Illustration eines Magneten der neue Kunden heranzieht
01.02.2021    Miriam Rönnau
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Zur Person

Porträtbild von Christine Waldmann

Christine Waldmann

Christine Waldmann ist freie Beraterin, sowie Inhaberin und Geschäftsführerin einer Performance Marketing Agentur im Raum München. Sie ist seit acht Jahren im Performance Marketing zuhause und hat sich vor allem darauf spezialisiert, mittelständische Unternehmen bei der Leadgenerierung im Netz zu unterstützen

Inwiefern hat die Coronapandemie digitales Marketing beeinflusst?

Christine Waldmann: Wir können bereits jetzt andauernde Veränderungen in der Customer Journey feststellen: Konsumenten erwarten von Unternehmen, dass diese online präsent sind. Sie wollen sich schnell und einfach informieren. Immer mehr Firmen springen auf diesen Zug auf – dabei entscheiden die richtige Kommunikation und Marken-Positionierung über den Erfolg der digitalen Leadgenerierung. Im gesättigten Online-Markt ist es für Unternehmen essentiell sich vom Wettbewerb abzuheben: Es geht darum Vertrauen aufzubauen und authentisch zu bleiben. Die Ansätze des klassischen Marketings übertragen sich stärker aufs Online-Geschäft als früher. Auch kleine und mittlere Unternehmen, kurz KMUs, sind gefragt: Aufbau einer Social-Media-Präsenz, Angebot eines Lieferservices und die Digitalisierung der Angebote sind Dauerbrenner-Themen. Ein Trend, den wir aktuell beobachten, ist auch das Standortmarketing, etwa über Google My Business. Dabei profitieren Unternehmen von Bewertungen und Reichweite. Gerade die junge Generation, die Millenials, legt großen Wert auf Online-Präsenz und Empfehlungen anderer Kunden. Wer Millenials erreichen möchte, sollte ihre Sprache sprechen. Zudem können Öffnungszeiten und besondere Angebote unkompliziert kommuniziert werden. Konsumenten haben es schätzen gelernt, selbst während eines Lockdowns informiert und eingebunden zu werden. Seitens der Unternehmen sehen wir, dass Messenger-Apps und Chats stärker für die Kundenberatung und -Betreuung eingesetzt werden, um diesen Wünschen nachzukommen.

Der Global State of Small Business Report zeigt: 27 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen, die 2020 zeitweise schließen mussten und Kunden nicht persönlich vor Ort betreuen konnten, haben mit dem Aufbau einer Online-Präsenz die Auswirkungen der Coronakrise gemildert. Doch der ohnehin enorme Wettbewerb im Netz wird 2021 dadurch umso größer. Wie können sich Unternehmen behaupten? Wie gelingt die Leadgenerierung?

Waldmann: Der plötzliche Umschwung auf Online war für viele KMUs nicht leicht. Aber einige – gerade kleine Unternehmen – haben die Herausforderung in eine Chance verwandelt. Sie waren sehr kreativ in der Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle oder im Schließen von sinnvollen Partnerschaften. Manche werden sogar auf den Rückweg zur Vor-Ort-Präsenz verzichten und ihr Angebot künftig als Online-Pure-Player vertreiben. Das Online-Marketing verändert sich dadurch auch – auf den Spielwiesen von Amazon, Zalando und Co. erlebt man gerade einen massiven Wettbewerb. KMUs empfehle ich, sich auf das zu besinnen, was sie wirklich gut können und mit diesem Wettbewerbsvorteil zu punkten. Es ist nicht zielführend, sich mit den Digital-Riesen zu vergleichen. Oft liegt in der Größe der Kleineren ihre Stärke. Ich denke an die persönliche Beratung, die lokale Händler täglich leben, das Herzblut und die Hingabe, mit der sie arbeiten. Sie können dem Kunden einen höheren Grad an Individualisierung bieten, besser auf den Kunden eingehen als es ein Player mit standardisierten Prozessen kann.  Solche Werte vermissen Konsumenten bei großen Marken. Genau das gilt es zu nutzen. Der Schlüssel liegt in der Differenzierung und klaren Identifizierung passender Zielkunden.

Das Szenario: Ein lokaler Händler war vor Corona nicht online vertreten und hat 2020 einen Online-Shop auf einer Social-Media-Plattform aufgebaut. Welche nächsten Schritte würden Sie dem Unternehmer empfehlen, um langfristig erfolgreich zu sein und seinen Produkten eine möglichst große Reichweite zu geben?

Waldmann: Ist eine möglichst große Reichweite wirklich das, was der Händler erreichen sollte? In meinen Augen kommt es auf die „richtige“ Reichweite an. Und die ist individuell. Wir sollten uns vom One Solution fits all- Gedanken lösen. Was genau der richtige Weg ist, hängt stark vom Geschäftsmodell und den Stärken eines Unternehmens ab. Als Game-Changer sehe ich eine gute Beratung und realistische Ziele, die im Einklang mit der Identität sind. Die passende Strategie stellt den Zielkunden in den Mittelpunkt.

Sollte beim Aufbau neuer Geschäftsfelder im Online-Bereich eine eigene Website entwickelt werden oder reicht es für die Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen aus, Profile auf Social-Media-Plattformen zu erstellen?

Waldmann: Social-Media-Plattformen sind eine tolle Möglichkeit, eine Beziehung zum Kunden aufzubauen und zu testen, ob die angebotenen Produkte relevant für den Markt sind. Danach sollten aber weitere Touchpoints – Berührungspunkte mit der Marke – geschaffen werden. Wo diese stattfinden, kann variieren. Abhängig vom angebotenen Produkt kann eine Website durchaus sinnvoll sein. Das mag erstmal nach einem hohen Investment klingen, aber um sich selbst eine Marke aufzubauen und um die Hoheit über die eigenen Daten zu gewinnen kann es sich lohnen, diesen Schritt zu wagen.

Was gilt es in Krisenzeiten in Sachen Neukundenakquise zu beachten?

Waldmann: Mein Tipp für KMUs: Habt Mut und nehmt die Herausforderung an. Es lohnt sich eine authentische Online-Präsenz aufzubauen und digital mit Kunden zu kommunizieren. Unternehmen sollten sich dabei vor allem realistische Ziele stecken: Ob es darum geht, das Angebot direkt nach Hause zu liefern, die Digitalisierung der Produkte anzugehen oder eine zielgerichtete Kommunikation aufzubauen. Doch schnell besteht auch die Gefahr, den Fokus zu verlieren.  Es bringt nichts, möglichst alles für jeden anzubieten. Es gilt: sich immer nur auf eine Sache fokussieren. Dadurch wird das Messaging und die Zielsetzung geschärft und die Wahrscheinlichkeit, dass die Maßnahme zum Erfolg führt, erhöht sich. Komplexe und breit gestreute Informationen werden vom Zielkunden nicht verstanden oder verwirren. Standort- und Referralmarketing, also Empfehlungsmarketing, eignen sich besonders gut für KMUs um online neue Kunden zu gewinnen. Messenger-Apps und Chats stärken die Kundenbindung. Wer es schafft, trotz physischer Distanz, Nähe und Vertrauen auszustrahlen und die Herausforderungen der Krisenzeit als Chancen zu sehen, hat gewonnen.

01.02.2021    Miriam Rönnau
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