Immer mehr Investoren wollen verantwortungsvoll investieren. Insbesondere institutionelle Anleger wie beispielsweise Versicherungen oder Pensionsfonds verlangen die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskriterien ESG. E steht für Environment (Umwelt), S für Social (Soziales) und G für Governance (gute Unternehmensführung). Was genau dahinter steckt, fragt DUB UNTERNEHMER-Finanzredakteur Arne Gottschalck bei den Profis nach.
Was treibt die Nachfrage nach verantwortungsvollen Investments an?
„Zum einen ist es regulatorischer Druck, den Investoren erfüllen müssen, und der steigt an,“ sagt Christian Machts, Vertriebsexperte beim Fondsanbieter Fidelity International. Zum anderen komme „massiver Druck aus der Gesellschaft.“ Machts nennt als aktuelles Beispiel die heftige Diskussion um Facebook als Plattform für Fake-News und Hassbotschaften: „Die wäre noch vor fünf Jahren undenkbar gewesen.“ Henrik Pontzen, Leiter ESG bei Union Investment, sieht ebenfalls die Gesetzgebung als wichtigen Treiber. „Erst seit dem Klimaübereinkommen von Paris im Jahr 2015 hat CO2 einen Preis.“ Jetzt sei berechenbar, warum ein Unternehmen mit Innovationspotenzial zur Verringerung des Treibhausgases bessere Aussichten auf steigende Gewinne habe, als andere.
Ist es schwieriger nach Nachhaltigkeitskriterien anzulegen als auf klassischem Wege?
Pontzen hat eine klare Antwort parat: „Ja, wenn man es richtigmacht.“ Das Sammeln von Daten sei nur der Beginn einer Nachhaltigkeitsanalyse von Unternehmen. Ein Problem ist das Fehlen einer allgemeingültigen Definition von Nachhaltigkeit. Karsten Güttler, Nachhaltigkeitsspezialist bei UBS Asset Management: „Wichtig ist es, für jeden Kunden das Optimale herauszufiltern.“ Zudem würde sich der gesellschaftliche Konsens hinsichtlich Nachhaltigkeit über die Zeit in Nuancen ändern. Güttler: „Dann kommt die nächste Ausgabe des Nachhaltigkeitskochbuchs.“ In dieselbe Kerbe schlägt Christoph Klein, Gründer und Partner der Gesellschaft ESG Portfolio Management: „Nachhaltigkeit ist ein komplexes und dynamisches Thema, und die Investoren haben unterschiedliche Vorstellungen.“
Steht Risikovermeidung im Vordergrund?
Ein Nachhaltigkeitsansatz ist der Ausschluss der Aktien oder Anleihen von Unternehmen, die in unerwünschten Branchen, wie etwa Rüstung oder Glückspiel tätig sind respektive umweltbelastende Verfahren wie das Nutzen fossiler Energieträger einsetzen. „Ein Ausschluss löst keine Probleme, sondern überlässt sie anderen. Ausschlüsse schaffen ein falsches reines Gewissen“, sagt Pontzen. Man solle stattdessen in Unternehmen investieren, deren Management glaubhaft versichern könne, die Situation zu verbessern. Doch schon die Existenz von Nachhaltigkeits-Ratings trage zu Veränderungen bei. Laut Klein wolle kein Unternehmen unter „Worst in class“, also den Klassenschlechtesten, einsortiert sein.
Oft wird kritisiert, dass das Nachhaltigkeitsrating eines Unternehmens je nach Agentur besser oder schlechter ausfällt. Was ist da dran?
Klein sagt: „Die Rater machen einen guten Job.“ Unterschiedliche Ratings seien eher in den unteren Bereichen zu finden. „In der Spitzenklasse ist die Korrelation hoch.“ Mehr Normierungen seien gewünscht, allerdings kein Ratingmonopol. „Sonst gibt es keinen Wettstreit.“ Güttler erwartet, dass es eines Tages einfache Kennzeichnungen geben wird, also eine Art „Lebensmittel-Ampel für Anleger“.
An dem DUB Digital Round Table nahmen teil:
- Dr. Henrik Pontzen, Leiter ESG bei Union Investment,
- Karsten Güttler, Senior Investment Specialist Sustainable and Impact Investing bei UBS Asset Management,
- Christian Machts, Leiter Drittvertrieb Deutschland, Österreich und Osteuropa bei Fidelity International, und
- Christoph Klein, Gründer und Managing Partner des Unternehmens ESG Portfolio Management