwalt Andreas Beyer von der Kanzlei Bressel und Partner – er ist Experte für nationales und internationales Markenrecht und Patentanmeldungen – schätzt den Fördertopf von 47 Millionen Euro als durchaus „großzügig“ ein und sieht Bedarf vor allem für Start-ups. Er begrüßt, dass auch Mittel zur Patentförderung vorhanden sind, „da Patente technische Schutzrechte sind, welche für die Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung europäischer Unternehmen von besonderer Bedeutung sind.“ Patente zu erlangen sei teurer und komplexer als Designs oder Marken.
So kommen Unternehmen an das Geld
KMU können sich bis zum 16. Dezember 2022 für Fördermittel bewerben. Die Gelder werden nach dem Motto "First in, first out" in der Reihenfolge der Antragseingänge vergeben. Infos zum Antrag des KMU-Fonds gibt es hier.
Neu ist der Fonds nicht. Der erste Fonds dieser Art wurde 2021 aufgelegt. Im vergangenen Jahr konnten KMU sich Kosten für die Vorabdiagnose von Rechten des geistigen Eigentums für Marken- und Geschmacksmuster erstatten lassen. Fast 13.000 KMU aus allen 27 Mitgliedstaaten nahmen 9,8 Millionen Euro der Mittel des Fonds in Anspruch. Es ist also noch viel Luft nach oben.