Nachhaltigkeit
So kann KI im Unternehmen implementiert werden
Mit Künstlicher Intelligenz (KI) sei vieles machbar, aber nicht alles sinnvoll, sagt Markus Dietrich von IBM iX. Unternehmen, die KI einführen möchten, sollten zunächst klären, für welche Anwendungsfälle sie sich eignet. Und ob die Lösung von der Stange kommen soll.
13.08.2024
Markus Dietrich
ist CEO von IBM iX in der DACH Region
DUP UNTERNEHMER-Magazin: In welchen Bereichen bietet generative Künstliche Intelligenz, kurz KI, mittelständischen Unternehmen das größte Potenzial?
Markus Dietrich: Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) nehmen Künstliche Intelligenz (KI) zunehmend in den Fokus. Umfragen des IBM Instituts für Business Value zeigen, dass drei Viertel der befragten Führungskräfte sie als einen der künftig wichtigsten Wettbewerbsfaktor sehen. Kein Wunder, denn sie kann in vielen Prozessen zu einer großen Effizienzsteigerung beitragen. Das größte Potenzial für KMUs liegt aktuell vor allem in den Bereichen Marketing und Sales, Kundendienst und im Bereich IT. Wenn die Technologie hier sinnvoll eingesetzt wird, kann sie die eigene Innovationsfähigkeit steigern und zur Bewältigung des Fachkräftemangels beitragen.
Wie schaffen Unternehmen es, Hindernisse und Bedenken zu überwinden?
Dietrich: Viele Unternehmen wollen KI jetzt schnell einführen und Effizienzgewinne realisieren, aber gleichzeitig bestehen noch einige Hürden – vor allem in Bezug auf Sicherheit und Kosten. Beim Thema Sicherheit geht es vor allem um die Qualität und Verlässlichkeit der KI-generierten Ergebnisse. Aber auch rechtliche Sicherheit und die Sicherheit der eigenen Daten spielen eine große Rolle. Außerdem verunsichert die zunehmende Regulierung von KI, denn hier muss Compliance sichergestellt werden. Hinzu kommen die Kosten, die bei kommerziellen Modellen schnell in ungeahnte Höhen schießen können. Um KI nachhaltig, sicher und ökonomisch sinnvoll einzuführen, ist es ratsam, mit einem erfahrenen Technologiepartner in die Entwicklung zu gehen, um unter Kosten-, Sicherheits-, Skalierungs- und Governance-Aspekten eine wirklich tragfähige und langfristig nutzbare Lösung zu entwickeln.
Womit sollte man starten?
Dietrich: Mit Generativer KI ist vieles machbar, aber nicht alles sinnvoll. Entsprechend wichtig ist die Frage, welche Use Cases für das eigene Unternehmen wirklich Sinn ergeben und nachhaltig wertschaffend wirken. Liegt der Fokus darauf, die eigenen Produkte und Services durch generative KI anzureichern und damit aufs nächste Level zu heben oder steht die Automatisierung von internen Abläufen im Vordergrund, um Prozesse effizienter zu gestalten? Man kann zwar durchaus „klein“ mit einem Use Case anfangen, aber auch den weiteren strategischen Ausbau des Themas im Unternehmen sollte man von Anfang an im Blick haben.
Welche Herausforderungen bestehen bei der Implementierung und was gilt es zu beachten?
Dietrich: Für eine gelungene Implementierung und Anwendung von KI im Unternehmen ist es essenziell, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Es geht vor allem darum, die Mitarbeitenden einzubeziehen, ihnen die Chancen und Risiken der Technologie zu vermitteln und sie zu befähigen, diese einzusetzen. Denn nur dann werden sie KI auch wirklich sinnvoll nutzen. Grundsätzlich sollte das Thema KI im Unternehmen ganzheitlicg betrachtet werden und mit einem klaren Verständnis der technologischen Möglichkeiten unterschiedliche Use Cases und Anwendungsszenarien unter Kosten- und Nutzen-Gesichtspunkten bewertet werden. Ebenso wichtig ist die Entscheidung, ob man eine Lösung von der Stange kauft oder in die Eigenentwicklung investiert. Sinnvoll ist in beiden Fällen eine zentrale Plattform für KI-Modelle, die es allen Unternehmensbereichen ermöglicht, auf gemeinsame Daten und Modelle zuzugreifen und dadurch Synergien zu heben. Ein zentraler Bestandteil der eigenen KI-Strategie sollte das Thema Governance sein.
In welchen Bereichen kann generative KI den Menschen ersetzen und wo braucht es weiterhin den Human Factor?
Dietrich: Generative KI wird für Unternehmen in naher Zukunft nicht mehr optional sein, sondern zum Imperativ werden, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen. In bestimmten Bereichen wird sie mittelfristig menschliche Tätigkeiten ersetzen – ganz einfach, weil sie bestimmte Aufgaben schneller, besser und kostengünstiger erledigen kann als wir. Das gilt vor allem für repetitive und administrative Aufgaben, aber auch die Auswertung von Daten und z.B. die automatisierte Kundenkommunikation. Dennoch geht es auch künftig nicht ohne den Menschen. Dank KI können sich Mitarbeitende aber auf diejenigen Bereiche und Tätigkeiten fokussieren, in denen Kreativität, Empathie und emotionale Intelligenz gefragt sind. Auch wird es auf absehbare Zeit bei vielen KI-Lösungen einen „Human in the Loop“ brauchen, der die KI-Ergebnisse kuratiert, prüft und freigibt. Wir verstehen „AI“ als „Augmented Intelligence“, denn im sinnvollen Zusammenspiel von Mensch und Maschine liegt die Zukunft.
Wie könnte das Zusammenspiel von Mensch und KI in 5 Jahren aussehen?
Dietrich: Bei der rasanten Entwicklung von KI ist ein Blick in die Zukunft mit einem Blick in die Glaskugel zu vergleichen. Trotzdem wage ich gern einen Ausblick. In fünf Jahren werden die meisten Funktionsbereiche im Unternehmen zahlreiche KI-Assistenten und Agenten im Einsatz haben. Viele von ihnen werden gar nicht mehr groß als „KI“ wahrgenommen, weil sie sich nahtlos in die verwendeten Software-Lösungen integrieren, in etwa so wie heute die Autokorrektur in Word, über deren Nutzung man auch nicht weiter nachdenkt. KI-Agenten werden es den Mitarbeitenden erlauben, auch komplexe Abläufe über verschiedene IT-Systeme im Unternehmen zu orchestrieren und damit zeitaufwändige Abläufe schneller und besser erledigen. So gewinnen die Mitarbeitenden Zeit für wirkliche wertschöpfenden Tätigkeiten wie die Arbeit am Kunden.
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