Colorierte Illustration des Portraitfotos von Olaf Schabirosky von Hermes Germany in violett und orange.
18.02.2022    Christian Buchholz
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Zur Person

Olaf Schabirosky

ist Wirtschaftsingenieur und bereits seit 1994 bei der Otto Group tätig. Seit Juni 2018 ist er CEO der Otto-Tochtergesellschaft Hermes
Germany

Wie fällt Ihr Fazit für 2021 aus und welches große Ziel setzen Sie sich für 2022?

Olaf Schabirosky: Die Einschränkungen durch die Coronapandemie waren auch 2021 erheblich, die Rahmenbedingungen extrem dynamisch. Dennoch haben wir unseren Kundinnen und Kunden erneut bewiesen, dass sie sich auf uns verlassen können – zuletzt im Peak-Geschäft, in dem wir 99,8 Prozent aller Pakete rechtzeitig zu Weihnachten ausgeliefert haben, 92 Prozent im ersten Zustellversuch. Über das Jahr hinweg haben wir eine beeindruckende Next-Day-Lieferperformance von 94 Prozent für Standardpakete abgeliefert. Diese starken Kennzahlen sind das Ergebnis einer engagierten Teamleistung und konsequenter Digitalisierung.

2022 ist unser Ziel als Unternehmen weiterhin, Wachstum gleichermaßen nachhaltig, kundenorientiert und effizient zu gestalten. Technologie und die kontinuierliche Fortführung von Digitalisierungsinitiativen entlang der gesamten Logistikkette sind hierbei Schlüsselfaktoren. In einem sehr angespannten und herausfordernden, aber auch stark wachsenden Marktumfeld sehen wir für 2022 eine Vielzahl an Möglichkeiten, um so unser Geschäft weiterzuentwickeln.

Durch die Coronapandemie boomt der Online-Handel und damit auch die Paketbranche. Bleibt überhaupt noch Zeit, die Digitalisierung weiter voranzutreiben oder ist das gerade jetzt zwingend notwendig?

Schabirosky: Wann, wenn nicht jetzt? Der digitale Transformationsprozess läuft bei uns schon lange: Wir investieren seit Jahren in die konsequente Digitalisierung unserer Prozesse. Die Coronapandemie hat uns bei Hermes, genauso wie die Gesellschaft insgesamt, sicherlich noch einmal ein großes Stück weitergebracht und bereits angestoßene Wandlungsprozesse um ein Vielfaches beschleunigt. Die Sendungsmengen steigen seit Jahren konstant an; Corona wirkt an dieser Stelle zweifelsohne als beschleunigender Faktor. Gerade mit Blick auf die steigenden Mengen und die damit verbundenen Herausforderungen, liegt der Schlüssel in der Digitalisierung: Ein entscheidender Faktor ist dabei die Erhöhung der Produktivität entlang der gesamten logistischen Wertschöpfungskette. Ich gebe Ihnen gern ein Beispiel: Mit unserer digitalen Tourenplanung sparen wir täglich über 50.000 gefahrene Kilometer ein. In diesem Fall profitieren wir nicht nur in Sachen Effizienz, wir reduzieren auch den Ausstoß von CO2-Emissionen und verringern damit unseren CO2-Fußabdruck. Die Zeit für Digitalisierung ist also genau jetzt.

Auf welche Digitalisierungsprojekte sind Sie besonders stolz und was haben Sie sich für das Jahr 2022 vorgenommen?

Schabirosky: Die Digitalisierung ist eines der zentralsten Vorhaben für uns bei Hermes Germany. Sie durchzieht sämtliche Bereiche unserer Organisation. Entsprechend schwierig ist es, nur ein paar Beispiele zu nennen, auf die ich besonders stolz bin.

Ein IT-Schlüsselprojekt, das beispielsweise kürzlich abgeschlossen wurde, ist die Migration in die Google Cloud, die neben der Sicherstellung der Betriebsstabilität weitere Chancen bietet, was Skalierbarkeit, Flexibilität oder die Nutzung modernster Entwicklungstools angeht. Auch bei der Digitalisierung der letzten Meile schreiten wir mit großen Schritten voran, zum Beispiel im Bereich der Tourenplanung und Tourenoptimierung mittels komplexer mathematischer Modelle. Bei der Kommunikation mit Kundinnen und Kunden bieten uns digitale Tools wie Chat- und Voice-Bots – wo geeignet – die Möglichkeit zu automatisieren.

In 2022 werden wir unseren Weg in diesen und in vielen weiteren Bereichen konsequent weiter beschreiten. Überall dort, wo durch die Digitalisierung und durch Technologie Mehrwerte für unser Kerngeschäft und vor allem für unsere Kundinnen und Kunden bestehen, wollen wir diese auch heben.

Kunden erwarten eine schnellstmögliche Zustellung ihrer bestellten Waren. Das setzt Logistikunternehmen wie Ihres unter Druck. Wie optimieren Sie die Zustellprozesse?

