- Brigitte Zypries, Bundeswirtschaftsministerin a.D. und Herausgeberin des DUB UNTERNEHMER-Magazins, und den Top-Experten
- Nina Kalmund, Certified High Performance Coach;
- Jörn Weitzmann, Fachanwalt für Steuer- und Insolvenzrecht, Kanzlei Kilger & Fülleborn sowie
- Nicolas Rädecke, Geschäftsführer Deutsche Unternehmerbörse und Insolvenzbörse.
Was muss geschehen, damit Unternehmen nicht in Insolvenz geraten?
Für den erfahrenen Insolvenzverwalter Weitzmann gilt es, die Unsicherheit aus dem Markt zu nehmen: „Wir brauchen jetzt eine Stimmung gesicherten Wirtschaftens.“ Er stellt insbesondere die Bedeutung der Kommunikation in der aktuellen Situation in den Vordergrund: „Es ist wichtig, dass Geschäftspartner miteinander sprechen. So sind beispielsweise viele Vermieter bereit, etwa mit Gastronomen oder Händlern über die Anpassung der Miete zu reden.“ Ein Grund: Wird der Mieter zahlungsunfähig, könnte es in der Krise sehr schwierig werden, einen Nachmieter zu gewinnen.
Zudem sollte die Insolvenz nicht als Schreckensbild dargestellt werden: „Sie kann in Eigenverantwortung oder mit einem Insolvenzverwalter als Berater dazu dienen, die Verbindlichkeiten zurückzuschrauben und neues Kapital zu finden.“ Insolvenzverschleppung dagegen, also andere mit hineinzuziehen, „geht gar nicht“. Stattdessen: „Vertrauen aufbauen, mit den Gläubigern reden, ist wichtig – und nicht erst dann, wenn der Versorger den Strom abstellt.“
Kann ein Verkauf oder die Aufnahme eines Teilhabers die Lösung sein?
In der Krise zögerten potenzielle Unternehmenskäufer oder Finanziers, die eine Beteiligung eingehen wollen, zunächst. „Diese Zurückhaltung beruhte vor allem auf den Problemen, Firmen in einer solchen Situation bewerten zu können,“ sagt Unternehmerbörse-Chef Rädecke. „Doch das Interesse wächst wieder, insbesondere an Beteiligungen.“ Mit der neuen Insolvenzbörse bringt er dringend kapitalsuchende Unternehmer und Investoren zusammen.
Wie können sich Selbstständige mental auf die schwierige Situation einstellen?
Für Coach Kalmund ist es besser, einen Neustart aus eigenem Antrieb heraus anzugehen als lediglich der Krise die Schuld zu geben. Die lange Jahre erfolgreiche Architektin musste sich als Alleinerziehende mit zwei Kindern selbst neu erfinden und rät, zunächst einige Fragen zu klären: „Wer bin ich, wie will ich leben, habe ich Visionen, etwas Neues aufzubauen?“ Weitzmann ergänzt: „Es sollte kein Unternehmer nur auf staatliche Hilfe hoffen, Eigeninitiative ist jetzt gefragt.“
Wie finden Unternehmer neue Geschäftsmodelle?
Zypries betrachtet es als schwierig, eine Erholung der Wirtschaft zu prognostizieren: „Das Virus ist noch da.“ Gastronomen könnten etwa zweigleisig fahren, so ihren im Lockdown erprobten Außer-Haus-Service beibehalten, um damit Ertragseinbußen aufgrund der beschränkten Gästezahlen im Restaurant zumindest teilweise auszugleichen. Zypries’ Bruder zum Beispiel führte Märchen-Musicals auf. Dies ist aufgrund der Kontaktbeschränkungen zurzeit nicht möglich. Jetzt bietet er Musikveranstaltungen auf den Innenhöfen von Seniorenheimen an – „das ist ein Riesenerfolg“.
Kalmund und Rädecke verweisen auf Chancen, welche die Digitalisierung biete. Coach Kalmund: „Man sollte überlegen, wo der Ball morgen und nicht wo er momentan liegt. Selbstständige können die Krise dazu nutzen, sich zukunftsorientiert aufzustellen.“ Der meist erfolgreiche Einsatz von Homeoffice in den vergangenen Coronawochen ist für Rädecke ein gutes Vorbild: „Den Wandel einfach probieren – dann lösen sich vermeintliche Schwierigkeiten häufig in Luft auf.“