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06.11.2020    Thomas Eilrich
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Er steht für Führungserfahrung: Rainer Hillebrand hat den Kulturwandel in der Otto Group angeschoben und das Unternehmen als Vorstand lange Jahre mitgeprägt. Heute ist seine Expertise in Aufsichts- sowie Beiratspositionen gefragt. Und im Interview.

Zur Person

Portrait von Dr. Rainer Hille­brand

Dr. Rainer Hille­brand

ist nach seiner langjährigen Tätigkeit im Vorstand der
Otto Group Mitte 2019 in deren Aufsichtsrat berufen worden. Zudem ist er im Kontrollgremium der Commerzbank sowie als Vorsitzender im Beirat von Vorwerk aktiv

Gibt es Voraussetzungen, um überhaupt den Purpose definieren zu können?

Rainer Hillebrand: Entscheidend für jedes Unternehmen ist es, sich genau zu überlegen, welche Rolle es insgesamt spielen will. Daraus leitet sich vieles ab.

Fällt die Definition einem Familienunternehmen leichter als beispielsweise einem börsennotierten Haus?

Hillebrand: Das kann man sicher so sehen, weil sich Familienunternehmen traditionell längerfristig aus­richten. Und sie haben für diesen Prozess auch bessere strukturelle Voraussetzungen als am Kapitalmarkt platzierte Unternehmen. Dort wird primär in kurzfristigeren Strategien gedacht. Der jeweilige CEO muss in seiner Amtszeit Erfolge vorweisen können. Bei einem Führungswechsel werden Strategien nicht selten wieder komplett umgeworfen, um sich neu auszurichten.

Wo sollte der Prozess im Unternehmen verortet sein?

Hillebrand: Der Impuls für einen Purpose muss von der Geschäftsleitung kommen. Eine neue Richtung kann nicht aus der Kommunikationsabteilung heraus eingeschlagen werden. Bei der Otto Group hat entsprechend die Chefetage den Prozess angestoßen. Das funktioniert dann, wenn man Purpose als Führungskraft auch vorlebt – so wie beispielsweise Michael Otto beim Thema Nachhaltigkeit. Glaubwürdig ist auch, dass Profitmaximierung um jeden Preis kein Ziel ist. Das färbt dann auf die Mitarbeiter ab. Und doch braucht eine Umstellung auf neue Ziele stets Zeit – und das Einbinden von Mitarbeitern in Entscheidungsprozesse, damit diese auch angenommen werden. Der dadurch entstehende Vorteil: Man weiß im Unternehmen bereits, dass sich eine Änderung anbahnt, und fühlt sich zudem gewertschätzt. Der Nachteil: Es dauert länger. Aber am Ende hat es sich bei Otto gelohnt. Die Lehre daraus: Man kann sich heute nicht mehr hinsetzen und in einem kleinen Kreis von oben herab Entscheidungen treffen. Man muss die Offenheit haben, dass Mitarbeiter gegen Vorschläge opponieren dürfen, um dann zusammen zu einem besseren Ergebnis zu kommen.

Muss ein Purpose nach innen wie nach außen wirken?

Hillebrand: Wenn es die Mitarbeiter verstehen, wird es auch die Öffentlichkeit verstehen. Wichtig: Der Impuls muss aus dem Unternehmen selbst kommen. Es darf daher keine unterschiedlichen Definitionen geben.

Muss sich auch die Unternehmensorganisation am definierten Purpose ausrichten, sich also verändern?

Hillebrand: Bei Otto zumindest hat es zu erheblichen Veränderungen in den Strukturen der Einzelunternehmen geführt. Das Unternehmen heute ist von seiner Organisation her nicht mehr vergleichbar mit dem von früher. Die Kommunikationswege wurden verändert, auch projektübergreifende ­Zusammenarbeit wird gefördert. Und kulturell hat sich durch die Schaffung neuer Netzwerke viel verändert. Heute arbeitet man viel regel­mäßiger über die Konzerngrenzen hinaus.

06.11.2020    Thomas Eilrich
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