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Corona-Soforthilfe: „Derzeit keine Verpflichtung zur Rückzahlung“

Aktuell ist noch nicht geklärt, ob und wie Unternehmer die Corona-Soforthilfe zurückzahlen müssen. „Wer den Antrag ordnungsgemäß gestellt hat, ist derzeit nicht zur Rückzahlung verpflichtet“, erklärte Rechtsanwalt Stefan Buschmann bereits Anfang August im Interview mit DUB Unternehmer. Wie der Stand heute ist, stellt der Experte in einem Update dar.

06.11.2020

Besonders Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen wurden teils hart von der Corona-Krise getroffen. Um den Schaden abzufedern, halfen Bund und Länder mit schnellen Finanzspritzen. Alleine in NRW wurden in nur zwei Monaten 430.000 dieser Soforthilfen ausbezahlt.

Doch die Förderungsbedingungen waren oft unklar. Drohen den Kleinstunternehmen und Selbstständigen bald hohe Rückzahlungen? Experte Stefan Buschmann, Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht, klärt über die aktuelle Lage auf.

Interview vom 5. August 2020:

Stefan Buschmann

ist seit 1997 als Rechtsanwalt und Steuerberater tätig. Heute liegen seine Schwerpunkte auf Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Vertragsrecht und finanzgerichtliche Verfahren. Er betreut vorwiegend mittelständische Unternehmen in sämtlichen handels- und gesellschaftsrechtlichen Belangen.

Müssen Unternehmen, die jetzt wieder Erlöse erzielen, die geleisteten Soforthilfen nun tatsächlich zurückzahlen?

Stefan Buschmann: Vorab – die Voraussetzungen für eine Rückzahlung sind zum heutigen Zeitpunkt nicht abschließend geklärt. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte Anfang Juli das Rückmeldeverfahren gestartet – also die Überprüfung der Berechtigung für die Auszahlung der Soforthilfen durch detaillierte Nachfrage zur wirtschaftlichen Situation. Dieses Rückmeldeverfahren wurde wegen einer Vielzahl offener Punkte angehalten. Derzeit versuchen der Bund und die einzelnen Länder gemeinsame Kriterien zu entwickeln, nach denen gewährte Soforthilfen gegebenenfalls zurückgefordert werden. Also sollte – auch wenn bereits Rückmeldeverfahren oder Rückforderungen seitens des zuständigen Bundeslandes zugegangen sind – bis zu einer Klärung der Kriterien für eine Rückforderung nichts unternommen und folglich auch nichts zurückgezahlt werden.  Einzelne Bundesländer gehen aufgrund der vorgenannten Vorgaben davon aus, dass sämtliche Auszahlungen zu überprüfen sind. Hierbei wird ein detaillierter Nachweis dafür verlangt, dass die Liquiditätslage Corona-bedingt für die drei Monate nach Antragstellung existenzbedrohend war. Hierzu wird eine detaillierte Aufstellung der Einnahmen/Ausgaben und eine Gegenüberstellung mit den Zahlen des Vorjahres verlangt. Grundsätzlich ist also festzuhalten, dass die heutige Liquiditätslage nur dann entscheidend ist, wenn der relevante Dreimonatszeitraum den Monat Juli beziehungsweise August mitumfasst. Erfolgte zum Beispiel die Antragstellung Ende Mai, gelten als relevanter Zeitraum die Monate Juni, Juli und August.

Was passiert, wenn die Vorgaben des Bundes umgesetzt werden?

Buschmann: Wenn sich diese – meines Erachtens nach falsche – Umsetzung der Vorgaben des Bundes durch die Bundesländer durchsetzt, dann muss von Folgendem ausgegangen werden: Reichen die Zuflüsse aus der unternehmerischen Tätigkeit in den drei Monaten nach Antragstellung aus, die laufenden betrieblichen Kosten – Lebenshaltungskosten sind ausdrücklich nicht in Abzug zu bringen! – zu decken, dann ist die Soforthilfe vollständig zurückzuzahlen. Das gilt bei dieser strengen Auslegung auch dann, wenn in den nachfolgenden drei Monaten keinerlei Einnahmen mehr erzielt werden und der Antragsteller also dann „verspätet“ in Existenznot gerät.

Wie bewerten Sie als Experte diese Regelung?

Buschmann: Eine solche, formale Betrachtungsweise geht meines Erachtens nach vollständig am Ziel der Soforthilfe vorbei. Wie im Geschäftsleben üblich, werden Soloselbstständige zu Beginn der Pandemie noch Geldzuflüsse aus bereits erbrachten Leistungen vor der Pandemie haben und somit ihre Kosten – teilweise – begleichen können. Der Liquiditätsengpass setzt in vielen Fällen ja erst zeitlich versetzt ein – nämlich dann, wenn während der Pandemie keine Aufträge erteilt werden und deren üblicherweise zu erwartende Zahlung ein, zwei Monate später ausbleibt. Meines Erachtens nach schießen diese detaillierten und umfassenden Nachfragen weit über das gebotene Maß hinaus: Eine derart umfassende Überprüfung sehen die Vorgaben des Bundes für die Soforthilfe nicht vor. Auch irritiert es, dass der anfangs hochgelobte, unbürokratische Auszahlungsvorgang nunmehr in ein neues Bürokratiemonster münden soll.

Gibt es bereits gesicherte Informationen, in welcher Höhe eine Rückzahlung ausfallen könnte, ob Ratenzahlungen möglich sind und wie viel Zeit man für eine Rückzahlung hätte?

Buschmann: Nein, es gibt derzeit keine konkreten Vorgaben an die Bundesländer für die Ausgestaltung etwaiger Rückzahlungen. NRW verlangte in dem nun ausgesetzten Verfahren eine Rückzahlung bis Ende des Jahres. Hier bleibt abzuwarten, ob und auf welche Regelungen sich der Bund mit den Ländern verständigt. Auch wenn es im Falle einer späteren Rückforderung keine geregelte Ratenzahlung gibt, kann eine solche bei begründeter Bedürftigkeit als Billigkeitsmaßnahme beantragt werden.

Was passiert, wenn man nicht zahlt oder nicht daran denkt? Laufen Unternehmer Gefahr, sich mit Subventionsbetrug strafbar zu machen?

Buschmann: Sofern der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung davon ausgehen durfte, dass er in den für die Zuwendung geforderten Liquiditätsengpass kommen würde, sind aus meiner Sicht keine Anhaltspunkte für einen Subventionsbetrug gegeben. Die Auszahlung-Modalitäten sehen auch nicht vor, dass der Empfänger der Soforthilfe seine Zuwendung im Nachhinein selbst auf Berechtigung überprüfen muss. Somit ergibt sich nach meiner Einschätzung auch keine Verpflichtung, zu einer vorauseilenden „freiwilligen“ Rückzahlung. Selbstverständlich sind für den Fall, dass ein zwischen Bund und den Ländern geregeltes Rückmeldeverfahren zustande kommt, die dann geforderten Angaben wahrheitsgemäß zu machen.