Die Musik per Sprachsteuerung starten oder die Jalousien per Mobiltelefon von unterwegs herunterfahren: Ein smartes Zuhause ist längst keine Science-Fiction mehr, sondern im Alltag vieler Menschen angekommen. Gleichzeitig entwickelt sich der Markt rasant weiter. Welchen Mehrwert smarte Gerätesteuerung bietet, erklärt Christian Feltgen, Geschäftsführer Entwicklung und Technologie bei Gira. Er ordnet die Trends auf dem Smart-Home-Markt ein.
Vernetzung
Smart Home: Das können die Gebäude der Zukunft
Gira stellt intelligente Lösungen für das Smart Home her. Ziel ist es, diese möglichst einfach in der Anwendung und gleichzeitig besonders sicher zu machen. Davon profitieren sowohl private als auch gewerbliche Nutzerinnen und Nutzer.
05.12.2022
Christian Feltgen
ist seit 2016 Geschäftsführer Entwicklung und Technologie bei Gira
Smart Home ist ein weitgefasster Begriff. Was macht aus Ihrer Sicht ein Gebäude smart?
Christian Feltgen: Der Begriff Smart Home ist nicht definiert; es gibt recht unterschiedliche Interpretationen. Für uns ist Smart Home eine intelligente Steuerung der Funktionen, die tiefer ins Gebäude integriert sind: Beleuchtung, Beschattung, Beheizung, erweiterbar um Entertainmentfunktionen wie Musik, Fernsehen, Telekommunikation und vieles andere.
Welchen Beitrag kann ein Smart Home angesichts der Energiekrise zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Kostensenkung leisten?
Feltgen: Das Smart Home leistet erst mal sehr viel in Richtung Komfort – das zahlt aber natürlich auch sehr auf Effizienz und Energiesparen ein. Wenn ich nicht mehr vergessen kann, mein Licht auszumachen, weil es sich selbst ausschaltet, dann ist das effizient. Wenn ich die Sonneneinstrahlung nutzen kann, um den Raum aufzuheizen, aber verhindern kann, ihn zu überheizen, weil ich abhängig von Temperatur und Einstrahlung meine Beschattung regeln kann, dann sind das Funktionen, die es mir einfacher machen, Energie zu sparen. Und das können integrierte Smart-Home-Systeme sehr gut leisten.
Der Trend geht sicherlich Richtung Smart Home und dahin, Funktionen zentral zu schalten: Beim Verlassen des Hauses eine Taste zu drücken und dann zu wissen, alles im Haus ist aus – das bedeutet Sicherheit, Komfort und Energiesparen.
Wie können diese Funktionen auch in Unternehmen und anderen Gebäuden einen Mehrwert liefern?
Feltgen: Eine gute Smart-Home-Lösung lässt sich von überall auf der Welt steuern. Und zwar sicher. Das ist auch sehr wichtig für Zweckbauten – also smarte Gebäude wie Hotels, Bürogebäude, Arztpraxen und so weiter. Dass ich bei Präsenzmeldungen sehen kann, ob ich einen Raum heizen oder belüften muss, ob das Licht ein- oder ausgeschaltet sein muss, ist hier nur ein Feature. Wenn wir jetzt nicht gerade von großen Industriebauten reden, ist vieles deckungsgleich zum Smart Home.
Wie verhindern Sie, dass Menschen im Smart Building ausspioniert oder gehackt werden?
Feltgen: Sicher heißt erst mal funktionssicher. Wenn ich Lösungen habe, die aus der Consumer-Elektronik kommen, dann laufen die über zentrale Server. Wenn diese ausfallen, geht nichts mehr. Das heißt, selbst wenn das eine oder andere Comfort-Feature mal nicht funktioniert, muss ich mein Licht einschalten oder den Rollladen hochfahren können. Da funktionieren robuste Standards. Wir setzen bei der Vernetzung im Gebäude auf den KNX-Standard. Der ist weltweit mit Abstand am meisten verbreitet für diese Anwendung. Diese Kommunikationsstandards sind inzwischen mit digitalen Sicherungsmethoden verschlüsselt. Da kann niemand mithören, sich reinhacken und versuchen, nachts meinen Rollladen hochzufahren, um leichter einbrechen zu können.
Spannender ist das noch beim Zugang von außen: Wenn ich über die Cloud oder mein Handy mit meinem Haus sprechen möchte, dann muss das auch sicher sein. Da haben wir eine Lösung mit unserem Gira S1, der die Kommunikation voll verschlüsselt. Zudem unterhalten wir eine eigene Infrastruktur und gehen nicht über irgendwelche Dienste, die womöglich noch außerhalb Europas sitzen, sondern wir betreiben Server in Deutschland mit Verschlüsselung nach höchstem technischem Standard. Und so können wir sicherstellen, dass auch von unterwegs die Kommunikation mit dem Smart Home sicher ist.
Smart Home gilt als technisch komplex. Um die Anwendung weniger komplex zu machen, soll Gira One helfen. Wie funktioniert das konkret?
Feltgen: Wenn ein Elektroinstallateur erst einmal wochenlange Schulungen machen muss, um eine Smart-Home-Lösung funktionssicher und entsprechend den Anforderungen der Kunden zu installieren, dann überlegt er sich das dreimal. Und es gibt eben auch nur eine begrenzte Zahl von qualifiziertem Personal in der Elektrobranche, das das installieren kann. Dieser Aufgabe haben wir uns gestellt. Gira One ist so einfach, dass man kein spezielles Know-how benötigt. Über eine Wizard-geführte Inbetriebnahme wird die Anlage fertig programmiert. Der Trick ist hier, Einfachheit herzustellen, um die Barriere zu senken, sich für eine Smart-Home-Lösung zu entscheiden.
Profitieren auch die Endkundinnen und -kunden von dieser reduzierten Komplexität?
Feltgen: Wir haben den Endkunden genauso im Blick gehabt. Er kann Szenen anlegen, die Namen der Räume ändern oder die Reihenfolge der Kacheln auf dem Bildschirm. Der Endkunde ist sehr frei, wie er dies in der App für sich dargestellt haben möchte. Und es ist auch funktional: Er kann die Zeitschaltuhr und Abwesenheitssimulationen nutzen. Der Endkunde kann jetzt auch sehr viel mehr selbst tun, als er das bei den bekannten Systemen konnte.
Smart Home ist ein Zukunftsthema. Welche Trends sehen Sie in diesem Bereich und vor welchen Herausforderungen stehen Sie?
Feltgen: Wir wollen bei Gira keine geschlossenen Lösungen anbieten. Dafür ist die Welt zu komplex. Das heißt, wir entwickeln auch offen für Entwickler einsehbare Schnittstellen. Sie können die Alexa-Sprachsteuerung benutzen, um Ihre Smart-Home-Jalousien oder -Leuchten zu steuern, oder die Gira-App, um ihr Sonos-System an- und auszuschalten. Diese Offenheit ist sicher ein großer Trend.
Der andere ist: Die Bedienschnittstellen entwickeln sich pausenlos weiter. Es war mal nur der Schalter. Dann kamen das Handy, eingebaute Bedienelemente, die Sprachsteuerung, vielleicht noch die Geste. Je nach Präferenz, Situation, Funktion gibt es durchaus eine Koexistenz. Und die darzustellen ist eine Herausforderung. Längerfristig wird auch die Künstliche Intelligenz Einzug ins Smart Home halten, die es dann ermöglicht, über die Erkennung gewisser Nutzungsmuster Vorschläge zu erarbeiten und Dinge zu automatisieren, die man heute noch über Taster oder übers Handy auslöst.
Redakteurin
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