Porträt von Karin Pfäffle, Geschäftsführerin von Stromnetz Hamburg.
18.10.2022
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Zur Person

Karin Pfäffle

ist seit 2016 Geschäftsführerin von Stromnetz Hamburg. Aktuell verantwortet sie die Geschäftsbereiche Personalmanagement, Juristische Dienste, Finanzen, IT, Regulierung & Unternehmensentwicklung und Strategie & Kommunikation. Als Volljuristin und zertifizierter Business Coach war sie seit 2000 für die Hamburgische Electricitäts-Werke und Vattenfall Europe in verschiedenen Funktionen tätig und besitzt umfangreiche Erfahrungen im Arbeits-, Tarif- und Energiewirtschaftsrecht. Vor ihrem Wechsel in die Geschäftsführung leitete Pfäffle den Bereich Personal von Stromnetz Hamburg.

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Corona, Krieg in der Ukraine und Energieknappheit – wie haben sich die Krisen der vergangenen Monate auf Ihren Geschäftsalltag ausgewirkt?

Karin Pfäffle: Wir sind ein wirtschaftlich sehr stabiles Unternehmen. Wenn man auf die Absatzzahlen der vergangenen beiden Jahre blickt, stellt man natürlich gewisse Schwankungen fest – gerade zu Beginn der Pandemie. Das hängt aber in erster Linie mit dem großflächigen Einzug ins Homeoffice zusammen. Auch wir haben da, wie viele andere Unternehmen, sehr schnell reagiert. Für einen Betreiber kritischer Infrastruktur war das zwar ein ungewöhnlicher Schritt, aber ebenso notwendig wie konsequent. Seither haben wir neue und weitreichende Erfahrungen gesammelt: das hybride Arbeiten, wo immer die Art der Tätigkeit es zulässt, die gezielte Ausweitung digitaler Weiterbildungsangebote, überhaupt eine tiefgreifende und beschleunigte Digitalisierung der Geschäftsprozesse. Das hat sich bei uns schnell etabliert und einen großen Wandel im Unternehmen bewirkt.

Bezogen auf den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise erleben wir, dass sich der Druck zur Umsetzung der Energiewende erhöht hat. Im Vergleich zu klassischen Produktionsbetrieben spüren wir das sicherlich mehr. Die weitere Entwicklung müssen wir erstmal abwarten.

Wie würden Sie Ihre Arbeit als Stromnetzanbieter charakterisieren?

Pfäffle: Grundsätzlich gelten für uns als Stromnetzbetreiber andere Logiken als für die meisten Unternehmen. Wir haben ein natürliches Monopol und erfüllen dabei sowohl den gesetzlichen Versorgungsauftrag als auch politische Aufträge der Freien und Hansestadt Hamburg als Eigentümerin. Unser Verantwortungsgefühl gegenüber unserer Kundschaft entspricht unserem Selbstverständnis. Wir gestalten und leben unsere Prozesse stabil und zuverlässig, das zeichnet uns aus.

Gibt es in diesem Umfeld einen natürlichen Antrieb für Wachstum?

Pfäffle: Treiber unseres Wachstums sind ein günstiges Umfeld in der Energielandschaft und die vielfältigen Herausforderungen, denen wir uns stellen: Die stetig wachsende Stadt und vor allem die Energiewende, die durch den Ukraine-Konflikt eine zusätzliche Dynamik erhalten hat. Außerdem arbeiten wir jeden Tag daran, unser Stromverteilungsnetz zu erneuern und zu einem „Klimanetz“ weiterzuentwickeln. Damit machen wir die Energiewende sowohl bei unseren Privatkunden als auch bei den Geschäftskunden möglich. Nicht umsonst ist der Purpose unseres Unternehmens: „Wir machen Hamburg möglich“.

Wie bewältigen Sie die täglichen und langfristigen Herausforderungen?

Pfäffle: Der regelmäßige Austausch von Expertinnen und Experten ist enorm wichtig, um sich nachhaltig für die Zukunft fit zu machen. Unsere Mitarbeitenden sind bestens in der Branche und in der Wissenschaft vernetzt. Sie bekommen aktuelle Entwicklungen und Trends früh mit, setzen sich stetig mit technischen Innovationen auseinander und bilden sich kontinuierlich weiter. So entstehen Potenziale und Chancen, die wir für interne und externe Prozessverbesserungen nutzen. Gemeinsam mit unserer Schwestergesellschaft Gasnetz Hamburg haben wir den Gemeinschaftsbetrieb IT gegründet. Hier laufen die Fäden zum Thema Digitalisierung zusammen, so sind wir für die anstehenden Herausforderungen gut aufgestellt.

