Die drei Buchstaben ETF stehen auf Würfeln.
11.05.2021    Martin Hintze
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Ein ETF ist ein börsengehandelter, passiv verwalteter Fond, der die Zusammensetzung und Entwicklung eines Wertpapierindexes nachbildet. Man kann es sich kaum vorstellen, aber solche Indexfonds waren bis zum Jahr 1998 in Deutschland verboten. Als das Verbot fiel, haben in den Etagen der aktiv gemanagten Fonds sicher keine Sektkorken geknallt. Ernsthaft beunruhigt waren die meisten Fondsmanager aber auch nicht. Obwohl Studien damals wie heute zeigten, dass nur ein kleiner Anteil der aktiven Fonds langfristig – und darauf kommt es an – besser abschneidet als der Vergleichsindex, war man sich wohl sicher, dass der Privatanleger das Thema nicht für sich entdecken würde.

Das Gegenteil war der Fall: Die Finanzwelt hat die Informationsmöglichkeiten, die das Internet bietet, unterschätzt. Die Performance-Vergleiche wurden mehr und mehr zum Thema der Anlegergemeinde und die Tatsache, dass ETFs keine Managementgebühren kosten, war ein wichtiges Argument für die Indexfonds. Obwohl die Fonds-Vertriebler weiterhin versuchten Indexfonds kleinzureden, war die Katze aus dem Sack.

Junge Anleger befeuern ETF-Boom

Kolumnenkasten von Gerhard Michel

Die geringeren Kosten, die durch die Indexreplikation gegebene Transparenz und die langfristig ordentliche Performance der großen Indizes sind Argumente, die für ein Engagement in ETFs sprechen. Verbunden mit einer Cost-Average-Strategie über einen Sparplan ist ein ETF-Investment eine gute Möglichkeit, über den Kapitalmarkt an den durchschnittlichen Wachstumsraten der Realwirtschaft zu partizipieren. Der überschaubare Zeitaufwand, den ein ETF-Portfolio benötigt und das relativ geringe finanzielle Wissen, das für ein ETF-Investment nötig ist, sind ebenfalls für viele Anleger positive Argumente. Aber ETFs haben auch Schattenseiten.

1. Nachteil: Nicht in jedem ETF ist drin, was draufsteht

Die meisten Anleger gehen davon aus, dass der ETF ihrer Wahl den zugrunde liegenden Index eins zu eins abbildet und sie als ETF-Inhaber Beteiligungen an den im Index enthalten Aktien besitzen. Man spricht in diesem Fall von einem physischen ETF. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Laut einer Studie der Bundesbank waren im Jahr 2018 rund 30 Prozent aller ETFs in Europa sogenannte synthetische ETFs. In den USA lag der Anteil synthetischer ETFs nur bei rund 10 Prozent.

 

Illustration von Gerhard Michel

Gerhard Michel ist Investor und Finanzcoach. In Einzelcoachings, Seminaren und als Gastdozent vermittelt er die quantitative, fundamentale Aktien- / Unternehmensanalyse

Bei synthetischen ETFs wird der Index durch Derivate (Termingeschäfte) abgebildet, die nicht mit dem betreffenden Index in Zusammenhang stehen müssen. Eine physische Hinterlegung des Wertpapierkorbs beim ETF-Anbieter findet nicht statt. Somit entsteht ein Gegenparteirisiko, falls der Derivate-Anbieter seine Verpflichtungen im Insolvenzfall nicht mehr erfüllen kann. Gründe für die Emission eines synthetischen ETFs können ein erschwerter Handel durch Anlagerestriktionen oder Steuern, aber auch einfach Kostenersparnis bei liquiden Indizes wie dem Dax sein.

Erfahrenere Anleger erinnern sich an die Pleite von Lehman Brothers und den mit ihr einhergehenden Ausfall der Lehman-Zertifikate. Investierende sollten sich vor dem Kauf eines ETFs gründlich über die Abbildungsart, physisch (auch: replizierend) oder synthetisch (auch: Swap-basiert), informieren.

Wie kommt eine Aktie in einen Index und somit in einen ETF?

Die beiden wichtigsten Kriterien für die Aufnahme in einen Aktienindex lauten Börsenumsatz (auch: Handelsvolumen) und Marktkapitalisierung. Der Börsenumsatz ist der Umsatz, der in einem bestimmten Zeitraum gehandelten Papiere einer AG. Die Marktkapitalisierung ist der Gesamtwert einer AG, errechnet durch die Formel: Anzahl der emittierten Aktien mal Börsenkurs. Diese Auswahlkriterien finden bei den meisten, relevanten Indizes auf der Welt Anwendung.

2. Nachteil: Wichtige Kennzahlen spielen bei der Indexaufnahme keine Rolle

Für Investoren sollten die Ertragskraft und die Finanzierungsrelation eines Unternehmens sowie die Kurs/Buchwert-Relation entscheidende Faktoren bei der Investitionsentscheidung spielen. Genau diese drei Punkte werden jedoch in keinem Index der Welt berücksichtigt. Für den Fundamentalinvestor in Einzelwerte ist es somit irrelevant, ob ein Unternehmen in einem Index notiert.

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11.05.2021    Martin Hintze
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