Aktienanlage

Dividendenrendite: Erfolgreiche Unternehmen bereiten Freude

Eine hohe Dividendenrendite hat das Potenzial, Sparbuch- und Tagesgeldzinsen zu überflügeln. Welche Stolpersteine es bei der Auswahl von Dividendentiteln zu beachten gilt, erklärt Madeleine Ronner, Expertin der Fondsgesellschaft DWS, im Interview.

19.04.2024

Wer zuletzt sein Geld bei Banken als Tagesgeld bunkerte, bekam dafür nach Zahlen der FMH-Finanzberatung im Durchschnitt von 136 Banken 2,16 Prozent Jahreszins. Der Satz lag damit unter der für Deutschland für März gemeldeten Inflationsrate von 2,2 Prozent – also in etwa ein Nullsummenspiel.

Beeindruckende Dividendenrendite

Wer dagegen zum Beispiel auf der Internetseite der Börse Frankfurt unter den Kennzahlen der Dax-Werte nachschaut, findet interessantere Angebote. Dort werden die Dividendenrenditen der Index-Mitglieder ausgewiesen – also der prozentuale Anteil der Ausschüttungen einer Aktiengesellschaft gemessen am aktuellen Kurs. So betrug zuletzt die Dividendenrendite der Volkswagen-Vorzugsaktie 7,3 Prozent, die des BASF-Titels 6,3 Prozent oder des Allianz-SE-Anteilsscheins 5,2 Prozent.

Ausschüttung reduziert den Kurs

Also alle Ersparnisse auf Aktien mit weit überdurchschnittlicher Dividende setzen? Eine solche Anlage könnte sich als Fehler erweisen. So reduziert sich der Kurs am Tag nach der von der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft beschlossenen Ausschüttung – dem Ex-Tag – in der Regel um den Betrag der ausgezahlten Dividende. Wie es dann mit der Notierung weitergeht, hängt stark von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens ab. Madeleine Ronner, Fondsmanagerin und ausgewiesene Aktienexpertin der Investmentgesellschaft DWS, sagt: „Historische Renditen haben beispielsweise gezeigt, dass Investitionen in Aktien mit der höchsten Dividendenrendite keine überdurchschnittlichen risikobereinigten Renditen erzielen, da sie häufig eine anstehende Dividendenkürzung anzeigen. Wir vermeiden diese daher eher“ (siehe Interview unten).

Hintergründe beachten

Anlegende sollten deshalb unbedingt nachforschen, welche Hintergründe für die hohe Dividendenrendite ursächlich sind: Ist die Ausschüttung sehr hoch? Kommt sie aus dem Gewinn des Geschäftsjahres oder der Substanz des Unternehmens? Resultiert die stattliche Dividendenrendite womöglich nur aus einem starken Kursrückgang? Bleiben trotz hoher Ausschüttung Mittel für wichtige Investitionen übrig? Also kommen auch die Dividendenfans unter den Anlegenden nicht darum herum, sich intensiv etwa mit der Marktstellung, den Zukunftsaussichten und der finanziellen Ausstattung der Kandidaten zu beschäftigen, die eine hohe Dividendenrendite bieten.

Dauerhafte Dividendenzahler

Ein Indiz ist beispielsweise die Dividendenkontinuität. Eine Reihe von Unternehmen schafft es über lange Zeiträume, Ausschüttungen zu leisten und diese immer wieder heraufzusetzen. So konnte beispielsweise der Schweizer Nahrungsmittelriese Nestlé („After Eight“, „Maggi“) zwischen 1995 und 2022 über 28 Jahre die Dividende steigern. Der US-Konsumgüteranbieter Procter & Gamble („Pampers“; „Ariel“) zahlt bereits seit 133 Jahren durchgängig Dividende, seit 67 aufeinanderfolgenden Jahren wurde sie erhöht. Beide Titel zeigen, dass sich defensive Aktien vor allem für eher geduldige Anleger eignen. Langfristig können sie eine hervorragende Entwicklung vorweisen, zuletzt dümpelten ihre Kurse aber mehr oder weniger dahin – während dagegen insbesondere Technologieaktien im Fokus der Investorinnen und Investoren standen.