Zudem haben wir auch verschiedene interdisziplinäre „Digi-Formate“ ins Leben gerufen. Ein schönes Beispiel ist der „Digi-Dienstag“, da kann sich die Belegschaft zu aktuellen Projekten informieren und sich auch aktiv an der Entwicklung neuer Ideen beteiligen.

Gibt es auch externe Kooperationen für den Austausch von Expertise?

Pfäffle: Die Fach- und Führungskräfte der städtischen Unternehmen tauschen sich in „Digi-Foren“ ebenfalls regelmäßig zum Thema aus. Darüber hinaus sind wir in Verbänden tätig, nehmen an Forschungsprojekten teil und haben auch ein Innovations-Team etabliert. Praxisbeispiele sind unser Hausanschlussportal für Strom, Gas, Wasser und die Online-Störungskarte. Aktuell beschäftigen wir uns mit den Einsatzmöglichkeiten von „RPA“, Robotic Process Automation, einer selbstlernenden Software zur Automatisierung serieller, kleinteiliger Datenverarbeitungsprozesse. Generell ist es uns sehr wichtig, offen für Neues zu sein.

Ist dieses spezielle Wissen in Ihrem Geschäftsfeld die wichtigste Währung?

Pfäffle: Wir haben viele Stärken, aber unsere größte Stärke ist ganz klar dieses exzellente Know-how – in Verbindung mit langjähriger Erfahrung und hohen Werten. Dabei profitieren wir natürlich auch von effizienten Massenprozessen und unserem ausgeprägten Fokus auf die Kundschaft. ‚Bisher haben wir noch jeden ans Netz gebracht.‘ Dieser Satz fällt öfters mal in Gesprächen und genauso ist es: Wir sind gut in dem, was wir tun, da scheuen wir auch keinen Vergleich. Wir nehmen regelmäßig an Branchen-Benchmarks teil und schneiden dabei stets sehr gut ab. Das ist auch unser Anspruch an unsere Arbeit. Und dieses Wissen und Können gilt es aufrecht zu erhalten, langjährige Erfahrung zu übertragen und aufzubauen – ein Selbstläufer ist das gewiss nicht. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels kommt da in den nächsten Jahren eine besondere Herausforderung auf uns zu. Wie vermutlich auf die meisten technisch-industriell geprägten Unternehmen.

Wie würden Sie die Arbeitskultur bei der Stromnetz Hamburg beschreiben?

Pfäffle: Als Management eines Unternehmens mit innovativer und neugieriger Arbeitskultur hören wir zu, geben Freiräume und ermutigen, eigenverantwortlich Ideen umzusetzen. Denn das, was uns als Unternehmen ausmacht, steckt in den Köpfen unserer Belegschaft. Durch kurze ‚Puls-Befragungen‘ erkennen wir sich verändernde Bedürfnisse unser Mitarbeitenden. Nähe, Dialog, Transparenz sind wichtig.  So haben wir die Möglichkeit, unsere Führungskräfte gezielt weiterzuentwickeln, das persönliche Wachstum unserer Beschäftigten zu fördern und auch alle Beteiligten in Veränderungsprozesse einzubinden.

Wie moderieren Sie potenzielle Veränderungen?

Pfäffle: Wir haben einen Transformationspfad ‚Moderne Arbeitswelten‘ erarbeitet, der die Entwicklung verschiedener Themenfelder strategisch unterstützt und eine positive Weiterentwicklung ermöglicht. Egal, ob diese sich im persönlichen Mindset in der gemeinsamen Kultur oder im Arbeitsumfeld und in den Prozessen äußert. Unsere „Flexteams“ sind ein Ansatz, bei dem interdisziplinäre Projektteams flexibel, freiwillig und eigenverantwortlich an neuen Themen arbeiten und Lösungen finden. Diese Form des Arbeitens beruht zumeist auf agilen Methoden und hat sich in der Praxis bewährt. Wir haben hohe Ansprüche an uns als Arbeitgeber und an unsere Beschäftigten. Denn gemeinsam machen wir Hamburg möglich. Das ist unsere Vision und Aufforderung zugleich. Wir gehen mit dieser Kampagne an den Markt. Das bewährt sich und damit sind wir in den Social-Media-Kanälen sehr erfolgreich. Unsere Reichweite bei Stellenausschreibungen ist enorm.

Wie spiegelt sich diese Philosophie in Ihrem Bestreben wider, sich als attraktiver Arbeitgeber am Markt zu positionieren?

