Eine Kolumne von Professor David Matusiewicz
Personalmangel und hohe Krankenstände – das eine bedingt das andere, und so geraten manche Unter- nehmen in einen Teufelskreis, der großen wirtschaftlichen Schaden anrichtet. Sei es in den letzten Wochen die Meldung, dass Tesla seine Mitarbeiter zu Hause besucht, oder jüngst Daimler-Chef Ola Källenius, der sich fragt, warum bei ähnlichen Arbeitsbedingungen in anderen europäischen Länder nur halb so viele Mitarbeitende fehlen.
Einflüsse auf den Krankheitsstand
Ich habe während meines Praxissemesters im Personalcontrolling bei Daimler Fehlzeiten kontrolliert und mich schon damals gefragt, warum diese teilweise so stark divergieren – selbst innerhalb Deutschlands beim gleichen Arbeitgeber. Die Probleme haben sich in den letzten Jahrzehnten nicht geändert, obwohl viele Unternehmen inzwischen kreative Lösungen gefunden haben. Einige Unternehmen bieten sogenannte NullBockTage (engl. „reset days“) an, wie in Großbritannien. Wer sich nicht gut fühlt, bleibt bei vollem Lohn an diesen Tagen einfach zu Hause.
Prämien und Gesundheits-Boni
Es gibt Unternehmen, die Prämien zahlen, wenn man nicht krank wird. Wer in drei Monaten keinen Tag wegen Krankheit fehlt, erhält die volle Prämie (bis zu 1.000 Euro pro Jahr). Dieses Bonusmodell klingt zunächst vernünftig, aber was ist mit den Mitarbeitern mit einer chronischen Erkrankung mit Schüben? Und was ist mit Krankheitsverschleppung und Mitnahmeeffekten?
Andere Arbeitgeber setzen auf Menstruationsurlaub wie in Japan, wo es seit 1974 gesetzlich verankert ist, dass Frauen währenddessen nicht arbeiten müssen, wenn sie sich dazu nicht in der Lage fühlen. Wieder andere setzen auf zusätzliche freie Tage für Nichtraucher, während in anderen Unternehmen nicht einmal die Raucherpause als Arbeitszeit gilt.
Der Faktor Mensch
Stellen wir uns ein perfektes Arbeitsumfeld vor: Würde der Krankenstand dann gegen null gehen? Ich glaube nicht. Es ist der Faktor Mensch. Und dann gibt es noch viele private Gründe, die man wohl mit betrieblichen Maßnahmen wohl nur schwer in den Griff bekommt: Mal ist es das kranke Kind, mal der zu pflegende Angehörige, mal ist der Hund krank, dann hat der Hamster die ganze Nacht gebrochen, plötzlich hat es im Herbst doch geschneit und die Winterreifen sind nicht drauf, oder der letzte Sonnentag des Jahres wurde angekündigt.
Andere schleppen sich mit Schmerzmitteln vollgepumpt zur Arbeit, weil sie ihre Kollegen nicht im Stich lassen wollen, bis sie völlig zusammenbrechen und länger aus fallen. Arbeit muss sich wieder lohnen – für beide Seiten.