Wir haben es in diesem Jahr alle erlebt: Kollegen, die plötzlich selbst noch um 23 Uhr berufliche E-Mails schreiben. Andere, die via Zoom Einblicke in ihren Familienalltag geben. Und wieder andere, die durch die Umstellung aufs Homeoffice ihren Workload um 50 Prozent steigern konnten – oder aber nach eigenem Empfinden nur noch halb so viel geschafft haben. Seit Beginn der Coronapandemie im März und verstärkt auch wieder seit Herbstbeginn wurde eines immer deutlicher: Das mobile Arbeiten hat wesentlichen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit und die Produktivität von Beschäftigten – und Chefs tun gut daran, dies nicht zu unterschätzen.
Trotz Homeoffice produktiv und gesund?
Welche Faktoren führen aber dazu, dass Menschen produktiver oder unproduktiver im Homeoffice sind? Warum ist es für Beschäftigte so wichtig, beim mobilen Arbeiten örtliche, zeitliche und kommunikative Grenzen zu setzen? Und was können Unternehmen tun, um die Belegschaft zu unterstützen und sicherzustellen, dass Chefs auch auf Distanz Teams gut führen können?
Diesen und weiteren Fragen sind die BARMER und die Universität St. Gallen in der Studie „social health@work“ nachgegangen, für die rund 8.000 Beschäftigte in Deutschland befragt wurden. Im Fokus stand dabei vor allem eines: die Gesundheit. Neben der körperlichen und mentalen Gesundheit, die in diesem Jahr insbesondere thematisiert werden, gibt es noch eine weitere Dimension, die häufig unbeachtet bleibt: die soziale Gesundheit.
Im Arbeitskontext beschreibt der Begriff einen Zustand des sozialen Wohlbefindens. Personen entwickeln und nutzen gesunde Verhaltensweisen und Arbeitsbeziehungen, um auch das Spannungsverhältnis von Erreichbarkeit und Abgrenzung, Autonomie und Eingebundenheit sowie produktiven und Erholungsphasen erfolgreich und gesund zu gestalten.
Soziale Gesundheit im Fokus
In einer gemeinsamen Studie analysieren die BARMER und die Universität St. Gallen auf Basis von acht Befragungswellen die Auswirkungen der Digitalisierung auf die soziale Gesundheit im Arbeitskontext. Die erste Welle ist jetzt abgeschlossen.
„Die Studie ‚socialhealth@work‘ zeigt bemerkenswerte Zusammenhänge zwischen den individuellen Fähigkeiten von Beschäftigten, der Führungsqualität und der Organisation eines Unternehmens und der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten in einer sich rapide verändernden Arbeitswelt“, fasst Professor Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER, die Ergebnisse der ersten Welle zusammen. Diese bildet den Startschuss für die langfristig konzipierte Studie zum Thema soziale Gesundheit im Arbeitskontext. Die Studie begleitet eine repräsentative Auswahl von mehr als 8.000 Beschäftigten in Deutschland über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren. In acht halbjährlichen Befragungen werden die Beschäftigten ihre Eindrücke schildern. Jede zusätzliche Befragungswelle soll das entstehende Bild des Wandels schärfen und die Entwicklungen im Kontext der digitalen und mobilen Arbeit nachvollziehbar machen, um entsprechende Maßnahmen zu entwickeln, die darauf reagieren. „Schon heute können wir sehen, dass große Unterschiede zwischen den einzelnen Beschäftigten, Teams und Unternehmen bestehen, die auf deren Leistungsfähigkeit und Gesundheit einzahlen. Mit jeder weiteren Studie werden diese Erkenntnisse zunehmen“, sagt Professor Stephan A. Böhm von der Universität St. Gallen.
„Mobil und flexibel arbeiten ist nicht entweder gut oder schlecht, schwarz oder weiß. Was zählt, ist, wie wir damit umgehen“, sagt Professor Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER. Die soziale Gesundheit spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle. Denn sie entscheidet darüber, ob sich die Digitalisierung der Arbeitswelt positiv auf das Wohlergehen und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigen auswirkt.
„Die Digitalisierung hat durch Corona in vielen Bereichen einen Schub bekommen — nicht nur im Gesundheitswesen. Und auch die Bereitschaft, sich darauf einzulassen, ist gestiegen.“
Zum Themenkomplex mobiles Arbeiten und Führung auf Distanz haben sich zuletzt – auch im Gespräch mit DUB UNTERNEHMER – zahlreiche prominente wie kluge Köpfe aus Wirtschaft, Medien, Sport und Politik geäußert. Die BARMER liefert dazu nun den Studien-Unterbau. Wie es Deutschland mit der plötzlichen Umstellung auf das Homeoffice im Zuge der Coronapandemie ergangen ist, warum einige Beschäftigte die neue Situation besser meistern als andere und worauf Chefs jetzt achten sollten, erklärt Straub auf Basis der Ergebnisse der ersten von acht Studienwellen.