Als zu Beginn der Coronapandemie die Aktienkurse erst in den Keller rauschten und sich danach wieder erholten, war noch nicht klar, wie offene Immobilienfonds (OIF) die Krise überstehen würden. Nun hat Scope Analysis 15 der auf dem deutschen Markt erhältlichen 21 Fonds untersucht und ein erstes Resümee für das Jahr 2020 gezogen. Ergebnis: Auch OIF haben unter der Krise gelitten, zudem haben sich Veränderungen beschleunigt, deren Beginn sich bereits zuvor angedeutet hatte.
Rendite der offenen Immobilienfonds fällt um ein Drittel
Welche Konsequenzen die Krise für Anleger hat, lässt sich an der Rendite ablesen: Während die durchschnittliche Wertentwicklung nach Angaben von Scope 2019 noch 3,0 Prozent betrug, lag sie 2020 nur noch bei 2,1 Prozent. Ende Dezember fiel sie gar auf 1,87 Prozent – den tiefsten Wert seit zehn Jahren. Sechs Fonds wertete Scope aufgrund schlechter Performance leicht ab, neun sind auf ihrem bisherigen Niveau geblieben, das durchschnittliche Rating liegt bei der Note „a-“.
Panikverkäufe bleiben aus
Auch die Helaba, die Landesbank Hesse-Thüringen, misst die Performance von OIF und zwar anhand des Helaba OIF Index, in den indes nur neun Fonds einfließen, aber immerhin mit einem Volumen von 94 Milliarden Euro. Dieser Index zeigt Ende Mai 2021 eine Jahresperformance von nur noch 1,4 Prozent an. Vor der Pandemie lag sie bei 2,7 Prozent.
Und wie haben die Anleger reagiert? Es gab lediglich geringe Mittelzuflüsse: nach 10,4 Milliarden Euro 2019 nur noch 7,8 Milliarden Euro im Jahr 2020. Das gesamte OIF-Volumen beläuft sich auf 117 Milliarden Euro – eine Rekordsumme.
Gewinner und Verlierer der Pandemie
Besonders hart getroffen vom monatelangen Lockdown sind die Bereiche Hotel, Tourismus und Einzelhandel, der Lebensmitteleinzelhandel ausgenommen. Beim Hotelgewerbe erwartet Frank Netscher, Immobilienexperte bei Scope, eine Erholung bis spätestens 2024, nicht aber beim Einzelhandel und insbesondere nicht bei den Einkaufszentren. Der Trend zum Onlinehandel hatte schon vor geraumer Zeit begonnen, nun führt er zu einer starken Verteuerung einer dritten Sparte, den Logistikimmobilien.
Dort gebe es bereits mehrere Unterkategorien, etwa die Lager für Zulieferbetriebe, Hallen für den Versandhandel sowie die innerstädtischen Gebäude für Last-Mile-Delivery. 2019 betrug der Logistikanteil in OIF noch sechs Prozent, 2020 hat er sich bereits auf 18 Prozent verdreifacht. Gegenläufig ist die Entwicklung beim Einzelhandel: Dort betrug der Anteil 2018 noch 18 Prozent, schrumpfte 2019 auf zehn und 2020 auf sechs Prozent.
Viele Shoppingcenter sind Klimasünder
Ein großes Thema sind ESG-Zertifizierungen, also das Thema Nachhaltigkeit bei OIF. Eine Scope-Umfrage hat ergeben, dass 80 Prozent der Anbieter beabsichtigen, neue nachhaltige Immobilienfonds aufzulegen. Heute sind bereits sieben offene Immobilienpublikumsfonds als sogenannte Artikel-8-Fonds klassifiziert. Das heißt, sie kommen bestimmten nachhaltigen Transparenzpflichten nach. Diese Fonds berücksichtigen Umwelt- oder soziale Kriterien im Investmentprozess und versuchen bereits vorhandene Gebäude entsprechend zu sanieren.
Auch dies tangiert den Sektor Shoppingcenter, so Scope-Analystin Sonja Knorr: „Shoppingcenter haben oft einen hohen Energieverbrauch allein aufgrund der Klimatisierung und Flächenaufteilung. Asset Manager beobachten diese Klimasünder nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sehr genau hinsichtlich ihrer Portfoliorelevanz.“
Auch auf Objektebene nimmt der Anteil der als „Green Building“ zertifizierten Immobilien stetig zu. Über einen längeren Zeitraum heißt das: 2013 waren 25 Prozent aller Fonds-Objekte zertifiziert, 2020 bereits 53 Prozent. Nach Volumen waren es 2013 ein Drittel der Objekte und 2020 zwei Drittel – dies, weil sich die preisintensive Zertifizierungen besonders für große und teure Gebäude lohnt.
Vor allem junge Fonds, die ihr Portfolio erst aufbauen, achten sehr darauf, möglichst zertifizierte Immobilien ins Portfolio zu nehmen. Knorr: „Ein weiteres Thema bei nachhaltigen Immobilienfonds ist die Liquidität: In welche Art von Anleihen stecken Fonds das verfügbare Kapital, sind es grüne Anleihen oder nicht?“ Weitere Kriterien sind neben dem Energieverbrauch und CO2-Ausstoß die Aufenthaltsqualität, grüner Strom, Anbindung etwa ans Fernwärmenetz, aber auch soziale Kriterien wie sozialer Wohnungsbau oder Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.
Wohnungsanteil steigt
Wohnungen sind neben Logistikimmobilien das zweite stark wachsende Segment – auch wenn der Anteil zuletzt noch unter fünf Prozent lag – unter allen OIF, zu denen auch drei speziell auf Wohnungen fokussierte Fonds gehören. Knorr: „Dieses Segment wird derzeit sehr stark aufgebaut. 13 Prozent der gesamten Investitionen flossen 2020 in Wohnimmobilien.“
Wie sich die Lage für Büroimmobilien verändert, sei noch nicht klar, sagt Netscher. Die Arbeitgeber erfragen gerade von ihren Belegschaften die Bereitschaft zu oder Wunsch nach Homeoffice. Die bereits heute spürbare Konsequenz seien Mietverträge, die über eine kürzere Dauer abgeschlossen würden, und ein leicht erhöhter Leerstand: Die Vermietungsquote lag Ende 2019 noch bei 96 Prozent. Zum Ende des ersten Quartals 2021 ist sie auf 93,9 Prozent gefallen.
Die Zeiten der Vollvermietung sind vorbei
Allerdings erwarten 90 Prozent der Anbieter eine weitere Reduzierung oder mindestens eine Stagnation der Vermietungsquote. Die Zeiten der Vollvermietung, die mit 98 Prozent als erreicht gilt, sind offenbar nun vorbei. Dennoch gehören Büroimmobilien zum bevorzugten Segment bei den Fondsanbietern.
Wie geht es für Anleger weiter? Sie brauchen wohl einen langen Atem. Die Hälfte der von Scope befragten Fondsmanager sieht für dieses Jahr die Rendite zwischen 1,5 und 2,0 Prozent. Allerdings hatten zwei Drittel auch für 2020 eine Performance zwischen 2,0 und 2,5 Prozent erwartet, die nicht eintrat. Die Durststrecke dürfte zunächst anhalten.