Pfäffle: Wir haben viel zu bieten: Wer bei uns arbeitet, kann auf eine zukunftsorientierte und sichere Anstellung sowie eine positive Atmosphäre bauen. Die Rahmenbedingungen sind auch sehr gut, denn wir bieten eine 37 Stunden-Woche und 30 Tage Urlaub im Jahr. Dank einer großzügigen Gleitzeitregelung mit Arbeitszeitkonten und dem nötigen Freiraum zum mobilen Arbeiten können unsere Beschäftigten ihre Work-Life-Balance ganz individuell erleben. Das gilt auch für die Vergütung: Hier bieten wir Tarifverträge inklusive Jahressonderzahlungen und eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersvorsorge. Auch die Weiterbildungs- und Sportangebote, bezuschusste Tickets für den Öffentlichen Nahverkehr und regelmäßige Teamevents finden großen Zuspruch. Unsere besten Botschafter finden Sie sicherlich direkt in der Belegschaft, Betriebszugehörigkeiten von über 30 Jahren sind keine Seltenheit. Die Zufriedenheit stellen wir immer wieder fest.

Inwiefern?

Pfäffle: Wir wissen, dass wir uns auf das volle Engagement unsere Mannschaft verlassen können. Auch in schwierigen Zeiten, in denen wir ungewöhnliche Maßnahmen ergreifen müssen. Die vergangenen beiden Jahre waren da der beste Beweis. Das ist eine sehr intensive, eine sehr positive Erfahrung. Und ja, wir sind stolz darauf, dass wir ein pulsierendes Hamburg voller Energie möglich machen.

Stichwort Service: Warum ist es trotz ihrer Monopolstellung am Markt so wichtig, guten Service zu liefern?

Pfäffle: Als Monopolist sind wir da in einer besonderen Situation. Unser Ziel ist es immer, die Wünsche der Kunden zu erfüllen und Transparenz über die Kosten zu bieten. Natürlich haben Kundenbindung und Kundenzufriedenheit in der Monopolposition eines Infrastrukturbetreibers eine andere Bedeutung als in der freien Wirtschaft. Uns sind der Aufbau und die Pflege eines guten, positiven Kontakts zu den Kundinnen und Kunden sehr wichtig – guter Service ist ein wichtiges Bewertungskriterium unserer Arbeit. Die Großkunden werden durch Kundenbetreuerinnen und -betreuer individuell betreut, so dass ein kontinuierlicher Austausch zu den jeweiligen Bedarfen der Firmen möglich ist. Für spezifische Fachthemen wie Sonderformen der Netznutzung oder Erzeugungsanlagen erfolgt der direkte Austausch mit den Expertinnen und Experten.

Wie steht es um den Service für Privatkundinnen und -kunden?

Pfäffle: Und zu den Hausanschluss-Kundinnen und -Kunden hat unser Außendienst den unmittelbaren Draht. Die Kolleginnen und Kollegen sind für den persönlichen Kontakt geschult und haben immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Kundschaft. Neben einer guten Erreichbarkeit zählt hier vor allem die Kompetenz zur schnellen Problemlösung. Nicht zuletzt nutzen wir auch die sozialen Medien für den direkten Kundenkontakt, beispielsweise über Facebook, LinkedIn oder unseren Twitter-Störungskanal.

Wie gehen Sie mit Beschwerden um?

Pfäffle: Wir sind erst zufrieden, wenn unsere Kundinnen und Kunden zufrieden sind. Jede Beschwerde ist ein Geschenk, das ist Teil unserer Philosophie. Gezielte Rückfragen oder Umfragen zur Kundenzufriedenheit sind natürlich der direkte Weg. Wir bieten aber auch über das Kundenportal die Möglichkeit an, uns ein Feedback zu geben. So können wir unsere Prozesse kontinuierlich verbessern. Die Nähe zu unserer Kundschaft ist uns sehr wichtig, egal ob es um den Hausanschluss der jungen Familie oder die Anbindung eines großen Industrieparks geht. Wir erklären warum wir tun was wir tun – sei es im direkten Kundenkontakt, in Online-Videos oder durch die Präsenz bei Veranstaltungen.  So sorgen wir dafür, dass es gar nicht erst zur Beschwerde kommt. Damit gehen wir weit über die gesetzlichen Anforderungen hinaus und das kommt gut an.

Haben Sie ein Beispiel aus der Praxis?

Pfäffle: Natürlich reagieren wir sofort, wenn Kundinnen und Kunden unzufrieden sind, aber das kommt selten vor. Wir montieren mehr als 100.000 Zähler im Jahr und haben Reklamationen im niedrigen zweistelligen Bereich. In Stückzahlen, nicht in Prozent. Und da bleiben wir nicht stehen, sondern es ist uns Ansporn noch besser zu werden. Unsere Hamburger Kundschaft erlebt es auch sehr selten, dass der Strom ausfällt. Das kommt durchschnittlich alle 5,4 Jahre vor, bei einer durchschnittlichen Dauer von 50 Minuten. Unser hoher Serviceanspruch macht sich also bezahlt und das fängt im Einzelnen an.

18.10.2022
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