Eine Deutschland-Fahne vor dem Bundestag in Berlin.
08.12.2021    Arne Gottschalck
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Es mag niemanden überraschen, aber das Wort „mittelfristig“ dürfte mit Blick auf die Geldentwertung derzeit inflationär verwendet werden. Zwar liegt die Inflation derzeit bei über fünf Prozent und damit eigentlich deutlich oberhalb jener Zwei-Prozent-Marke, die die Währungshüter sich als Ziel gesetzt haben. Doch ein Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB) mit einer Zinserhöhung ist nur dann greifbar, wenn die Inflation von Dauer ist. Und davon geht EZB-Chefin Christine Lagarde derzeit nicht aus: Die Inflation sei zwar da, doch mittelfristig bleibe sie unter dem Zwei-Prozent-Ziel.

Bei der Deutschen Bank indes macht man sich andere Gedanken. Mit Blick auf die USA rechnet man damit, dass die Inflation im Jahresschnitt bei 4,4 Prozent liegen, sich aber im Jahresverlauf abschwächen werde. Und in Europa? Sollte laut Deutscher Bank die Inflation 2022 auf 2,8 Prozent steigen.

Die Eurozone hinkt hinterher

Die Konsequenz daraus? 2022 dürfte das Jahr der Zinswende werden, schreibt das Finanzinstitut in seinem Kapitalmarktausblick. „Eine Wende der US-Zinspolitik erwarten wir bereits Mitte 2022, in der Eurozone – Stand jetzt – dürfte ein solcher Schritt erst gegen Ende 2023 anstehen“, schreibt Stefan Schneider, Chefvolkswirt für Deutschland von Deutsche Bank Research.

Die Frage nach den Leitzinsen ist gerade für Anleiheneigner ausgesprochen wichtig, weil sich die Verzinsung der Bonds eben auch an den Leitzinsen orientiert. Mehr noch: Steigen die Zinsen, bedeutet das einen Run der Anleger auf die neuen und höher verzinsten Papiere – und einen Kursverlust der laufenden Anleihen.

Staatsanleihen? Wieder nicht

In so einem Umfeld hält Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank, Unternehmensanleihen für interessanter als Staatsanleihen. Eine Meinung, die man bei Bantleon zu unterschreiben scheint – aber auch mahnt: „Unternehmensanleihen sollten zwar weiter gegenüber Staatsanleihen outperformen“, schreibt Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann. „Allerdings sind mit Investment-Grade-Unternehmensanleihen aufgrund des Zinsanstiegs (bei niedrigen Coupons) kaum noch positive Erträge zu erwirtschaften. Der Anleger muss daher auf Corporate Hybrids (Nachranganleihen von Industrieunternehmen), High-Yield-Anleihen und Fremdwährungsanleihen ausweichen.“

Was noch helfen könnte? Laut Hartmann kommen auch inflationsgeschützte Staatsanleihen, sogenante Linker, in Frage. „Es müssen aber kleinere Brötchen gebacken werden als 2021.“

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Keine einfachen Zeiten also für Bond-Anleger. Das Investmenthaus JP Morgan geht sogar noch einen Schritt weiter: Anleihen seien „Dauerverlierer“, heißt es im langfristigen Ausblick. Denn zugespitzt könnte man sagen, dass nach Abzug der Inflation vom Anleiheertrag oft nichts übrigbleibt.

Und kurzfristig, für 2022? „Staatsanleihen sind in vielen Staaten der Welt weiterhin wenig attraktiv“, schreibt Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei JP Morgan. Und etwas verklausuliert: „Bei anhaltender finanzieller Repression bleiben Unternehmensanleihen unser bevorzugte Anleihensektor.“

Mit anderen Worten: 2022 könnte tatsächlich zu eine Art Weiter-so-Jahr werden.

 

 

08.12.2021    Arne Gottschalck
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