„To make it easy to do business anywhere”, lautet ein Motto des Alibaba-Gründers Jack Ma – und sein Unternehmen ist inzwischen tatsächlich – fast – überall zu finden. So auch in Deutschland, wo
Karl Wehner, Managing Director Alibaba Group DACH und Osteuropa,
die Expansion des Handelsriesens vorantreibt. Schließlich will die Unternehmensgruppe mit ihren unterschiedlichen Internetangeboten vom B2B- über das C2C-Segment bis hin zu Zahlungsdienstleistungen und Cloudlösungen in diesem Jahr weltweit die Umsatzmarke von einer Billion Dollar knacken – und auch die Gesamtzahl der Nutzer, die in den vergangenen zwölf Monaten im Alibaba-Ökosystem aktiv waren, soll von zuletzt 726 Millionen weiter wachsen. Mit Jens de Buhr, Verleger des DUB UNTERNEHMER-Magazins, sprach er unter anderem über diese Fragen:
Braucht man überhaupt noch Shoppingmalls?
Wehners klare Antwort: „Ja!“ Schließlich entfalle selbst im technikverliebten China nur etwa ein Fünftel des Konsums auf das Internet. „Wir Menschen gehen gerne in ein Geschäft und sehen uns etwas an“, sagt Wehner – zum Beispiel frische Lebensmittel, die man direkt aussuchen kann und die gleich zubereitet werden.
„Die Verschmelzung von on- und offline ist der Weg“, sagt Wehner. Wie diese gelingen kann, zeigten während der coronabedingten Ausgangsbeschränkungen in China einige Beispiele. Verkäuferinnen etwa hätten aus dem Geschäft heraus online Beauty-Tipps gegeben und Kunden beraten. Ein schwedisches Möbelhaus habe einige seiner Filialen in 3D nachgebaut, sodass Handynutzer virtuell hindurchspazieren konnten. Einzelhändler müssten ihre Kunden auch im Internet ansprechen, um sie bei der Stange zu halten. Wehner prognostiziert: „Die Distanz zum Kunden im stationären Handel wird geringer, die Anonymität wird verschwinden, wenn sich der Handel mit dem Kunden enger vernetzt.“
Was macht Deutschland als Markt für Alibaba interessant?
„Trade, Travel, Technology“, lauten Wehners Stichworte. Alibaba wolle es europäischen Unternehmen ermöglichen, ihre Produkte in China zu verkaufen, und stelle als „enabler“ dafür eine Plattform bereit. Alibaba wolle in China nicht nur Reisen verkaufen, sondern mittels des Zahlungsdienstes Alipay den Touristen aus der Volksrepublik auch das Zahlen an deutschen Ladenkassen ermöglichen. Und schließlich sei der Konzern aus Hangzhou auch mit Clouddiensten und Künstlicher Intelligenz (KI) am Start, die von deutschen Unternehmen zum Beispiel zur Datenanalyse genutzt würden.
Ein Frontalangriff auf den (Online-)Handel hierzulande hört sich anders an. Dennoch sei Deutschland für den Konzern als Markt „wichtig, weil Produkte und Marken aus Deutschland in China nachgefragt werden“. Alibaba helfe, das Angebot dorthin zu bringen. „Made in Germany bleibt ein Gütesiegel“ für Chinesen, ist der Manager überzeugt.
Wo unterscheidet sich der chinesische Kunde vom deutschen?
55 Prozent der chinesischen Konsumenten, die Importprodukte kaufen, seien nach den 1990er-Jahren geboren worden, sagt Wehner: „Eine sehr junge Zielgruppe.“ Das Wachstum komme aus den größeren Städten, nicht unbedingt aus den gigantischen Metropolen wie Peking oder Hongkong. „Die Leute wollen Neues entdecken – ein Riesenpotenzial!“
Vor allem wollten diese Käufer die „Qualität ihres Lebens verbessern“, etwa durch gesunde Lebensmittel oder Schönheitsprodukte. Allerdings hätten sie kein so starkes Markenbewusstsein wie europäische Kunden, sagt Wehner – dieses müsse erst noch geweckt werden. „Eine in Europa altbewährte Marke muss in China erst mal die Frage beantworten: ‚Warum soll ich dein Produkt kaufen?‘“ Erfolg habe, wer erklären könne, „warum er besser ist als andere“. Für eine Expansion sei das entscheidend, denn China werde als Markt immer wichtiger. Niemanden müsse man noch das Potenzial des Landes erklären – sondern, wie man es hebe, so Wehner.