Wichtig zu wissen: Dividenden tragen einen bedeutenden Anteil zur Gesamtentwicklung von Aktien bei. „Vor allem Investoren in europäische Aktien konnten sich in der Vergangenheit über hohe Ausschüttungssummen freuen. Diese halfen, die Gesamtperformance in Jahren negativer Kursentwicklung zu stabilisieren,“ so Dr. Hans-Jörg Naumer, Director Global Capital Markets & Thematic Research, von Allianz Global Investors in der aktuellen Dividendenstudie „Stabilität in Zeiten der Disruption“.

Experten-Expertise nutzen

Wem die individuelle Suche nach Dividendenstars zu aufwendig ist, kann auf die Expertise von Profis zugreifen. Es steht etwa eine Reihe entsprechender Fonds zur Auswahl. So beispielsweise der im Jahr 2003 aufgelegte DWS Top Dividende, dessen Management um Thomas Schüßler die Anleger jährlich am Erfolg des Portfolios beteiligt. Im November vergangenen Jahres gab es 4,60 Euro je Fondsanteil, was einer Ausschüttungsrendite von 3,4 Prozent entsprach. Ebenfalls im Angebot sind unter anderem der Allianz Global Equity Dividend oder der DJE – Dividende & Substanz der deutschen Investmentlegende Jens Ehrhardt.

Auf Dividendenwerte ausgerichtete ETFs

Neben diesen aktiv gemanagten Fonds gibt es zahllose auf Dividendenwerte ausgerichtete und meist gebührengünstige Exchange Traded Funds (ETF) wie etwa den Amundi ETF MSCI EMU High Dividend, der den Strategieindex MSCI EMU High Dividend Yield abbildet. Er folgt ihm im Gleichschritt – nach oben wie nach unten. Die Dividenden der Firmen im Index werden reinvestiert. Ein Blick auf die große Angebotspalette kann sich lohnen – zumindest aktuell mehr, als Rücklagen zu Minizinsen auf Tagesgeldkonten zu bunkern.

„Gründliche Analyse erforderlich“

Nur auf die Höhe der Dividendenrendite einer Aktie zu blicken greife zu kurz, sagt Fondsmanagerin Madeleine Ronner von der Investmentgesellschaft DWS. Sie erklärt, worauf es bei der Auswahl von dividendenstarken Aktien ankommt.

Madeleine Ronner

Madeleine Ronner

arbeitet als leitende Portfoliomanagerin des DWS Smart Industrial Technologies und ist stellvertretende Fondsmanagerin des DWS-Flaggschifffonds DWS Top Dividende sowie des DWS Invest Global Agribusiness Fonds. Zudem ist Ronner eine von zwölf Fondsmanagerinnen des DWS Invest ESG Women for Women

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Warum sollten Anleger auf Aktien mit überdurchschnittlicher Dividendenrendite setzen?

Madeleine Ronner: Anleger können mit Aktien, die eine überdurchschnittliche Dividendenrendite aufweisen, eine attraktive Möglichkeit nutzen, regelmäßige Einnahmen zu generieren. Historisch gesehen waren Dividendenausschüttungen immer ein bedeutender Bestandteil der Aktienrenditen. Zudem liefern Dividenden, im Gegensatz zur Preiskomponente der Gesamtrendite, stets eine positive absolute Rendite und schwanken deutlich weniger. Anleger können somit die Volatilität in ihrem Portfolio reduzieren. Die Risikobereitschaft des Anlegers spielt dabei eine wichtige Rolle. Auch konnten Dividenden historisch betrachtet einen wirksamen Inflationsschutz bieten. So lag das Dividendenwachstum seit den 1940er-Jahren mit einer Ausnahme in jedem Jahrzehnt über der Verbraucherpreisinflation. Zudem findet man im Dividendenbereich viele langfristig gut etablierte Unternehmen, die eine starke Position innerhalb ihrer Branchen haben. Wenn man sich das Marktumfeld anschaut, spricht aktuell ein weiterer Punkt für Dividenden: die relativ hohen Bewertungen vieler Wachstumsaktien. Bei Dividendenunternehmen hat man eine solche Bewertungsausweitung nicht gesehen. Sollte es also zu einer Korrektur oder Rückkehr zum Mittelwert kommen, sollten Dividendentitel gut aufgestellt sein.