Schabirosky: Besonders im Bereich der letzten Meile ist die Digitalisierung ein entscheidender Fortschrittstreiber: Durch die Einführung der digitalen Tourenplanung oder der digitalen Benachrichtigungskarte erhöhen wir die Produktivität unserer Zustellerinnen und Zusteller und erleichtern zudem ihren Arbeitsalltag. Weiterhin bieten wir unseren Kundinnen und Kunden vielfältige Services und machen diese selbst zum Regisseur ihres Pakets, zum Beispiel durch die Umverfügung der Sendung an einen PaketShop bis kurz vor der Zustellung oder das Umrouten an einen Nachbarn. Damit reduzieren wir die Stoppzahl unserer Zustellerinnen und Zusteller, erhöhen unsere Zustellquote im ersten Versuch und senken außerdem die CO2-Emissionen.

Was macht künftig konkret den Erfolg Ihres Unternehmens aus?

Schabirosky: Für uns als Paketdienstleister wird unter anderem erfolgsentscheidend sein, differenzierte, spitz auf den Kundenbedarf ausgerichtete Lieferservice-Produkte anzubieten. Das betrifft die Geschwindigkeit ebenso wie die Art der Zustellung und die Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden. Digitalisierung ist hierbei maßgeblicher Treiber und Enabler.

Die digitale Transformation, in der sich die Paketlogistik momentan befindet, ist ein wichtiger Teil des Mindsets unserer Mitarbeitenden. Deshalb haben wir bereits vor Jahren einen umfassenden Kulturwandel angestoßen, den wir weiter vorantreiben werden. So haben wir für uns als Unternehmen Grundwerte definiert, die unsere Zusammenarbeit prägen, unser Handeln leiten und die Grundlage für unsere Entscheidungen bilden. Dazu gehört beispielsweise mutig zu sein, uns immer wieder zu hinterfragen sowie neu und unkonventionell zu denken.

Management by Zufall oder System: Welche Rolle spielen Innovationen in Ihrem Geschäft? Nennen Sie anhand eines konkretes Beispiels, wie Sie die Innovationskultur fördern.

Schabirosky: Digitale Lösungen und Innovationen helfen uns dabei, zentrale Herausforderungen, mit denen die Paketbranche konfrontiert ist, anzugehen. Aus meiner Sicht ist Innovation ein ganz natürlicher Prozess, der in Gang gesetzt wird, wenn kreative, mutige und engagierte Mitarbeitende den Gestaltungsspielraum und die Mittel bekommen, neue Dinge ausprobieren zu dürfen. Institutionalisierte „Innovations-Programme“, die isoliert vom Kerngeschäft laufen, sind also nicht unbedingt immer nötig. Zukunftsweisende Projekte, wie zum Beispiel „Green Delivery Berlin“ sind 2021 auf diese Weise bei uns entstanden. Auf circa 40 Quadratkilometern beliefert Hermes nun 300.000 Einwohnerinnen und Einwohner in großen Teilen der Berliner Innenstadt emissionsfrei im Regelbetrieb per Lastenrad und E-Transporter. Dahinter steht ein langer Prozess, ein Ausprobieren und Vortasten, bei dem einige logistische Zahnräder neu zusammengesetzt und Kernprozesse umgedacht werden mussten. Ohne das entsprechende Mindset der Kolleginnen und Kollegen und einen gewissen Freiraum für die Umsetzung wäre das so nicht möglich gewesen.

In welchem Bereich haben Sie den größten Bedarf an Mitarbeitern? Nennen Sie uns eine konkrete Recruiting-Maßnahme, die Ihnen den größten Erfolg bringt?

Schabirosky: Ganz eindeutig IT. Wir verfolgen eine „Tech@Core-Strategie“: Unser Ansatz ist es, die Fachbereiche und die IT immer enger miteinander zu verbinden und schlussendlich auch inhaltlich verschmelzen zu lassen. Das ist eine herausfordernde Aufgabe und genau dafür suchen wir Mitarbeitende, die einen Blick für das große Ganze haben und Wissen aus beiden Gebieten – Fachbereich und IT – mitbringen.

Besonders vielversprechend im Recruiting-Bereich sind für uns das Testen neuer Kanäle und Portale sowie das interne Active Sourcing. Außerdem treten wir auch direkt mit den potenziellen Kolleginnen und Kollegen in Kontakt und veranstalten beispielsweise Hackathons.

Nennen Sie uns drei Gründe, warum im War for Talents die Besten zu Ihnen kommen sollten.

Schabirosky: Wir bewegen uns in einem hochdynamischen Wachstumsmarkt mit viel Zukunftspotenzial, der sich gleichzeitig im digitalen Umbruch befindet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Hermes haben viel Gestaltungsspielraum, eine hohe Eigenverantwortung und die Chance, echte Veränderungen anzustoßen. Zudem sind wir ein eingeschworenes Team und haben – trotz unserer Größe – flache Hierarchien, die unsere Mitarbeitenden fordern und weiterentwickeln.

Auf welche Maßnahmen zur Mitarbeiterentwicklung und zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit setzen Sie?

Schabirosky: Alle Hermes-Mitarbeitenden – egal ob in der Zentrale oder in den einzelnen Regionen – haben jeden Tag herausfordernde Aufgaben. Und die gemeinsame Umsetzung in einem ambitionierten Team, gepaart mit einem großen individuellen Gestaltungsspielraum, sorgt für die hohe Zufriedenheit unter den Beschäftigten. Hinzu kommt, dass wir die Kolleginnen und Kollegen beispielsweise mit zahlreichen Workshops, Events und Entwicklungsgesprächen begleiten und fördern.

18.02.2022    Christian Buchholz
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