Veranstaltungsbranche während und nach der Pandemie

Wie sehen Messen und Events der Zukunft aus?

Klassische Messen wurden 2020 der Reihe nach abgesagt, dafür hybride Formate oder Online-Varianten angeboten. Sieht so die Zukunft der Messen aus? Vier Branchenkenner blicken nach vorne.

01.12.2020

„Wir haben im Februar zusammengesessen und gingen davon aus: Das geht in zwei Monaten vorbei“, sagt Jutta Jakobi, Global Director Digitalization, Deutsche Messe AG, im DUB Digital Business Talk #111 und fasst damit in Worte, was vermutlich viele in der Messewirtschaft seinerzeit dachten. Doch es sollte anderes kommen. Der Staat fasst Messen deutlich strenger an als etwas Einkaufszentren, die weiter geöffnet sind. Das zwang die Entscheider der Branche, umzudenken und das in Rekordzeit.

Eine „tektonische Verschiebung“ nennt es Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des AUMA – Verband der deutschen Messewirtschaft. Raus aus Präsenzmessen, rein in die digitale Welt. Ein bedeutender Faktor:  Immerhin liefere die Messeindustrie rund 28 Milliarden Euro im Jahr für die Wirtschaftsleistung Deutschlands ab. Und 2020 seien lauf Ifo davon 22 Milliarden unwiederbringlich verloren. Mehr als zwei Drittel der geplanten Messen wurden abgesagt.

Digitale Events werden zur Normalität

Verschieben ist für manche Anbieter eine Lösung. Das Aachener Werkzeugmaschinen Kolloquiums (AWK) etwa sollte im Mai 2020 stattfinden. Doch die Macher kündigten an, die Veranstaltung im Sommer 2021 abzuhalten. Das bedeutet in der Regel allerdings auch, die Erlöse zu verschieben. Insofern war und ist der Gang ins Digitale die logische Schlussfolgerung für viele Anbieter.

Das Problem: Der Sprung ins Digitale kam für manche zu früh, zu überraschend. Hybride Formate waren daher die Antwort vieler Messeanbieter und auch Konzertveranstalter. Eine Mischung also aus Präsenz und digitaler Ausspielung. Holger Hübner, der Mann hinter dem Rockfestival Wacken, berichtet: „Bis zum 16 August hatten wir noch Hoffnung, aber dann kam die Entscheidung des Landes, das war bitter.“ Es folgten intensives Nachdenken und die Idee, das Ganze online zu machen. Tatsächlich wurde das Event in Zusammenarbeit mit Magenta TV gestreamt. „Wir haben versucht, das so zu rocken:“ Eine Herausforderung dabei: Die Menschen dazu bewegen, mitzumachen.

Der Mensch steht im Fokus

Welche Leitplanken gibt es? Konsens herrscht unter den Diskussionsteilnehmern darüber, dass es immer um Neukundengewinnung geht. Holtmeier: „Die hybriden Formate sind digitale Brücken, mit denen man zusammenkommen kann.“ Der Mensch ist für Sebastian Retz, Mitgründer Intertrade Digital, auch aus einem anderen Grund wichtig: Egal was man macht, es müssten immer Menschen dabei sein. Es geht online nicht darum, einen Messestand in 3D aufzubauen. Sondern um Menschen.

Freilich ist das in einigen Bereichen schwieriger als in anderen, etwa bei Nahrungsmitteln oder Kosmetik. Die will man sehen, fühlen, schmecken. Doch mit Kreativität lässt sich auch dieser Herausforderung Herr werden. Etwa, indem die Produkte vorab an die virtuellen Besucher geliefert werden und die Menschen sich online treffen.

Keine einfache Aufgabe. 2020 und 2021 werden sicher eine Phase des Übergangs, sagt Jakobi. Umso wichtiger, über den Online-Kurs nachzudenken. Denn Geld verdienen könne man damit, wenn die eigene Infrastruktur so aufgestellt wird, dass sie replizierbar ist.

Die Zukunft wird nicht mehr nur in Präsenzmessen liegen, sondern auch online stattfinden. Retz hatte schon früher über das Digitale nachgedacht. Und als es im Frühjahr des Jahres 2020 akut wurde? „Wir haben uns drei Abende in Folge eingeschlossen und gefragt, was wir machen können.“ Seine Lösung: Messegesellschaften Pakete anzubieten, um Veranstaltungen ins Digitale zu heben. Der Charme dieses Ansatzes reicht auch in die Post-Corona-Zeit: Denn so erreicht man auch die Menschen, die keine Zeit zum Messebesuch haben.

Für den Wacken-Mann Hübner heißt das: „Man muss nicht im Schlamm liegen, sondern kann zuhause feiern. Alles cool.“