Welche Vorteile bietet Anlegern die Investition in einen Dividendenfonds wie den DWS Top Dividende gegenüber der Investition in dividendenstarke Einzeltitel?

Ronner: Wir glauben fest an den Mehrwert einer aktiven Aktienauswahl bei Dividendeninvestitionen, da viele Komponenten zu berücksichtigen sind. Historische Renditen haben beispielsweise gezeigt, dass Investitionen in Aktien mit der höchsten Dividendenrendite keine überdurchschnittlichen risikobereinigten Renditen erzielen, da sie häufig eine anstehende Dividendenkürzung anzeigen. Wir vermeiden diese daher eher. Allerdings gibt es durchaus Sondersituationen, in denen hohe Dividendenrenditen durch den Gewinn eines Unternehmens gedeckt werden. Solche Chancen können wir nutzen, sie erfordern aber eine gründliche Analyse. Dividendenaktie ist nicht Dividendenaktie. Man findet hohe Dividendenrenditen beispielsweise im Energie- und Rohstoffsektor, allerdings auch im Basiskonsum- und Versorgersektor. Die Treiber und Kursbewegungen hinter diesen Aktien sind jeweils völlig andere. Darüber hinaus erfordert die Ermittlung des Ausmaßes der Verpflichtung des Unternehmens zur Zahlung von Dividenden über Konjunkturzyklen hinweg eine sorgfältige Analyse und ein fundiertes Urteilsvermögen. Unternehmenskontakte und ein regelmäßiger Austausch mit dem Management können hier einen deutlichen Mehrwert schaffen. Eine wichtige Säule unserer Anlagephilosophie ist das Ziel, erhebliche Verluste zu vermeiden. Deshalb konzentrieren wir uns auf Unternehmen mit geringer finanzieller Verschuldung, die starke freie Cashflows generieren, und bleiben bewertungssensitiv. Auch hier lohnt sich wieder ein Blick auf das Marktumfeld. Der Aktienmarkt ist in den vergangenen Monaten deutlich konzentrierter geworden. Der letzte Punkt, den ich nennen möchte, ist daher die höhere Diversifikation, die man mit Dividendenfonds erreicht. Im DWS Top Dividende haben wir beispielsweise gerade einmal eine Überlappung von zehn Prozent mit dem breiten Aktienmarkt und bieten Anlegern so die Möglichkeit, ihr Portfolio zu diversifizieren.

Welche Erwartungen haben Sie an die Ausschüttungen deutscher Aktiengesellschaften für die Geschäftsjahre 2023 und 2024?

Ronner: Die Dividendensaison hat bereits begonnen und geht bis Mai. Schätzungen zufolge werden die Dax-Unternehmen für das Geschäftsjahr 2023 voraussichtlich rund 55 Milliarden Euro ausschütten – eine Steigerung von 1,6 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. 26 der 40 Firmen im Dax dürften ihre Dividende erhöhen. Die höchsten Ausschüttungen weisen weiterhin Automobilfirmen auf, die rund ein Viertel der gesamten Ausschüttungen ausmachen. Aber auch im Versicherungsbereich wird kräftig ausgeschüttet. Zudem sehen wir im MDax ein ordentliches Dividendenwachstum von sieben Prozent. Auch für 2024 gehen wir von mittlerem bis hohem einstelligen Dividendenwachstum aus.